BGH,
Beschl. v. 28.6.2005 - 3 StR 178/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 178/05
vom
28.06.2005
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28.06.2005
gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 9. Dezember 2004 im Schuldspruch dahin
geändert, daß er des sexuellen Mißbrauchs
eines Kindes in
vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit
sexuellem
Mißbrauch von Schutzbefohlenen, des sexuellen
Mißbrauchs
einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen sowie der versuchten
sexuellen Nötigung in Tateinheit mit versuchtem sexuellen
Mißbrauch einer Schutzbefohlenen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung
des Schuldspruchs
hinsichtlich der Fälle II. 1. und 2. der
Urteilsgründe, im übrigen ist es unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
In den Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe
muß jeweils die Verurteilung
wegen tateinheitlich verwirklichten sexuellen Mißbrauchs
einer Schutzbefohlenen
(§ 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) entfallen, weil insoweit
Strafverfolgungsverjäh-
3 -
rung eingetreten ist. Das Landgericht hat in den genannten
Fällen als Tatzeiten
März 1997 bzw. Pfingsten 1997 festgestellt. Die erste zur
Unterbrechung der
Verjährung geeignete Handlung war die Anordnung der
Beschuldigtenvernehmung
am 3. April 2003 (§ 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Zu diesem
Zeitpunkt war die
für § 174 Abs. 1 StGB geltende
fünfjährige Verjährungsfrist (§ 78
Abs. 3 Nr. 4
StGB) bereits abgelaufen. Daß dieser Vorwurf jeweils mit dem
nicht verjährten
sexuellen Mißbrauch eines Kindes in Tateinheit steht, ist
insoweit ohne Bedeutung;
denn die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem
Zusammentreffen
für jede Gesetzesverletzung gesondert (vgl.
Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl.
§ 78 a Rdn. 5 m. w. N.). Die Anwendung von Art. 1 Nr. 4 des
Gesetzes zur Änderung
der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung
vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007), durch den bestimmt ist,
daß
nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 StGB nunmehr auch bei Straftaten nach
§ 174 StGB
die Verjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des
Opfers ruht, ist im
vorliegenden Fall ausgeschlossen, weil zum Zeitpunkt des Inkrafttretens
dieses
Gesetzes (1. April 2004) bereits Strafverfolgungsverjährung
eingetreten war
(vgl. BGHR StGB § 78 b Abs. 1 Ruhen 12). Danach ist der
Angeklagte in den
Fällen II. 1. und 2. der Urteilsgründe jeweils allein
des sexuellen Mißbrauchs
eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB in der
bis zum 31. März 1998 geltenden
Fassung schuldig.
Der Aufhebung der in diesen Fällen verhängten
Einzelfreiheitsstrafen
von einem Jahr und vier Monaten bzw. einem Jahr und acht Monaten sowie
der
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren bedarf es nicht. Der Senat
schließt im
Hinblick darauf, daß das Landgericht den zu Unrecht
angenommenen tateinheitlich
begangenen sexuellen Mißbrauch von Schutzbefohlenen in den
betroffenen
Fällen nicht erkennbar strafschärfend
berücksichtigt hat und eine solche
Tatmodalität, ungeachtet einer insoweit eingetretenen
Verjährung, bei einer
- 4 -
Verurteilung nach § 176 StGB - wenn auch mit minderem Gewicht
- berücksichtigt
werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 175 m. w. N.), aus, daß
der Tatrichter
bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verjährung
geringere Einzelstrafen
und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt
hätte. Zudem sind die
Strafen auf der Grundlage der rechtsfehlerfreien
Strafzumessungserwägungen
des Landgerichts angemessen (§ 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO; zu
dessen Anwendbarkeit
vgl. Senat NJW 2005, 913 zur Veröffentlichung in BGHSt
bestimmt).
Tolksdorf Miebach Winkler
Becker Hubert |