BGH,
Beschl. v. 28.3.2007 - 5 StR 32/07
5 StR 32/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 28.3.2007
in der Strafsache
gegen
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wegen besonders schweren Raubes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28.3.2007
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dresden vom 10. Oktober 2006 gemäß § 349
Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die jeweiligen
Verurteilungen wegen tateinheitlicher Freiheitsberaubung entfallen und
b) in den Rechtsfolgenaussprüchen mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen „schweren Raubes
zugleich mit gefährlicher Körperverletzung und mit
Freiheitsberaubung“ schuldig gesprochen. Es hat den
Angeklagten B. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und acht
Monaten und den Angeklagten K. zu einer solchen von sieben Jahren
verurteilt. Die dagegen jeweils mit der Sachrüge
geführten Revisionen der Angeklagten erzielen die aus dem
Beschlusstenor
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ersichtlichen Teilerfolge. Im Übrigen sind sie
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen
getroffen:
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Die jeweils 23 Jahre alten Angeklagten konsumierten bis zu ihrer
Inhaftierung täglich in großem Umfang alkoholische
Getränke. K. besuchte wegen Lernschwierigkeiten die
Förderschule und leidet an einem sogenannten ADH-Syndrom. Er
ist neben Diebstahlstaten wegen zahlreicher Körperverletzungen
und der Angeklagte B. wegen Betrügereien und Diebstahlstaten
bestraft worden.
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Die beiden Angeklagten verfügten um 2.00 Uhr des 16. Mai 2006
nach reichlichem Alkoholkonsum (BAK B. 3,2 ‰; K. 1,7
‰) über kein Geld mehr. Sie wollten aber weiter
trinken. B. kam auf die Idee, zu dem gemeinsamen Bekannten A. zu gehen,
um von diesem Bargeld zu fordern und in dessen Wohnung nach
Stehlenswertem zu suchen. Er forderte den ihm als gewalttätig
bekannten Angeklagten K. auf, mitzugehen, um A. „Angst zu
machen“ (UA S. 29). Der dem B. intellektuell unterlegene K.
durchschaute, dass es nicht - wie von B. vorgegeben - um eine geordnete
Geltendmachung bestehender Ansprüche gehe, sondern dass die
Begehung einer Straftat bevorstehe.
Die Angeklagten drangen gewaltsam in die Wohnung des A. ein,
misshandelten ihn massiv, u. a. mit Messern, fesselten ihn und
entwendeten zahlreiche Einrichtungsgegenstände.
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2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die
Schuldsprüche wegen (besonders) schweren Raubes in Tateinheit
mit gefährlicher Körperverletzung ohne weiteres.
Indes hat, wie vom Generalbundesanwalt beantragt, die jeweilige
tateinheitliche Verurteilung wegen Freiheitsberau-
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bung zu entfallen, weil sie vorliegend nur das
tatbestandsmäßige Mittel zur Begehung des Raubes
darstellt (vgl. BGHR StGB § 239 Abs. 1 Konkurrenzen 8; BGH
NStZ-RR 2003, 168). Die Fesselung des A. wurde von den Angeklagten dazu
benutzt, den zur Vollendung des Raubtatbestandes gehörenden
Gewahrsamsbruch weiter zu fördern.
3. Allerdings müssen die Rechtsfolgenaussprüche
insgesamt aufgehoben werden.
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a) Zu Recht weist der Generalbundesanwalt in der Begründung
seines Antrags darauf hin, dass die Erwägungen, mit denen das
Landgericht für den Angeklagten B. die aus Trinkmengenangaben
von dessen Freundin errechnete Blutalkoholkonzentration von 3,2
‰ den Ausschluss erheblich verminderter
Steuerungsfähigkeit nicht plausibel belegen. Die vom
Landgericht herangezogene Alkoholgewöhnung des B. und fehlende
Erinnerungslücken sind hierfür keine wesentlichen
Kriterien (vgl. BGHSt 43, 66, 71, 73, 76). Alkoholgewöhnte
Täter können sich nämlich auch im Rausch
noch äu-ßerlich kontrolliert, planvoll und
folgerichtig verhalten, obwohl ihr Hemmungsvermögen
möglicherweise schon erheblich beeinträchtigt ist
(vgl. BGHR StGB § 21 Blutalkoholkonzentration 4).
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Freilich stehen die Feststellungen des Landgerichts zur
Blutalkohol-konzentration in einem Spannungsverhältnis zu dem
andererseits festgestellten hohen Leistungsniveau des Angeklagten B. ;
dies nötigt den Senat insoweit auch zur Aufhebung der
Feststellungen. Dieser Angeklagte hat nämlich das vielaktige,
sich über 90 Minuten hinziehende Tatgeschehen durch listvolle
Planung der Tat, Vorgabe der Angriffe im Einzelnen, Auswahl,
Abtransport und Teilung der Beute nahezu vollständig
gesteuert. Solches setzt eine intellektuelle
Leistungsfähigkeit voraus, die sich mit der Annahme einer
Blutalkoholkonzentration in der angenommenen Höhe nur sehr
schwer verträgt, die lediglich um 0,1 ‰ unter der
Grenze liegt, bei der ein Aus-
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schluss der Steuerungsfähigkeit stets besonders naheliegt
(vgl. BGHR StGB § 20 Blutalkoholkonzentration 14).
Der neue Tatrichter wird deshalb die Blutalkoholkonzentration des
Angeklagten B. nach kritischer Prüfung der Trinkmengenangaben
und aller weiteren Umstände neu zu bestimmen und deren - bei
den hier komplexen, sich über einen längeren Zeitraum
hinziehenden Handlungsabläufen und der langen
Rückrechnungszeit - nur eingeschränkten Beweiswert
(vgl. BGH NStZ 2000, 136; Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl.
§ 20 Rdn. 24) seiner Bewertung zugrunde zu legen haben.
Für den Fall der erheblich verminderten
Steuerungsfähigkeit weist der Senat zur Frage der
Strafrahmenverschiebung auf BGHSt 49, 239 hin.
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b) Auch hinsichtlich des Angeklagten K. hat der Strafausspruch keinen
Bestand. Das Landgericht hat diesem Angeklagten strafschärfend
„massive einschlägige Vorstrafen“ (UA S.
42) wegen - im Einzelnen dargestellter vorsätzlicher
Körperverletzungen - angelastet. Dabei hat es
übersehen, dass die beiden letzten Verurteilungen durch das
Amtsgericht Pirna vom 23. Mai und 12. Juli 2006 der hiesigen Tat
nachfolgten und mit der Strafe des hier
zäsurbegründenden Urteils des Amtsgerichts Pirna vom
23. Mai 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden gewesen wäre
(vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 4).
Dies wird der neue Tatrichter nachzuholen haben, der naheliegend auch
die intellektuellen und psychischen Auffälligkeiten dieses
Angeklagten mit Hilfe eines psychiatrischen Sachverständigen
zu betrachten haben wird, wenngleich nach dem Tat- und Leistungsbild
des Angeklagten eine Anwendung des § 21 StGB nicht besonders
wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Juni 2005 - 5 StR 214/05)
und alles andere als die Festsetzung einer empfindlichen
Freiheitsstrafe ohnehin schuldunangemessen wäre.
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c) Schließlich war der Rechtsfolgenausspruch auch insoweit
aufzuheben, als es das Landgericht hinsichtlich beider Angeklagter
unterlassen hat, die Voraussetzungen des § 64 StGB zu
prüfen. Solches war indes geboten:
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Beide Angeklagte nahmen seit geraumer Zeit täglich
alkoholische Getränke - nach den bisherigen Feststellungen ist
der darüber hinaus behauptete Drogenkonsum nicht glaubhaft -
in großem Umfang zu sich. Auslöser der hiesigen Tat
war das Verlangen nach weiterem Alkohol, für dessen Erwerb
Bargeld gewaltsam beschafft werden sollte. Die Tat hat demnach
Symptomwert für den Hang im Sinn des § 64 Abs. 1 StGB
(vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Hang 2), dessen Annahme nicht
entgegenstünde, wenn die Voraussetzungen des § 21
StGB nicht vorlagen (vgl. BGHR StGB § 64 Ablehnung 6).
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