BGH,
Beschl. v. 29.7.2008 - 4 StR 232/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 232/08
vom
29.7.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 29.7.2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Schwerin vom 6. Dezember 2007 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben,
a) soweit er in den Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe
verurteilt worden ist;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue in
sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr
und drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt wurde. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die
Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit
der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen
Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Schuldsprüche wegen Beihilfe zur Untreue in den
Fällen 1 bis 3 der Urteilsgründe haben keinen
Bestand, da das Landgericht insoweit einen zumindest bedingten Vorsatz
des Angeklagten nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
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Nach den Feststellungen verwandte der wegen Untreue in 25
Fällen bereits rechtskräftig verurteilte M. in diesen
wie auch in den weiteren Fällen als von den
Kaufvertragsparteien bestimmter Treuhänder die
Verkaufserlöse weitgehend für eigene Zwecke, obwohl
er nach der Treuhandabrede verpflichtet war, mit den Geldern die
Verbindlichkeiten der Veräußerer zu tilgen. M. wies
den Angeklagten, auf dessen Notaranderkonto sich die Gelder befanden,
jeweils an, entsprechende Überweisungen zu veranlassen.
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Der Angeklagte überwies weisungsgemäß am
21. September 2001 zwei Beträge auf ein Konto des Gerd N.
(Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe). Dieser war ein
ehemaliger Geschäftspartner des M. und hatte erhebliche
Verbindlichkeiten, die auszugleichen er nicht im Stande war. Indes
belegen die bisherigen Feststellungen nicht, dass der Angeklagte
bereits zu diesem Zeitpunkt von der Verbindung zwischen M. und N.
wusste und damit Kenntnis von der treuwidrigen Verwendung des Geldes
hatte.
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Entsprechendes gilt für den Fall 3 der Urteilsgründe,
in dem der Angeklagte am 14. Dezember 2001 eine
Auslandsüberweisung über 100.000 DM an die N. GmbH
mit Sitz in L. veranlasste. Zwar diente die Überweisung
lediglich persönlichen Zwecken des M. . Aus dem Kauf- und
Abtretungsvertrag über einen Geschäftsanteil des Gerd
N. an der L. Firma an M. konnte der Angeklagte einen solchen Schluss
jedoch nicht ziehen, da er diesen Vertrag erst am 23. Januar 2002
beurkundet hat. Allein die Kenntnis des Angeklagten von der
außergewöhnlichen Ausges-
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taltung der Kauf- und Treuhandverträge, die M. eine
Alleinverfügungsbefugnis über die jeweiligen
Verkaufserlöse einräumte, belegt nicht, dass er in
den Fällen 1 bis 3 die zweckwidrige Verwendung der Gelder
durch M. zumindest für möglich hielt und billigend in
Kauf nahm. Möglicherweise ist ihm insoweit nur
fahrlässiges Handeln vorzuwerfen.
Da ergänzende Feststellungen nicht auszuschließen
sind, verweist der Senat die Sache an das Landgericht zurück.
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2. In den Fällen 4 bis 7 der Urteilsgründe ist ein
bedingter Vorsatz des Angeklagten dagegen hinreichend belegt. Das
Landgericht hat insoweit rechtsfehlerfrei dargelegt, weshalb der
Angeklagte es in diesen Fällen billigend in Kauf genommen hat,
dass die Gelder von M. nicht zur Tilgung von Verbindlichkeiten der
Treugeber, bei denen es sich um landwirtschaftliche Betriebe in den
neuen Bundesländern handelte, sondern treuwidrig verwendet
wurden. Durch die Auszahlungsanweisungen hat der Angeklagte seine
Treuepflicht gegenüber den Vertragsparteien verletzt; denn ein
Notar nimmt im Rahmen seiner Treuhandtätigkeit als objektiver
Sachwalter der Beteiligten fremde Vermögensinteressen kraft
eigener Rechtsmacht wahr (Sandkühler in Arndt/Lerch/
Sandkühler Bundesnotarordnung 5. Aufl. § 23 Rdn. 15).
Daran änderte auch die Einschaltung des Treuhänders
M. nichts, nach dessen Weisungen die Auskehrung des
Hinterlegungsbetrages erfolgen sollte. Dadurch wurde der Angeklagte von
seiner gesetzlichen Verpflichtung nicht befreit. Ein Notar, der Gelder
zur treuhänderischen Verwahrung angenommen hat, muss - trotz
des Vorliegens der formalen Voraussetzungen für die Abwicklung
des Treuhandverhältnisses - von der Auszahlung absehen, wenn
hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei
Befolgung der unwiderruflichen Weisung an der Erreichung unerlaubter
oder unredlicher Zwecke mitwirken würde (§ 54 d Nr. 1
BeurkG; vgl. Sandkühler aaO § 23 Rdn. 143 ff.; Renner
in Huhn/von Schuck-
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mann Beurkundungsgesetz 4. Aufl. § 54 d Rdn. 2). Dass der
Angeklagte auf dieser Grundlage nur wegen Beihilfe zur Untreue des M.
verurteilt worden ist, beschwert ihn nicht.
Wegen der Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen 1
bis 3 der Urteilsgründe konnte auch die erkannte Gesamtstrafe
keinen Bestand haben.
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3. Im Hinblick auf die im angefochtenen Urteil festgestellte, der
Justiz anzulastende Verfahrensverzögerung, die das Landgericht
entsprechend der damaligen Rechtslage durch Verhängung
niedrigerer Einzelstrafen kompensiert hat, weist der Senat auf die zur
Kompensation derartiger Verzögerungen geänderte
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin (BGH, Großer Senat
für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07 =
NJW 2008, 860, zum Abdruck in BGHSt bestimmt).
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Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Mutzbauer |