BGH,
Beschl. v. 29.3.2001 - 3 StR 46/01
3 StR 46/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
29. März 2001
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Auch bei § 251 StGB ist der Versuch in Form der "versuchten
Erfolgsqualifizierung" möglich (im Anschluß an BGHSt
21, 194).
BGH, Beschl. vom 29. März 2001 - 3 StR 46/01 - LG Hannover
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 29. März 2001
gemäß § 349 Abs. 2 StPO einstimmig
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover
vom 29. September 2000 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in
Tateinheit mit versuchtem schweren Raub mit Todesfolge, mit
gefährlicher Körperverletzung und mit schwerem Raub
zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision, die
Verfahrensrügen und sachliche Beanstandungen erhebt, bleibt
ohne Erfolg, da die Überprüfung keinen Rechtsfehler
zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Ergänzender Erörterung bedarf nur der Schuldspruch
wegen versuchten schweren Raubes mit Todesfolge:
Nach den Feststellungen haben der Angeklagte und ein Mittäter
einen stark angetrunkenen Mann nachts zu einem Geldautomaten zu
schleppen versucht, um dort unter Verwendung von dessen Scheckkarte an
Geld zu gelangen. Als sich das Opfer widersetzte, schlug der Angeklagte
zuerst mit einem dicken Ast zweimal wuchtig auf dessen Kopf ein. Das
Opfer erlitt als Abwehrverletzungen Brüche des rechten
Mittelhandknochens und des rechten Ellenschaftes sowie Kopfverletzungen
und fiel zu Boden, worauf ihm der Mittäter die
Geldbörse aus der Jacke zog. Sodann schlug der Angeklagte mit
dem Ast ein drittes Mal auf den Kopf des Opfers ein und trat mehrfach
mit dem Fuß von oben auf und ebenfalls mehrfach von der Seite
gegen dessen Kopf. Bei den Schlägen und Tritten nahm er den
Tod des Opfers billigend in Kauf. Auf Aufforderung des
Mittäters hörte der Angeklagte mit den
Mißhandlungen auf. Sie ließen das Opfer
schwerverletzt zurück in dem Bewußtsein,
daß es sterben könne. Sie erzählten alsbald
Freunden von der Tat. Als die vorschlugen, telefonisch einen
Krankenwagen herbeizurufen, widersetzte sich der Angeklagte aus Furcht
vor Entdeckung erfolgreich diesem Vorschlag. Das Opfer
überlebte trotz schwerster Verletzungen mit einer dauerhaften
Hirnschädigung, die zukünftig epileptische
Anfälle befürchten läßt.
Zutreffend hat das Landgericht den Angeklagten auch wegen versuchten
schweren Raubes mit Todesfolge verurteilt.
Für die Anwendbarkeit des § 251 StGB ist es ohne
Bedeutung, daß die mit bedingtem Tötungsvorsatz
(vgl. BGHSt 39, 100) ausgeführten Schläge teilweise
und die Tritte vollständig erst nach der Vollendung der
Wegnahmehandlung erfolgt sind, denn der Tatbestand des Raubes mit
Todesfolge kann auch verwirklicht sein, wenn der Räuber Gewalt
gegen eine Person nach Vollendung des noch nicht beendeten Raubes
anwendet (BGHSt 38, 295). Wesentlich ist, daß sich hierin die
einem Raub eigentümliche besondere Gefährlichkeit
verwirklicht hat, was die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Raub und
Todesfolge im Sinne des § 251 StGB rechtfertigt (vgl. BGHR
StGB § 251 Todesfolge 3, 4 m.w.Nachw.). So liegt es hier: Der
Angeklagte hat die der Ermöglichung der Wegnahme dienenden
Mißhandlungen nur kurz unterbrochen; unmittelbar nach der
Wegnahme hat er sie fortgesetzt, noch ehe der (schwere) Raub beendet
war.
§ 251 StGB ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt, dessen
Versuch nicht nur in der Form begangen werden kann, daß der
Täter durch eine in finaler Verknüpfung mit der
Wegname stehende räuberische Nötigungshandlung den
Tod des Opfers verursacht, es aber nicht zur Vollendung der Wegnahme
kommt
- sog. erfolgsqualifizierter Versuch -, sondern auch dadurch,
daß der Einsatz der i.S.d. § 249 StGB
tatbestandsmäßigen Gewalt zugleich (bedingt)
vorsätzlich vorgenommene Tötungshandlung ist, die
aber den qualifizierenden Erfolg nicht bewirkt - sog. versuchte
Erfolgsqualifizierung (Herdegen in LK 11. Aufl. § 251 Rdn. 15;
Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 251 Rdn. 4). Der
Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß der Versuch
der schweren Körperverletzung in Betracht kommt, wenn der
Täter die Körperverletzung vorsätzlich
begeht und dabei bezüglich der schweren Folge mit bedingtem
Vorsatz handelt und diese schwere Folge dann aber nicht eintritt; der
Versuch der schweren Körperverletzung steht sodann mit der
vollendeten Körperverletzung in Tateinheit (BGHSt 21, 194).
Diese Grundsätze gelten auch für den Fall des
versuchten (schweren) Raubes mit Todesfolge. Auch hier ist der Versuch
in Form der versuchten Erfolgsqualifizierung möglich.
Kutzer Miebach Pfister von Lienen RiBGH Becker ist durch Urlaub
an der Unterschrift verhindert.
Kutzer StGB § 251
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