BGH,
Beschl. v. 29.11.2006 - 2 StR 404/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 404/06
vom
29.11.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 29. November 2006
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Darmstadt vom 7. April 2006 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
der Angeklagte verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und wegen
besonders schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten
verurteilt; vom Vorwurf einer weiteren Vergewaltigung hat es ihn
freigesprochen. Die Revision des Angeklagten hat mit einer
Aufklärungsrüge Erfolg.
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Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 13.
September 2006 ausgeführt:
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„Die Revision dringt mit einer
Aufklärungsrüge durch. Die Geschädigte R. ,
deren Aussage einzige Grundlage für den Schuldspruch bildet,
hat bestritten, bereits in Rumänien als Prostituierte
gearbeitet zu haben. Die entgegenstehende Einlassung des
Beschwerdeführers, er habe die Zeugin im April 2004 in
Rumänien auf einer Party kennen gelernt, auf der die Zeugin
als Prostituierte zum Einsatz gekommen war (UA S. 18), hält
die Strafkammer für wider-
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legt. In der Hauptverhandlung beantragte die Verteidigung unter Angabe
ladungsfähiger Anschriften für den Fall der
Verurteilung des Beschwerdeführers hilfsweise die Vernehmung
der Zeugin H. und des Zeugen D. zum Beweise der Tatsache, dass die
Zeugin R. auf der vom Beschwerdeführer erwähnten
Party (Betriebsfeier) sich als Prostituierte betätigte. D.
sollte nach dem Beweisantrag in seiner Eigenschaft als Veranstalter der
Betriebsfeier und Besteller der Prostituierten bei einem Party-Service,
die Zeugin H. als Vermittlerin der Zeugin R. an die Freier aussagen.
Die Revision beanstandet zu Recht, dass der Tatrichter diesem
Beweisangebot unter Verstoß gegen die
Aufklärungspflicht nicht nachgegangen ist, sondern den
Beweisantrag abgelehnt hat (UA S. 33). Bei der hier gegebenen
Verfahrenssituation, in der Aussage gegen Aussage steht,
drängte die Aufklärungspflicht zur Vernehmung der
Zeugen, jedenfalls aber zur Klärung der Frage, ob die Zeugen
existent sind und ob von ihnen ein Beitrag zur
Sachverhaltsaufklärung zu erwarten war. Dieses wäre
auch ohne größeren Zeit- und Arbeitsaufwand
möglich gewesen. Denn bei den benannten Zeugen handelt es sich
um so genannte „Auslandszeugen“ im Sinne von
§ 244 Abs. 5 S. 2 StPO, bei denen es zulässig ist,
vor ihrer Ladung im Wege des Freibeweises zu klären, ob von
ihnen eine sachdienliche Aussage zu erwarten ist (BGH NStZ 1995, 244).
Diese Klärung hätte durch Einschaltung des
Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes bei der deutschen Botschaft
in Bukarest unschwer erfolgen können. Im Falle der
Bestätigung der Beweisbehauptung hätte das zu einer
anderen Bewertung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R. und der
Glaubhaftigkeit ihrer Angaben führen können.
Insbesondere wäre damit der tatrichterlichen Annahme, die
Zeugin sei aufgrund der Täuschung durch den
Beschwerdeführer in dem Glauben nach Deutschland gekommen,
hier als Haushaltshilfe Geld verdienen zu können,
möglicherweise der Boden entzogen worden; die Revisi-on weist
zutreffend darauf hin, dass für den Beschwerdeführer
kein Grund zur
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Täuschung der Zeugin bestand, wenn diese bereits in
Rumänien der Prostituti-on nachging. Im Falle der
Bestätigung der Beweisbehauptung würde auch die
Glaubwürdigkeit der Zeugin und die Glaubhaftigkeit ihrer
Angaben im Falle II 1 der Urteilsgründe besonders kritisch zu
würdigen sein….“
Dem schließt sich der Senat an, zumal die einzelnen
Vernehmungen der Zeugin erhebliche Widersprüche aufweisen, so
dass, anders als das Landgericht meint, von einer Aussagekonstanz im
Aussageverhalten der Zeugin nicht mehr ausgegangen werden kann.
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2. Für die neue Hauptverhandlung merkt der Senat vorsorglich
an:
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Der neue Tatrichter wird neben dem Tatbestand des Menschenhandels zum
Zweck der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB) auch diejenigen
der Zuhälterei (§ 181 a StGB) und des Einschleusens
von Ausländern (§§ 95 Abs. 1 Nr. 2, 96 Abs.
1 Nr. 2 AufenthG) zu prüfen haben, da diese durch
Überschneidung der Ausführungshandlungen
tateinheitlich zusammentreffen können.
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Das Landgericht hat einen Verstoß gegen §§
95 Abs. 1 Nr. 2, 96 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG mit rechtsfehlerhafter
Begründung verneint. Für den kausalen oder finalen
Zusammenhang zwischen der Förderung des illegalen Verhaltens
des Ausländers und dem Erhalten oder sich Versprechen lassen
des Vermögensvorteils reicht es aus, dass die Einschleusung
des Ausländers als Mittel zur Erlangung des
Vermögensvorteils dienen soll (vgl. BGHR AuslG § 92a
Vermögensvorteil 1). Der Angeklagte hat durch die Vermittlung
der Zeugin in Bordelle ihren illegalen Aufenthalt in Deutschland
unterstützt, um aus der Prostitutionsausübung
Einnahmen zu erzielen. Damit ist der notwendige Zusammenhang zwischen
der durch die Vermittlung ermöglichten Arbeitsaufnahme, die
zum Erlöschen des Aufenthaltsrechts der als Rumänin
nicht visumspflichtigen Zeugin R. geführt hat, und dem
Erlangen eines Vermögensvorteils durch den
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Angeklagten gegeben. Dass er nicht gewusst haben könnte, dass
die Zeugin durch die Arbeitsaufnahme ihre Aufenthaltsberechtigung in
Deutschland verlor, liegt nach den Urteilsgründen fern.
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