BGH,
Beschl. v. 29.11.2007 - 4 StR 549/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 549/07
vom
29.11.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 29.11.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lübeck vom 19. Juli 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten
hinsichtlich der Tat zum Nachteil des Daniel F. jeweils der versuchten
schweren räuberischen Erpressung schuldig sind,
b) in dem die Tat zum Nachteil des Dennis M. betreffenden Fall mit den
Feststellungen aufgehoben sowie
c) in den Aussprüchen über die die Tat zum Nachteil
F. betreffenden Einzelstrafen und die Gesamtstrafen mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils der schweren
räuberischen Erpressung, der versuchten schweren
räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung und der
vorsätzlichen Trunkenheit im Verkehr für schuldig
befunden. Es hat den Angeklagten R. unter Einbeziehung einer Geldstrafe
aus einem rechtskräftigen früheren Urteil zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren drei Monaten und zwei Wochen
verurteilt. Gegen den Angeklagten A. hat es auf eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Gegen
dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit
denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die
Rechtsmittel haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang
Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO; insoweit verweist der Senat auf die
zutreffenden Ausführungen in den Antragsschriften des
Generalbundesanwalts vom 24.10.2007. Die Gegenerklärung mit
Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten A. vom 26.11.2007 hat dem
Senat vorgelegen.
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1. Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten hätten sich
hinsichtlich der zum Nachteil des Daniel F. der vollendeten schweren
räuberischen Erpressung (§ 255 i.V.m. § 250
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB) schuldig gemacht, hält der
rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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Nach den Feststellungen forderte der Angeklagte R. im Zusammenwirken
mit dem Angeklagten A. den Geschädigten unter Vorhalt einer
mitgeführten Vorderladerwaffe auf, seine Taschen zu leeren und
sein Handy sowie Geld herauszugeben. Der Geschädigte hatte
kein Geld, gab aber dem Angeklagten R. sein Mobiltelefon. Dieser fand
es nicht "besonders toll", weil es
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kein Foto-Handy war. Er gab es deshalb zur weiteren Begutachtung an den
Angeklagten A. weiter. Dieser meinte ebenfalls, dass das Handy "keinen
ausreichenden Wert" habe, und gab es an den Geschädigten
zurück.
Bei dieser Sachlage war entgegen der Auffassung des Landgerichts die
Tat noch nicht vollendet. Zwar hatte der Geschädigte sein
Mobiltelefon unter dem Eindruck der Bedrohung durch die Angeklagten
bereits an sie herausgegeben. Doch waren die Angeklagten ersichtlich -
soweit es die Forderung nach Herausgabe des Handys anlangte - nur an
einem für sie wertvollen Gerät interessiert und
gerade noch nicht fest entschlossen, jedwedes Mobiltelefon anzunehmen.
Mit ihrer nach kurzer "Begutachtung" unmittelbaren Rückgabe
des Handys an den Geschädigten haben sie gezeigt, dass der von
ihnen erstrebte Erfolg gerade nicht eingetreten war. Daher liegt hier -
vergleichbar mit der der Entscheidung BGHR StGB § 253 Abs. 1
Vollendung 1 zu Grunde liegenden Fallgestaltung - nur eine versuchte
Tat vor.
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Der Senat schließt aus, dass sich auch auf Grund neuer
Verhandlung Umstände ergeben könnten, die eine
Vollendung belegen; er ändert deshalb den Schuldspruch von
sich aus. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die
Angeklagten gegen den milderen Schuldspruch nicht wirksamer als
geschehen hätten verteidigen können. Ein
strafbefreiender Rücktritt (§ 24 StGB) scheidet von
vornherein aus, weil der Versuch fehlgeschlagen war, da der
Geschädigte über keine für die Angeklagten
mitnehmenswerten Gegenstände verfügte.
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2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchter schwerer
räuberischer Erpressung zum Nachteil des Dennis M. kann nicht
bestehen bleiben, weil die Strafkammer insoweit einen strafbefreienden
Rücktritt der Angeklagten (§ 24 StGB) nicht
rechtsfehlerfrei ausgeschlossen hat.
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Hierzu hat das Landgericht festgestellt, dass der Geschädigte,
nachdem die Angeklagten von ihm wiederum unter Vorhalt der
Vorderladerwaffe die Herausgabe von Geld und Mobiltelefon gefordert und
ihn in diesem Fall zur Bekräftigung ihrer Forderung mit den
Fäusten geschlagen hatten, sich daraufhin fallen
ließ und einen Zuckerschock mit Krampfanfällen
vortäuschte, so dass die Angeklagten von ihm
abließen. Sie erkannten, dass sie bei ihm keine Beute machen
konnten.
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Zwar hat das Landgericht auf der Grundlage dieser Feststellungen an
sich zu Recht angenommen, dass der Versuch fehlgeschlagen war, da sich
der Geschädigte weder durch das Vorhalten der Waffe noch durch
die Schläge zur Herausgabe von Geld oder Wertsachen hat
bewegen lassen. Doch hat das Landgericht nicht rechtsfehlerfrei
ausgeschlossen, dass die Angeklagten das Opfer noch nach stehlenswerten
Gegenständen hätten durchsuchen können. Dass
eine Durchsuchung des ihrer Meinung nach auf Grund eines Anfalls krank
am Boden liegenden Opfers für die Angeklagten nicht in
Betracht kam, schlösse die Freiwilligkeit für ein
Abstandnehmen von einer Tatvollendung gerade nicht aus. Dies gilt zumal
deshalb, weil sich der Angeklagte R. dahin eingelassen hat, er
könne sich nicht vorstellen, so "dreist" gewesen zu sein,
einen Kranken, der am Boden liegt und sich krümmt, nach
Wertgegenständen zu durchsuchen. Insoweit hätte das
Landgericht bedenken müssen, dass Zweifel an der
Freiwilligkeit des Rücktritts grundsätzlich zu
Gunsten des Täters zu lösen sind (vgl. BGHR StGB
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 26).
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Über diesen Fall ist deshalb insgesamt neu zu verhandeln.
Dabei wird der neue Tatrichter allerdings auch zu prüfen
haben, ob etwa das Eintreffen der Polizei die Angeklagten an der
weiteren Ausführung der Tat gehindert haben könnte
und deshalb der Versuch fehlgeschlagen war. Dies ist schon deshalb
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nicht völlig fern liegend, weil die von den Begleitern des
Geschädigten alarmierten Polizeibeamten am Tatort eintrafen,
als die Angeklagten noch bei dem auf dem Boden befindlichen
Geschädigten knieten.
3. Die Änderung des Schuldspruchs in dem den
Geschädigten F. betreffenden Fall führt zur Aufhebung
der in diesem Fall verhängten Einzelfreiheitsstrafen. Dies und
die Aufhebung der Verurteilung in dem weiteren, den
Geschädigten M. betreffenden Fall entziehen auch den
Aussprüchen über die Gesamtstrafen die Grundlage, so
dass auch dies neuer tatrichterlicher Entscheidung bedarf.
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Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible |