BGH,
Beschl. v. 3.4.2001 - 4 StR 507/00
StVG § 24a Abs. 1
Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration im Sinne von §
24a Abs. 1 StVG unter Verwendung eines
Atemalkoholmeßgerätes, das die Bauartzulassung
für die amtliche Überwachung des
Straßenverkehrs erhalten hat, ist der gewonnene
Meßwert ohne Sicherheitsabschläge verwertbar, wenn
das Gerät unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die
Bedingungen für ein gültiges Meßverfahren
gewahrt sind.
BGH, Beschluß vom 3. April 2001 - 4 StR 507/00 -
Oberlandesgericht Hamm
Amtsgericht Bottrop
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 507/00
vom
3. April 2001
in dem Bußgeldverfahren
gegen
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat als Senat für
Bußgeldsachen nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 3. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Meyer-Goßner, die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz, Dr. Kuckein, Athing und Dr. Ernemann beschlossen:
Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration im Sinne von §
24a Abs. 1 StVG unter Verwendung eines
Atemalkoholmeßgerätes, das die Bauartzulassung
für die amtliche Überwachung des
Straßenverkehrs erhalten hat, ist der gewonnene
Meßwert ohne Sicherheitsabschläge verwertbar, wenn
das Gerät unter Einhaltung der Eichfrist geeicht ist und die
Bedingungen für ein gültiges Meßverfahren
gewahrt sind.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger
Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 StVG in der
bis zum 31. März 2001 geltenden Fassung (Führen eines
Kraftfahrzeuges mit einer Alkoholmenge im Körper, die zu einer
Atemalkoholkonzentration AAKGRE> von 0,25 mg/l oder mehr
geführt hat) zu einer Geldbuße von 200 DM
verurteilt. Zwar hatten die bei der Betroffenen im Rahmen einer
Verkehrskontrolle unter Verwendung des Meßgeräts
Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III im Abstand von zwei
Minuten durchgeführten Atemalkoholproben Werte von 0,42 und
0,41 mg/l ergeben, aus denen das Gerät einen Mittelwert von
0,42 mg/l gebildet hatte; das Amtsgericht hat aber von einer
Verurteilung nach § 24a Abs. 1 Nr. 1 StVG (Führen
eines Kraftfahrzeuges mit einer Alkoholmenge im Körper, die zu
einer AAK von 0,40 mg/l oder mehr geführt hat) abgesehen, weil
es unter Berufung auf die Ausführungen von Bode (BA 1999, 249,
257) von dem genannten Mittelwert einen "Sicherheitsabschlag" in
Höhe von insgesamt 0,1282 mg/l in Abzug gebracht hat.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer frist-
und formgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde, mit der sie die
Verletzung sachlichen Rechts rügt. Sie ist der Ansicht, das
Amtsgericht habe von einem - richtigerweise durch Abrundung (vgl. BGHSt
28, 1), statt der geräteseits vorgenommenen Aufrundung
bestimmten - Mittelwert von 0,41 mg/l ausgehen und deshalb den
Betroffenen nach § 24a Abs. 1 Nr. 1 StVG zu einer
erhöhten Geldbuße und einem Fahrverbot verurteilen
müssen.
II.
Das Oberlandesgericht Hamm (BA 2000, 385 = NZV 2000, 426 = zfs 2000,
459 mit Anm. Bode) möchte die Rechtsbeschwerde als
unbegründet verwerfen. Es ist der Ansicht, daß zwar
Sicherheitsabschläge vom gewonnenen Mittelwert für
die systematische Abweichung, die Standardabweichung und die
Langzeitdrift nicht veranlaßt seien; dagegen sei aber von dem
Meßwert ein Abzug in Höhe der sog.
Verkehrsfehlergrenze (0,03 mg/l bei einer AAK bis 0,4 mg/l bzw. 7,5 %
vom Meßwert bei einer AAK über 0,40 mg/l bis 1,00
mg/l) sowie ein weiterer Abzug in Höhe von 4 % des
Meßwerts für den Hystereseeinfluß geboten.
Hiernach errechnet das vorlegende Oberlandesgericht eine dem
Betroffenen noch vorzuwerfende AAK von lediglich 0,37 mg/l, weshalb nur
der vom Amtsgericht angenommene Tatbestand des § 24a Abs. 1
Nr. 2, Abs. 3 StVG erfüllt sei.
Das vorlegende Oberlandesgericht sieht sich an der beabsichtigten
Entscheidung durch den Beschluß des Bayerischen Obersten
Landesgerichts vom 12. Mai 2000 - 2 ObOWi 598/99 - (BA 2000, 247 = NZV
2000, 295 mit Anm. König = zfs 2000, 313 mit Anm. Bode)
gehindert. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat darin -
entscheidungserheblich - die Auffassung vertreten, den mit dem
Atemalkoholtestgerät Dräger Alcotest 7110 Evidential
MK III gemessenen Einzelwerten und dem aus ihnen gebildeten Mittelwert
seien Sicherheitszuschläge nicht "hinzuzurechnen". Es hat
deshalb die Verurteilung des Betroffenen jenes Verfahrens, bei dem der
ohne Aufrundung errechnete Mittelwert 0,40 mg/l AAK betrug, nach
§ 24a Abs. 1 Nr. 1 StVG bestätigt.
Das Oberlandesgericht Hamm hat daher die Sache gemäß
§ 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG dem
Bundesgerichtshof zur Beantwortung folgender Frage vorgelegt:
"Ist bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration im Sinne von
§ 24a Abs. 1 StVG unter Verwendung des
Meßgerätes Dräger Alcotest 7110 Evidential
MK III von dem gewonnenen Meßwert ein Sicherheitsabschlag in
Höhe der jeweiligen Verkehrsfehlergrenze nach der Eichordnung
zuzüglich eines weiteren Abschlages von 4 % vom
Meßwert für die Hysterese geboten?"
Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen:
"Bei Bestimmung der Atemalkoholkonzentration im Sinne von §
24a Abs. 1 StVG unter Verwendung des Meßgerätes
Dräger Alcotest 7110 Evidential MK III ist von dem
festgestellten Meßwert kein (gerätespezifischer)
Sicherheitsabschlag abzuziehen."
III.
Die Vorlegungsvoraussetzungen sind - allerdings nur unter Vornahme
einer Präzisierung der Vorlegungsfrage - erfüllt.
Gegenstand der Vorlegung kann nämlich nur die beabsichtigte
Abweichung in einer Rechtsfrage sein, nicht in einer Tatfrage; letztere
ist einer Vorlegung nicht zugänglich (st. Rspr.; Hannich in KK
4. Aufl. GVG § 121 Rdn. 31, 35 m.N.).
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vorlegung ergeben sich
daraus, daß sich die Vorlegungsfrage auf das im Ausgangsfall
verwendete Atemalkoholmeßgerät Dräger
Alcotest Evidential MK III bezieht. Ginge es dem vorlegenden
Oberlandesgericht deshalb allein um die
Verläßlichkeit von Atemalkoholmessungen gerade mit
diesem Gerät, wäre die Vorlegung unzulässig;
denn ob das verwendete Gerät beweiskräftige
zutreffende Ergebnisse liefert, ist eine Frage der
Zuverlässigkeit eines bestimmten Meßverfahrens im
Einzelfall; sie ist daher durch den Tatrichter zu beurteilen und
deshalb nicht Gegenstand einer zulässigen Vorlegung (BGHSt 31,
86; 43, 277, 280 f.). Andernfalls müßte, sobald ein
weiterer Atemalkoholmeßgerätetyp zum Einsatz kommt,
die nämliche "Rechts"frage immer wieder neu entschieden
werden. Das kann nicht Gegenstand des Divergenzverfahrens sein.
Die gerätetechnische Zuverlässigkeit des geeichten
Geräts Dräger Alcotest Evidential MK III wird jedoch
von dem vorlegenden Oberlandesgericht auch gar nicht in Zweifel
gezogen. In Übereinstimmung mit dem Bayerischen
Oberlandesgericht (NZV 2000, 297 f.) geht es vielmehr davon aus,
daß die Messung mit Hilfe dieses Geräts auf einem
standardisierten Meßverfahren im Sinne der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs beruht (NZV 2000, 428; a.A. Iffland/Hentschel NZV
1999, 489, 494), weshalb sich der Richter, wie auch in Fällen
sonstiger technischer Messungen, mit Fragen der
Meßgenauigkeit in den Urteilsgründen nicht
näher auseinanderzusetzen brauche, wenn keine konkreten
Zweifel an der ordnungsgemäßen Messung naheliegen
(vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277, 283 f. zur Geschwindigkeitsmessung).
Gleichwohl liegt der Vorlegung eine Divergenz in einer Rechtsfrage
zugrunde; denn im Ergebnis ist zwischen den beteiligten Gerichten die
Reichweite der normativen Festlegung der AAK-Grenzwerte in §
24a Abs. 1 StVG durch den Gesetzgeber streitig, nämlich die
Frage, ob der ermittelte AAK-Wert (unter der Voraussetzung einer
meßtechnisch zuverlässigen Messung) unmittelbar
forensisch verwertbar ist und deshalb regelmäßig zur
Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des
Bußgeldtatbestandes genügt oder ob zum Ausgleich
möglicher störender Einflüsse auf den
Meßvorgang allgemein, d.h. unabhängig von den
Umständen des Einzelfalles - und zwar auch unabhängig
vom Gerätetyp, sofern er die Bauartzulassung für die
amtliche Überwachung des Straßenverkehrs erhalten
hat und geeicht ist - Sicherheitsabschläge statthaft und in
Ansehung des Zweifelsgrundsatzes geboten sind. Diese Frage betrifft die
Auslegung des § 24a Abs. 1 StVG. Die mit diesem Inhalt
vorgelegte Rechtsfrage ist im Ausgangsfall auch entscheidungserheblich
(vgl. BGHSt 43, 241, 244; Hannich in KK aaO Rdn. 37 m.w.N.). Die am 1.
April 2001 in Kraft getretene Änderung des § 24a Abs.
1 StVG durch Gesetz vom 19. März 2001 (BGBl I S. 386), durch
die anstelle der bisherigen Staffelung von 0,8 und 0,5 Promille nur
noch eine "einheitliche 0,5-Promillegrenze" (BTDrucks. 14/4304 S. 11;
vgl. auch BTDrucks. 14/5132 S. 5, 9) einschließlich der
AAK-Grenze von 0,25 mg/l gilt, hat auf die Entscheidung über
die Vorlegungsfrage keinen Einfluß.
Der Senat formuliert deshalb die Rechtsfrage wie folgt:
Ist der mit einem bauartzugelassenen und geeichten
Atemalkoholmeßgerät gewonnene
Atemalkohol-Meßwert für die Feststellung der
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24a Abs. 1 StVG
unmittelbar verwertbar oder sind allgemein
Sicherheitsabschläge zum Ausgleich möglicher
störender Einflüsse auf den Meßvorgang
geboten?
IV.
Der Senat beantwortet die Frage wie aus der Beschlußformel
ersichtlich:
1. Die Einführung der Atemalkoholgrenzwerte in § 24a
Abs. 1 StVG beruht auf dem Gesetz zur Änderung des
Straßenverkehrs vom 27. April 1998 (BGBl I 795). Um die
Atemalkoholanalyse als beweissicher forensisch anwenden zu
können, hat der Gesetzgeber die Festlegung "eigener"
Grenzwerte für die Alkoholkonzentration in der Atemluft
für erforderlich gehalten (BTDrucks. 13/1439 S. 4). Er hat
dabei die Ergebnisse des von Schoknecht erstatteten Gutachtens des
Bundesgesundheitsamtes "Beweissicherheit der Atemalkoholanalyse"
(Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr, hrsg. von
der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft 86
1992GRE>, im folgenden: Gutachten) zugrundegelegt, das zu dem
Ergebnis kommt, daß den Werten von 0,8 bzw. 0,5 %
Blutalkoholkonzentration (BAK) Atemalkoholkonzentrations-Grenzwerte von
0,4 mg/l bzw. 0,25 mg/l Alveolarluft "entsprechen". Dabei hat der
Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen, daß bei der
Atemalkoholbestimmung "nur Meßgeräte eingesetzt und
Meßmethoden angewendet werden (dürfen), die den im
Gutachten gestellten Anforderungen genügen" (BTDrucks. aaO).
Diese vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Festlegung eigener
AAK-Grenzwerte und die Bezugnahme auf das Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes sind für die Beantwortung der
Vorlegungsfrage ausschlaggebend.
a) Diese Gesetzesentstehung belegt zwar, daß die in
§ 24a Abs. 1 StVG festgelegten AAK-Grenzwerte von 0,25 mg/l
bzw. 0,40 mg/l aus den BAK-Grenzwerten von 0,5 % bzw. 0,8 % abgeleitet
worden sind. Gleichwohl handelt es sich um voneinander
unabhängige tatbestandliche Voraussetzungen. Das folgt schon
daraus, daß ungeachtet eines vom Gesetzgeber insoweit
gewählten konstanten Umrechnungsfaktors von 1:2000 eine
direkte Konvertierbarkeit von AAK- in BAK-Werte ausgeschlossen ist
(Gutachten S. 14). Dies entspricht allgemeiner Auffassung (Gilg BA 1999
supplementGRE> S. 30 f.; Heifer 38. VGT 2000, 130 f.;
Iffland/Eisenmenger/Bilzer DAR 2000, 9 f.; Iffland/Hentschel NZV 1999,
489 f.; Iffland/Bilzer DAR 1999, 1 f.; Schoknecht BA 2000, 161; Wilske
DAR 2000, 16, 19). Dabei geht das Gutachten zunächst von einem
wissenschaftlich gesicherten mittleren Umrechnungsfaktor von 1:2100
aus, was angesichts des bei der Festlegung der AAK-Grenzwerte in
§ 24 a Abs. 1 StVG gewählten Umrechnungsfaktors von
1:2000 eine Besserstellung der Atemalkoholergebnisse im Vergleich zur
Blutalkoholanalyse um prinzipiell 5 % bedeutet (vgl. König NZV
2000, 298, 299; Slemeyer BA 2000, 203, 208). Die hierauf basierende
Festlegung der Grenzwerte für die AAK erfolgte unter dem
Gesichtspunkt,
"daß Personen, die sich der Atemalkoholbestimmung
unterziehen, in rechtlicher Hinsicht nicht Personen gegenüber
benachteiligt sind, bei denen eine Blutalkoholbestimmung
durchgeführt wird. Da diese Forderung wegen der fehlenden
durchgängigen Konvertierbarkeit zwischen AAK und BAK nicht in
jedem Einzelfall zu erfüllen ist, ohne die AAK-Grenzwerte
unvernünftig hoch ... anzusetzen, sind
Wahrscheinlichkeitsaussagen erforderlich. Die Forderung hinsichtlich
eines AAK-Grenzwertes muß danach lauten, daß bei
Vorliegen einer BAK, die einem BAK-Grenzwert entspricht, die
Wahrscheinlichkeit mehr als 50 % dafür beträgt,
daß der gleichzeitig gemessene AAK-Wert unter dem
ausgewählten AAK-Grenzwert liegt" (Gutachten aaO S. 15).
Diese Wahrscheinlichkeitsvorgabe hat das Gutachten - und ihm folgend
der Gesetzgeber bei Festlegung der AAK-Grenzwerte in § 24a
Abs. 1 StVG - mit 75 % angesetzt, um damit "die Akzeptanz der
Atemalkoholanalyse in der Öffentlichkeit zu erhöhen,
indem Personen, die sich der Alkoholanalyse unterziehen, eine
Besserstellung gegenüber denjenigen erfahren, die der
Blutalkoholanalyse unterworfen werden" (Gutachten aaO S. 20/21).
b) Der Senat teilt die Auffassung des Bayerischen Obersten
Landesgerichts, daß durchgreifende verfassungsrechtliche
Bedenken gegen diese gesetzliche Neuregelung nicht bestehen und der
Gesetzgeber damit insbesondere das Willkürverbot und den
verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt hat (BayObLG
NZV 2000, 296).
Daß die physiologischen Unterschiede bei der Gewinnung einer
Atemalkoholprobe gegenüber derjenigen einer Blutalkoholprobe
(vgl. Brettel in Forster, Praxis der Rechtsmedizin, 1986, S. 436;
Iffland/Eisenmenger/Bilzer DAR 2000, 9, 12, 15) eine sichere Aussage
von Ergebnissen der Atemalkoholbestimmung über die
Höhe der BAK nicht zulassen und eine Konvertierung von AAK- in
BAK-Werte deshalb scheitert, hinderte den Gesetzgeber nicht, mit der
Festsetzung eigener AAK-Grenzwerte die
Meßgröße AAK als tatbestandliches aliud,
aber mit gleichen Rechtsfolgen wie bei den "entsprechenden" BAK-Werten
einzuführen. Ungeachtet fehlender durchgängiger
Konvertierbarkeit der Ergebnisse hat der Gesetzgeber die
Atemalkoholprobe aus Gründen vereinfachter Gewinnung als
forensisch verwertbare Methode zugelassen und bei Festsetzung der
Höhe der AAK-Grenzwerte einen Ausgleich gesucht zwischen den
Belangen der Verkehrssicherheit und dem Bestreben, eine Benachteiligung
der Betroffenen, die sich einer Alkoholbestimmung unterziehen,
gegenüber denjenigen, bei denen die BAK gemessen wird, zu
vermeiden (Gutachten aaO S. 15, 22 f.); dies hält sich im
Rahmen seines Gestaltungsspielraums. Einwände, die sich auf
die Höhe der BAK als "Vergleichsgröße" und
deren Meßmethode beziehen, greifen deshalb schon im Ansatz
nicht.
Ausgehend davon, daß eine direkte Konvertierbarkeit von AAK-
in BAK-Werte ausgeschlossen ist und deshalb die AAK immer nur einen
"Hinweis" auf die alkoholische Beeinflussung des Betroffenen liefern
kann (König NZV 2000, 299) oder - wie das Bayerische Oberste
Landesgericht unter Berufung auf Heifer (BA 1986, 229; ders. BA 1998,
230 f.) zu Recht angenommen hat - jedem AAK-Wert eine gewisse
"Bandbreite" von BAK-Werten entsprechen kann (BayObLG NZV 2000, 296),
kommt es mithin für die Festsetzung der AAK-Gefahrengrenzwerte
nicht auf die konkrete Quantifizierung "eine(r) sich dahinter
verbergende(n) Beeinträchtigung der Fahrsicherheit bzw.
erhöhte(n) Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer" an
(vgl. Wilske DAR 2000, 16, 17), sofern nur sachliche Gründe
die Festlegung nicht als willkürlich erscheinen lassen. Diese
Voraussetzung erfüllen die in § 24a Abs. 1 StVG
normierten AAK-Grenzwerte schon deshalb, weil sie sich "auf die
BAK-Grenzwerte einschließlich der zugehörigen
Sicherheitszuschläge .. beziehen" (Gutachten aaO S. 21).
Daß die (gemessene) AAK nur als
"Richtgröße" anzuerkennen ist (Heifer 38. VGT 2000,
130, 134; zust. Hentschel NJW 1998, 2385, 2387), liegt in der Natur der
Sache und ist deshalb implizit Grundlage der Anerkennung der
Atemalkoholprobe als forensisch beweiskräftiges Verfahren
durch den Gesetzgeber; dies berührt aber die
Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht.
c) Der Einwand des vorlegenden Oberlandesgerichts, die
"Umrechnungsfaktoren zwischen AAK-Wert und BAK-Wert (hätten)
nur Aussagekraft für die statistische Gleichsetzung von
AAK-Werten und BAK-Werten bei bestimmter Wahrscheinlichkeitsvorgabe,
(seien) aber nicht geeignet, mögliche Fehler einer Messung im
konkreten Einzelfall zu berücksichtigen, da für die
Verurteilung eines Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen
§ 24a StVG eine höhere Wahrscheinlichkeit als der
genannte Wert von 75 % erforderlich ist" (NZV 2000, 427),
trägt dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht
Rechnung. Dem Einwand liegt möglicherweise die Vorstellung
zugrunde, daß mit der Wahrscheinlichkeitsvorgabe von 75% eine
Benachteiligung bei der Atemalkoholprobe in einer
Größenordnung von bis zu 25 % in Kauf genommen
werde. Das ist indes - unabhängig davon, daß deren
Durchführung eine freiwillige Mitwirkung voraussetzt (vgl.
BTDrs. 13/1439 S. 4; König in LK StGB 11. Aufl. § 316
Rdn. 45) - nicht der Fall: Denn das Maß möglicher
Benachteiligung bemißt sich nicht nach der statistischen
Wahrscheinlichkeit einer Unterschreitung des Grenz-, sondern des dazu
in relativem Abstand stehenden Grundwertes (vgl. Slemeyer BA 2000, S.
208 ff.). Das Maß dieser "Unterschreitungswahrscheinlichkeit"
beruht wiederum auf dem angenommenen Verteilungsfaktor von BAK/AAK.
Neuere Studien anhand zeitgleicher Messung von BAK- und AAK-Werten
gelangen insoweit zu dem Ergebnis, daß der in § 24a
Abs. 1 StVG mit 1:2000 gewählte Umrechnungsfaktor
tatsächlich im Mittel 1:2311 beträgt. Dadurch
wäre "de facto eine Anhebung der Grenzwerte im Vergleich zu
den BAK-Grenzwerten von rund 15 % festgeschrieben worden"
(Köhler/Beike/Abdin/Brinkmann BA 2000, 286, 291).
Deshalb kommt es entgegen der Auffassung des vorlegenden
Oberlandesgerichts (NZV 2000, 427) auch nicht auf die nach den
Berechnungen von Wehner et al. bei Zugrundelegung des
Umrechnungsfaktors 1:2100 (Faktor Q = 2,1) ermittelte sog.
"Unterschreitungswahrscheinlichkeit (von) über 2 %"
(Wehner/Subke/Wehner BA 2000, 403, 407; ferner Wehner/Subke BA 2000,
279 f.) an. Zwar läge diese Unterschreitungswahrscheinlichkeit
über dem für die BAK-Bestimmung im Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes 1966 (Lundt/Jahn Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes zur Frage Alkohol bei Verkehrsstraftaten
1966GRE>, im folgenden: Gutachten 1966) "zugelassenen"
entsprechenden Wert von (nur) 0,42 %, der eine Wahrscheinlichkeit von
99,58 % entspricht, daß bei einer mittleren BAK von 0,8 % der
gleichmäßig zwischen 0,6 % und 0,7 % verteilte wahre
Grenzwert überschritten ist (Gutachten 1966 S. 41, dort auch
Fußn. 10). Doch ergäben sich hieraus gegen die zwar
in "relativer Beziehung" zu den BAK-Grenzwerten stehenden, diesen
gegenüber aber eigenständigen AAK-Grenzwerte keine
begründeten verfassungsrechtlichen Bedenken. Im
übrigen errechnen Wehner et al., daß bei einem
Q-Wert von 2,260 (Wittig/Schmidt/Jachau/Römhild/Krause BA
2000, 30 f.) die relative Standardabweichung "völlig
ausreichend (wäre), um equivalent zu der Vorschrift des
Gut(achtens des) BGA (1966) für einen Atemalkoholmittelwert
von AAK = 0,4 mg/l zu einer Unterschreitungswahrscheinlichkeit von ca.
0,42 % zu kommen" (Wehner/Subke/Wehner BA 2000, 408). Dies gilt erst
recht, wenn der Q-Wert statt 2,1 im Mittel 2,311 beträgt
(Köhler/Beike/Abdin/Brinkmann BA 2000 aaO S. 291). Ob dieses
empirische Material eine wissenschaftlich gesicherte Aussage
zuläßt, hat der Senat im Rahmen der Vorlegung nicht
zu prüfen. Jedenfalls ist dies ein weiterer Beleg,
daß der Gesetzgeber bei Festlegung der in § 24a Abs.
1 bestimmten AAK-Grenzwerte nicht willkürlich gehandelt hat.
2. Wegen der - verfassungsrechtlich unbedenklichen - gesetzgeberischen
Festlegung der AAK-Grenzwerte sind entgegen der Auffassung des
vorlegenden Oberlandesgerichts allgemeine Sicherheitsabschläge
von den unter Verwendung eines bauartzugelassenen und geeichten
Atemalkoholtestgerätes und Beachtung der
Verfahrensbestimmungen (Zeitablauf seit Trinkende mindestens 20
Minuten, Kontrollzeit von 10 Minuten vor der AAK-Messung, Doppelmessung
im Zeitabstand von maximal 5 Minuten und Einhaltung der
zulässigen Variationsbreite zwischen den Einzelwerten;
Gutachten aaO S. 12) gewonnenen Meßwerten zum Ausgleich
möglicher Fehler einer Messung durch verfälschende
Störfaktoren (dazu Hentschel Straßenverkehrsrecht
36. Aufl. StVG § 24a Rdn. 17 mit zahlr.Nachw.aus dem
Schrifttum) im konkreten Einzelfall nicht veranlaßt.
a) Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß
der Gesetzgeber das in § 24a Abs. 1 StVG sanktionierte
Verhalten nicht als kriminelles Unrecht, sondern nur als
Ordnungswidrigkeit bewertet hat, das deshalb im
Bußgeldverfahren zu ahnden ist. Dieses ist aber schon im
Hinblick auf seine vorrangige Bedeutung für die
Massenverfahren des täglichen Lebens auf eine Vereinfachung
des Verfahrensganges ausgerichtet (vgl. BGHSt 39, 291, 299 f.). Dem
würde zuwiderlaufen, wäre der Tatrichter gehalten,
die Meßpräzision in jedem Einzelfall unter
Berücksichtigung aller in Betracht kommenden
Einflußfaktoren zu prüfen. Dies würde die
Beweisaufnahme unnötig belasten, zumal es dazu
regelmäßig der Hinzuziehung eines Gutachters oder
sogar mehrerer Sachverständiger bedürfte; es
wäre bei den Massenverfahren wegen Teilnahme am
Kraftfahrzeugverkehr unter Alkoholeinfluß
unverhältnismäßig und ist auch kein Gebot
der Einzelfallgerechtigkeit (vgl. BGHSt 45, 140, 147). Ebenso zeigt
aber auch die in Teilen der Rechtsprechung und des Schrifttums
für erforderlich gehaltene allgemeine
Berücksichtigung von Sicherheitsabschlägen,
daß die rechnerischen Ergebnisse der dem Betroffenen hiernach
im Einzelfall (noch) vorzuwerfenden AAK (im Ausgangsfall errechnet Bode
in Anm. zu OLG Hamm zfs 2000, 463 sogar nur 0,17 mg/l) den Tatbestand
des § 24a Abs. 1 StVG, soweit er sich auf die
AAK-Meßwerte bezieht, weitgehend leerlaufen lassen
würde. Nichts spricht aber dafür, daß der
Gesetzgeber, der die Atemalkoholmessung im Verkehrssicherheitsinteresse
als beweissicheres Verfahren für den Nachweis der
Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG eingeführt
hat, dieses Verfahren durch überhöhte Anforderungen
an den Nachweis der forensisch verwertbaren AAK zum "stumpfen Schwert"
hat entwerten wollen (vgl. BGHSt 38, 106, 110).
b) Davon abgesehen, ergibt auch die einfachrechtliche Auslegung des
§ 24a Abs. 1 StVG im übrigen, daß die
ermittelten AAK-Meßwerte ohne Sicherheitsabschläge
der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des
§ 24a Abs. 1 StVG zugrundezulegen sind. Dies ist für
die dort normierten BAK-Grenzwerte in der Rechtsprechung anerkannt und
folgt aus dem grundlegenden Unterschied zwischen gesetzlich
festgelegten Grenzwerten einerseits und "Beweisgrenzwerten" der
Rechtsprechung andererseits. Gesetzlich festgelegte Grenzwerte binden
die Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Die gesetzlichen
Grenzwerte des § 24a Abs. 1 StVG sind Tatbestandsmerkmal ohne
Rücksicht auf eine individuelle Beeinträchtigung der
Fahrtüchtigkeit (Hentschel Straßenverkehrsrecht aaO
StVG § 24a Rdn. 11, 24). Sie spiegeln - anders als die von der
Rechtsprechung durch den Senat bestimmten Grenzwerte "absoluter"
Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 316 StGB (BGHSt 5,
168; 21, 157; 34, 133; 37, 89) - nicht
medizinisch-naturwissenschaftliche Erfahrungssätze wider, die
im Rahmen tatrichterlicher Beweiswürdigung Beachtung finden,
sondern erfüllen - unter der Voraussetzung verfahrensbezogen
ordnungsgemäßen Zustandekommens - bei Vorliegen
entsprechender Meßwerte für sich selbst die
tatbestandlichen Voraussetzungen.
Deshalb kommt es auch für die AAK-Meßwerte nur auf
den von einem den Bedingungen des Gutachtens entsprechenden
Meßgerät gemessenen Wert an, weil "die
Unsicherheiten der Blutalkoholanalyse unmittelbar auch in die
AAK-Grenzwerte ein(gehen)" (Gutachten aaO S. 21; ebenso Slemeyer BA
2000, 208). Das Bayerische Oberste Landesgericht begründet
seine - vom Senat geteilte (ebenso OLG Stuttgart BA 2000, 388) -
Auffassung mit der im Ergebnis zutreffenden Erwägung,
daß in dem AAK-Grenzwert von 0,25 mg/l bei Anwendung des vom
Gesetzgeber (zugunsten der Betroffenen) gewählten
Umrechnungsfaktors von 1:2000 bereits ein umgerechneter
Sicherheitszuschlag von 0,05 mg/l und im AAK-Grenzwert von 0,4 mg/l
unter diesen Voraussetzungen ein solcher von 0,075 mg/l enthalten seien
und diese umgerechneten Sicherheitszuschläge bereits deutlich
über den Verkehrsfehlergrenzen nach der Eichordnung liegen. Es
hat mit dieser Erwägung Bezug genommen auf den in dem
(bisherigen) BAK-Grenzwert von 0,8 % enthaltenen Sicherheitszuschlag
zum "Grundwert" (0,65 %) von 0,15 % (vgl. BTDrs. 7/133 S. 5; BGHSt 28,
1, 3) bzw. auf den in dem BAK-Grenzwert von 0,5 % zum "Grundwert" (0,4
%) enthaltenen Sicherheitszuschlag von 0,1 % (BTDrs. 13/1439 S. 4). Der
Gesetzgeber hatte diese Sicherheitszuschläge "für
etwaige Abweichungen des festgestellten von dem tatsächlichen
Alkoholgehalt" in die BAK-Grenzwerte einbezogen, um zu
gewährleisten, daß "in der Praxis kein
Anlaß dazu bestehen wird, den gesetzlich festgelegten Wert
nochmals um einen ´Sicherheitszuschlag´ zu
verschieben" (BTDrs. 7/133 S. 5). Eine direkte Umrechnung dieser in den
BAK-Grenzwerten enthaltenen Sicherheitszuschläge in
"entsprechende" AAK-Werte kommt - wie dargelegt - allerdings nicht in
Betracht. Eben aus diesem Grund hat das Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes "anstelle" eines Sicherheitszuschlages
für die AAK-Grenzwerte einen "Sicherheitsfaktor" Q
eingeführt, der sicherstellen soll, "daß mit einer
vorzugebenden Wahrscheinlichkeit w ein gemessener AAK-Wert statistisch
betrachtet unter dem AAK-Grenzwert liegt, falls ein gleichzeitig
gemessener BAK-Wert den BAK-Grenzwert erreicht" (Gutachten aaO S. 21).
Der der "Umrechnung" von AAK in BAK im angenommenen Verhältnis
von 1:2000 zugrundeliegende Sicherheitsfaktor Q = 2,0 ist somit selbst
Teil der mit 75 % angesetzten Wahrscheinlichkeitsvorgabe (Gutachten aaO
S. 22/23). Diese Vorgabe hat der Gesetzgeber übernommen. Sie
gehört damit zu den normativen Festlegungen, die bei der
Anwendung des § 24a Abs. 1 StVG Beachtung verlangen.
c) Deshalb sind die AAK-Meßwerte unter der Voraussetzung
unmittelbar, d.h. ohne Abschlag, forensisch verwertbar, daß
diese aufgrund eines Verfahrens gewonnen sind, das den gesetzlichen
Vorgaben entspricht. Dies und die Zuverlässigkeit der
Messungen werden durch die Bauartzulassung der zur amtlichen
Überwachung im Straßenverkehr eingesetzten
Atemalkoholmeßgeräte durch die
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und deren
halbjährliche Eichung garantiert (§§ 1 Nr.
2, 2 Abs. 1 EichG, §§ 12 Abs. 1 i.V.m. Anh. B Nr.
18.5, 32 Abs. 1 EichO). Daß die technischen
Mindestanforderungen an die Beweissicherheit der verwendeten
Meßgeräte nicht durch ein förmliches Gesetz
normiert sind (vgl. Empfehlung 38. VGT 2000, S. 10 Nr. 4) und die der
Bauartzulassung zugrunde liegende Norm DIN VDE 0405 auch keinen
Verordnungscharakter (vgl. BGHSt 28, 1, 4) hat, führt zu
keinem anderen Ergebnis; denn der Gesetzgeber hat ausdrücklich
auf die Vorgaben des Gutachtens Bezug genommen. Diesen Vorgaben an die
Qualitätssicherung trägt die Bauartzulassung der zum
Einsatz kommenden Geräte durch die Physikalisch-Technische
Bundesanstalt (PTB) und deren Eichung Rechnung (vgl. zum
Meßgerät Dräger Alcostest Evidential MK III
Knopf/Slemeyer/Klüß NZV 2000, 195; Hentschel
Trunkenheit Fahrerlaubniserziehung Fahrverbot 8. Aufl., 2000, Rdn. 124,
126; König in LK aaO § 316 Rdn. 51 f.; insoweit zust.
auch Seier NZV 2000, 434).
d) Durchgreifende Einwände gegen die forensische
Verwertbarkeit der mit einem bauartzugelassenen und geeichten
Atemalkoholtestgerät ermittelten AAK-Werte ohne
Berücksichtigung allgemeiner Sicherheitsabschläge
ergeben sich auch nicht aus den durch die Rechtsprechung des Senats
entwickelten Standards für die Anforderungen an
beweiskräftige BAK-Ergebnisse. Diese
Qualitätsanforderungen an die Blutprobe (arithmetischer
Mittelwert aus fünf Einzeluntersuchungen zweier
unterschiedlicher Meßverfahren Widmark und ADHGRE>
bzw. aus vier Einzeluntersuchungen je zwei und zweiGRE> nach dem
GC- und dem ADH-Verfahren) gehen auf das Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes "Alkohol bei Verkehrsstraftaten" von 1966
(Gutachten 1966 aaO) zurück, das der Festlegung der
"Beweisgrenzwerte" der "absoluten" Fahruntüchtigkeit im Sinne
der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), 316 Abs. 1 StGB
durch den Senat zugrundeliegt (BGHSt 21, 157; 37, 89). Insoweit zwang
die Annahme eines den Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung
bindenden medizinisch-naturwissenschaftlichen Erfahrungssatzes dazu, an
das Vorliegen von dessen tatsächlichen Voraussetzungen in
Gestalt einer bestimmten BAK mit Blick auf den Zweifelsgrundsatz
besonders hohe Anforderungen zu stellen. Zwar hat der Senat diese
Qualitätsanforderungen auch für die Ermittlung der
für den Bußgeldtatbestand des § 24a StVG
a.F. maßgebenden BAK bestätigt (BGHSt 28, 1). Doch
läßt sich daraus nicht herleiten, daß der
Gesetzgeber diese Standards auch für die Ermittlung von
Grenzwerten vorgeben muß - und vorgegeben hat -, die zwar in
einem inneren Zusammenhang mit den BAK-Werten stehen, aber davon
unabhängig sind und auf grund eines andersartigen
Meßverfahrens gewonnen werden (fehlerhaft deshalb AG
München NZV 2000, 180 mit abl.Anm. Schmalz und Schoknecht).
Ob der Einwand gerechtfertigt ist, die AAK-Messung unterliege im
Ergebnis qualitativ geringeren Anforderungen als die auf vier
Einzelwerten beruhende BAK-Messung (vgl. dazu Bode BA 1999, 249, 259
f.; ders. Anm. zu AG Kitzingen und AG München zfs 2000, 171,
172 f.; ders. Anm. zu BayObLG zfs 2000, 313, 316 f.; Löhle NZV
2000, 189, 194; Wilske NZV 2000, 399, 400; dagegen
Knopf/Slemeyer/Klüß NZV 2000, 195, 197; Knopf NZV
2000, 458 ff.), kann dahinstehen. Jedenfalls ergibt sich mit Blick auf
die gesetzgeberischen Vorgaben kein Anlaß - und ist die
Rechtsprechung auch nicht legitimiert -, die durch das Gesetz
festgelegten AAK-Grenzwerte durch Berücksichtigung von
verfahrensbezogenen allgemeinen Sicherheitsabschlägen zu
"relativieren".
3. Ein genereller Sicherheitsabschlag ist deshalb entgegen der
Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts auch nicht für
den Hystereseeinfluß und in Höhe der
Verkehrsfehlergrenze geboten.
a) Die Hysteresis, nämlich der Einfluß, den eine
Messung bei hoher Konzentration auf die nachfolgende Messung bei
niedriger Konzentration ausübt, darf nach dem Gutachten des
Bundesgesundheitsamtes 4 % bezogen auf die niedrige Konzentration nicht
überschreiten (Gutachten aaO S. 9, 25 f.); diese Vorgabe ist
bei Festlegung der AAK-Grenzwerte bereits berücksichtigt.
Deshalb ist für eine Berücksichtigung des
Hystereseeinflusses durch Ansatz eines allgemeinen
Sicherheitsabschlages kein Raum (zu neuerer Auswertung von
Meßergebnissen mit dem Gerät Dräger
Alcotest 7110 Evidential MK III vgl.
Schoknecht/Knopf/Klüß BA 2000, 449 ff.).
b) In gleicher Weise kommt auch ein genereller Sicherheitsabschlag in
Höhe der Verkehrsfehlergrenze (nach § 33 Abs. 4 EichO
i.V.m. Anl. 18 Abschn. 7 Nr. 3.1 und 3.2 das 1 1/2 - fache der
Eichfehlergrenze, die sowohl die Standard- als auch die systematische
Abweichung der Anzeige eines geeichten Gerätes vom Sollwert
enthält; vgl. Slemeyer BA 2000, 205) nicht in Betracht. Die
Einhaltung der Verkehrsfehlergrenze ist Bestandteil der Bauartzulassung
und wird durch die Eichung der eingesetzten Geräte garantiert
(§§ 1 Nr. 2, 2 Abs. 1 EichG, § 32 Abs. 1
EichO; vgl. BayObLG NZV 2000, 297).
c) Auch wenn allgemeine Sicherheitszuschläge zu den
gesetzlichen Grenzwerten bzw. - was dem hinsichtlich der verwertbaren
Ergebnisse gleichkommt - entsprechende Sicherheitsabschläge
von dem mittels eines bauartzugelassenen und geeichten
Atemalkoholmeßgerät gemessenen AAK-Mittelwert nicht
veranlaßt sind, schließt dies nicht aus,
daß im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für einen
Meßfehler bestehen oder behauptet werden können,
denen das Gericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht oder auf
einen entsprechenden Beweisantrag hin nachzugehen hat (vgl. BGHSt 39,
291, 300). Eine generelle Berücksichtigung von
möglicherweise störenden Einflußfaktoren
ist dagegen auch nicht in Ansehung des Zweifelsgrundsatzes geboten.
Allein aufgrund eines auf allgemeinen Erwägungen ohne
behauptete Meßfehler im Einzelfall vorgenommenen Abzugs vom
gemessenen AAK-Wert durfte das Amtsgericht im Ausgangsfall somit nicht
von einem niedrigeren AAK-Wert als 0,41 mg/l ausgehen.
d) Der Senat schreibt damit nicht zugleich die Voraussetzungen fest,
unter denen die Rechtsprechung auch die Atemalkoholanalyse als
hinreichend zuverlässiges Beweismittel zur
abschließenden Feststellungen alkoholbedingter "absoluter"
Fahruntüchtigkeit nach § 316 StGB anerkennt (so die
Befürchtung von Seier NZV 2000, 433, 434 f.). In bisher
veröffentlichten Entscheidungen hat die Rechtsprechung
jedenfalls eine Verurteilung wegen "absoluter"
Fahruntüchtigkeit nach § 316 StGB allein aufgrund
eines den Grenzwert von 0,55 mg/l erreichenden bzw.
übersteigenden AAK-Wertes auch abgelehnt (vgl. OLG Naumburg,
Urteil vom 29. November 2000, zfs 2001, 135 mit Anm.Bode, und
Beschlüsse vom 5. Dezember 2000, zfs 2001, 136 = NStZ-RR 2001,
105 und zfs 2001, 137).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing Ernemann |