BGH,
Beschl. v. 3.4.2002 - 2 StR 66/02
2 StR 66/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3. April 2002
in der Strafsache gegen
wegen versuchter Strafvereitelung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin am 3. April 2002 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision der Angeklagten Ch. wird das Urteil des Landgerichts
Limburg a. d. Lahn, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen
aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchter Strafvereitelung in
zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Die dagegen
gerichtete Revision der Angeklagten führt zur Aufhebung des
Urteils, soweit es sie betrifft.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Mitangeklagte P. am 18. Juni
2000 das Tatopfer im Verlaufe eines Streites in Gegenwart der
Angeklagten und des weiteren Mitangeklagten R. in der Wohnung der
Angeklagten erdrosselt. Die Angeklagte wurde am nächsten Tag
zunächst als Zeugin, dann als Beschuldigte und erneut am 7.
Juli 2000 als Beschuldigte polizeilich vernommen. Dabei gab sie an,
daß der Mitangeklagte R. die Tat allein begangen habe. P.,
der ebenso wie die Angeklagte und der Mitangeklagte R. am Tag nach der
Tat verhaftet wurde und sich seitdem in Untersuchungshaft befand, wurde
wegen Mordes - rechtskräftig durch Beschluß des
Senats vom heutigen Tage - verurteilt, R. wurde vom Vorwurf des Mordes
freigesprochen.
Das Landgericht hat die entlastenden Aussagen der Angeklagten bei den
beiden Vernehmungen jeweils als versuchte Strafvereitelung gewertet.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat sich schon nicht ausreichend damit
auseinandergesetzt, ob die Angeklagte, der eine Beteiligung an dem
Tötungsdelikt vorgeworfen worden war, mit ihren falschen
Angaben in den Beschuldigtenvernehmungen nicht jedenfalls auch das Ziel
verfolgt hat, sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen.
Dies war hier nicht fernliegend, weil der Angeklagte P. ihr
Lebensgefährte war und die Tat in ihrer Wohnung begangen
wurde. Daß die Angeklagte nach Überzeugung des
Landgerichts an dem Tötungsgeschehen tatsächlich in
keiner Weise beteiligt war, stände der Anwendung des
§ 258 Abs. 5 StGB nicht entgegen. Entscheidend ist, wie die
Angeklagte die Situation einschätzte. Die
Selbstbegünstigung ist auch dann straflos, wenn die
Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist
(BGHSt 2, 375).
Insbesondere hat das Landgericht aber nicht bedacht, daß die
Angeklagte am 13. September 2000 ihre bisherigen Aussagen
geändert und nunmehr angegeben hat, P. und R. hätten
gemeinsam das Tatopfer erdrosselt. Damit hat sie ihre den P.
entlastenden Angaben rückgängig gemacht. Das
Landgericht hätte deshalb prüfen müssen, ob
die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom
(jeweiligen) Strafvereitelungsversuch vorgelegen haben. Der
Schuldspruch wegen zweifacher versuchter Strafvereitelung kann danach
nicht bestehen bleiben. Die Sache bedarf erneuter Verhandlung und
Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter auch zu prüfen
haben, ob sich die Angeklagte durch die falsche Bezichtigung des
früheren Mitangeklagten R. nach § 164 StGB oder
§ 145 d Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht hat und eine
Wiedereinbeziehung nach § 154 a Abs. 3 StPO in Betracht kommt.
Jähnke Detter Bode
Otten Elf |