BGH,
Beschl. v. 3.4.2002 - 3 StR 34/02
3 StR 34/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3. April 2002
in der Strafsache gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 3. April 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 22. Oktober 2001 im Rechtsfolgenausspruch dahin
geändert, daß die Anordnung des Vorwegvollzugs eines
Teils der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem
hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
angeordnet und bestimmt, daß vor der Unterbringung zwei Jahre
und sechs Monate der Freiheitsstrafe vorab zu vollstrecken sind. Die
auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat in
dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Unterbringungsanordnung läßt, obwohl das Gericht
sich nicht näher damit auseinandergesetzt hat, ob der
Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB das Zusammentreffen von
chronischem Alkoholmißbrauch und
Persönlichkeitsstörung entgegenstehen könnte
(vgl. dazu Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 64 Rdn.
3 m. w. N.), bei einer Gesamtwürdigung der getroffenen
Feststellungen einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht erkennen.
Dagegen kann die Anordnung des Vorwegvollzugs eines Teils der
Freiheitsstrafe keinen Bestand haben. Zutreffend hat der
Generalbundesanwalt insoweit ausgeführt:
"Dagegen erweist sich die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzuges der
Strafe als rechtsfehlerhaft. Mit dieser Anordnung weicht die
Strafkammer von der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 StGB
ab, wonach grundsätzlich die Maßregel vor der Strafe
vollzogen werden soll, weil die möglichst umgehende Behandlung
des süchtigen Rechtsbrechers am ehesten einen dauerhaften
Erfolg verspricht (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug,
teilweiser 4, 12). Zwar sieht § 67 Abs. 2 StGB vor, dass die
Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel vollzogen
werden kann, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter
erreicht wird. Die allgemein gehaltenen Erwägungen der
Strafkammer, der Zweck der Therapie sei leichter zu erreichen, wenn
diese am Ende der Strafverbüßung stehe, und der
Erfolg der Therapie setze eine anschließende
´Eingliederung des Angeklagten mit einer suchtspezifischen
Nachbetreuung´ (UA S. 30) voraus, reichen zur
Begründung indes nicht aus (vgl. BGH Beschluss vom 23.04.1998
- 4 StR 157/98; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 67
Rdn. 6a). Die Urteilsgründe enthalten auch keine konkreten
Anhaltspunkte, worin die Gefährdung des
Maßregelerfolges durch den anschließenden
Strafvollzug besteht und wie sie sich auf den Angeklagten konkret
auswirken könnte (vgl. BGHR StGB § 67 Abs. 2
Vorwegvollzug, teilweiser 12)."
Angesichts der getroffenen Feststellungen ist ausgeschlossen,
daß eine neue Verhandlung noch Erkenntnisse ergeben
könnte, wonach ausnahmsweise beim Angeklagten durch einen
(teilweisen) Vorwegvollzug der Strafe der Zweck der Maßregel
leichter erreicht würde. Entsprechend § 354 Abs. 1
StPO entscheidet der Senat daher selbst, daß die Anordnung
des teilweisen Vorwegvollzugs der Strafe entfällt.
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs.
2 StPO).
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Pfister von Lienen |