BGH,
Beschl. v. 3.4.2002 - 3 StR 78/02
3 StR 78/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3. April 2002
in der Strafsache gegen
wegen Betrugs
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 3. April
2002 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hannover vom 28. November 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
"gewerbsmäßigen Betruges" in drei Fällen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Die hiergegen eingelegte Revision des Angeklagten hat mit
der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts Erfolg.
Nach den Feststellungen beantragte in drei Fällen die
gesondert verfolgte Roswitha E. oder - im Fall II. 1 der
Urteilsgründe - eine andere Person bei der Deutschen Telekom
unter falschen Namen Telefonanschlüsse in der Absicht, die
anfallenden Telefongebühren nicht zu bezahlen. Nach
Freischaltung der Anschlüsse betrieb sie zusammen mit anderen
Personen in drei Wohnungen jeweils eine "Telefonstube", in der
"Telefonisten" Telefongespräche vom Libanon in die ganze Welt
gegen Bezahlung vermittelten. Die nicht bezahlten Telefonrechnungen der
Deutschen Telekom AG betragen 252.000 DM, ca. 50.547 DM und ca. 55.440
DM. Der Angeklagte, der sich eine laufende Einnahmequelle verschaffen
wollte, war in Kenntnis der genauen Tatumstände in den
"Telefonstuben" als "Telefonist" eingesetzt und erhielt für
seine Tätigkeit pro Tag 150 DM.
Die Strafkammer geht ohne weitere Prüfung davon aus, der
Angeklagte habe in allen drei Fällen als Mittäter
einen Betrug begangen. Ob ein Tatbeteiligter als Mittäter eine
Tat begeht, ist nach den gesamten Umständen in wertender
Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für die
Beurteilung können gefunden werden im Grad des eigenen
Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der
Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so
daß Durchführung und Ausgang der Tat
maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.,
vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 14). Die
Strafkammer hat nicht festgestellt, daß der Angeklagte einen
Telefonanschluß selbst beantragt oder beim Betrieb der
"Telefonstuben" eine leitende Funktion ausgeübt hat. In allen
Fällen ist er erst nach der Freischaltung der
Telefonanschlüsse und damit nach Vollendung des jeweiligen
Betruges tätig geworden. Die Aufgabe eines "Telefonisten" war
im Gesamtgeschehen von einer eher untergeordneten Bedeutung, was sich
auch an der - gemessen an den eingetretenen Schäden sowie den
von den Hauptverantwortlichen erzielten Gewinnen - relativ geringen
Entlohnung zeigt. Genauere Feststellungen darüber, an wie
vielen Tagen der Angeklagte als "Telefonist" gearbeitet hat, konnten
nicht getroffen werden. Angesichts der bislang festgestellten
Beteiligung des Angeklagten versteht sich die Annahme von
Mittäterschaft somit nicht von selbst, zumal beim Eintritt in
das Gesamtgeschehen nach Vollendung des Betruges und Ausüben
einer eher untergeordneten Rolle die Annahme von Beihilfe nahe liegt
(vgl. BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 5;
Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 25 Rdn. 9).
Da das Landgericht zu der erforderlichen Abgrenzung zwischen
Mittäterschaft und Beihilfe keine Erwägungen
angestellt hat und der Senat nicht ausschließen kann,
daß in einer neuen Verhandlung noch tragfähige
Feststellungen für Mittäterschaft getroffen werden
können, war das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und
die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen. Der neue Tatrichter hat auch Gelegenheit
zur Prüfung, ob sich der Angeklagte wegen
bandenmäßigen Betrugs (§ 263 Abs. 5 StGB)
oder Beihilfe dazu strafbar gemacht hat.
Tolksdorf Rissing-van Saan Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Tolksdorf
Pfister von Lienen |