BGH,
Beschl. v. 3.4.2008 - 5 StR 525/07
5 StR 525/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3.4.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3.4.2008 beschlossen:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin
vom 29. Juni 2007 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der
Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet
verworfen, dass die Angeklagte wegen Mordes in drei Fällen
sowie wegen Totschlags in zwei Fällen (Einzelfreiheitsstrafe
jeweils fünf Jahre) zu lebenslanger Freiheitsstrafe als
Gesamtstrafe verurteilt ist.
Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die dadurch den
Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Mordes in fünf
Fällen zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt,
von weiteren fünf Mordvorwürfen hat es sie aus
tatsächlichen Gründen freigesprochen. Eine besondere
Schwere der Schuld, §§ 57a, 57b StGB, hat es nicht
festgestellt. Gegen das Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf
die Sachrüge gestützten Revision, mit der sie die
Verurteilung in einem von ihr bestrittenen Fall, die Annahme der
Mordmerkmale sowie die Strafzumessung beanstandet. Das Rechtsmittel hat
nur den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg und ist im Übrigen
unbegründet.
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1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Die Angeklagte begann im Alter von 15 Jahren die von ihr
gewünschte Ausbildung zur Krankenschwester. Nachdem sie
bereits über 30 Jahre in diesem Beruf gearbeitet hatte, war
sie ab 1994 auf der kardiologischen In-
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tensivstation eines Berliner Universitätskrankenhauses
tätig. Ihre Arbeit bedeutete ihr viel, sie war vor allem nach
der Trennung von ihrem Ehemann im Jahre 1999, mit dem sie über
25 Jahre verheiratet gewesen war, ein erheblich stabilisierender Faktor
für ihre Lebensgestaltung.
Auf der kardiologischen Intensivstation galt die Angeklagte auch
aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung als kompetent, sie
wurde entsprechend respektiert. Im persönlichen Kontakt mit
Pflegekräften oder Ärzten war sie jedoch
introvertiert, wirkte zum Teil verschroben und fiel durch
situationsunangemessenes Verhalten wie beständiges Pfeifen
auf. Sie galt deswegen als Außenseiterin.
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Bei morgendlichen Besprechungen der Pflegekräfte wurde die
Aufteilung der meist schwerkranken Patienten organisiert. Dabei
bemühte sich die Angeklagte besonders darum, für die
Betreuung schwerstkranker Patienten eingeteilt zu werden, den damit
verbundenen erhöhten pflegerischen Aufwand und die emotionale
Belastung scheute sie nicht. Die zwanghaft perfektionistische und
eigensinnige Angeklagte wollte sich eine Überforderung nicht
eingestehen und lehnte Entlastungsvorschläge ab. Mechanismen,
die der körperlich und emotional sehr starken Belastung der
Pflegekräfte durch den dauernden Umgang mit schwerstkranken
und sterbenden Patienten angemessen Rechnung getragen hätten,
wie regelmäßige Besprechungen in ihrem
Arbeitsbereich, Supervision oder psychologische Unterstützung,
gab es im Krankenhaus nicht.
Dies kam dem Streben der Angeklagten nach Unabhängigkeit zwar
entgegen, förderte aber ihre Neigung zur Selbstbezogenheit und
zu überhöhten Selbstwertideen. Aufgrund einer
narzisstischen Persönlichkeitsstörung war es ihr
„nur schwer möglich, ... zwischen eigenen Stimmungen
und der Gefühlssituation ihrer Patienten zu
differenzieren“. Vielmehr übertrug sie ihre eigene
Angst vor Schwäche und Hilflosigkeit auf die zu betreuenden
Patienten. In den Jahren 2001, 2004 und 2005 schlug sie vereinzelt
gegenüber Ärz-
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ten vor, die Behandlung von sterbenden Patienten einzustellen. Dies
wurde weitgehend ignoriert und mit ihr nicht weiter besprochen. Einige
Kollegen beobachteten gelegentliches „ruppiges“
Verhalten gegenüber Patienten.
Aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur fühlte sie
sich bei fünf moribunden Patienten, deren Dasein sie als nicht
mehr lebenswert betrachtete, berufen, für sie die Entscheidung
zu treffen, ihr Leben zu beenden. Hierzu spritzte sie den Patienten in
Kenntnis der aufgrund der Vorerkrankungen tödlichen Wirkungen
blutdrucksenkende Medikamente, zumeist Nipruss mit dem Wirkstoff
Nitroprussidnatrium. Durch den starken Blutdruckabfall trat bei jedem
der fünf Patienten der Tod früher ein, als dies ohne
das Eingreifen der Angeklagten geschehen wäre. Dabei war sie
weder von den Patienten noch von deren Angehörigen um
Sterbehilfe gebeten worden.
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Im Einzelnen kam es zu folgenden Tötungen:
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a) Am 28. Juni 2005 kam der 66 Jahre alte Patient S. auf die Station,
weil er reanimiert werden musste. Während sich zwei
Ärzte in der Reanimationsphase um eine Erhöhung des
Blutdrucks bemühten, spritzte die Angeklagte Herrn S. das
kontraindizierte Medikament Nipruss. Dies führte zu einem
schnelleren Eintritt des Todes.
b) Am 16. August 2006 betreute die Angeklagte den 77 Jahre alten
Patienten A. . Ihm wurde nur noch Morphium gegeben, damit er
möglichst schmerzfrei sterben konnte. Er schrie seit einigen
Stunden laut, ob vor Schmerzen, blieb unklar. Die Angeklagte
äußerte einer anderen Krankenschwester
gegenüber: „Man sollte das mal beenden.“
Sie spritzte ihm unbemerkt zunächst das stark sedierende
Medikament Dormicum. Dadurch sank zwar der Blutdruck zunächst,
stabilisierte sich dann aber wieder. Deswegen injizierte sie ihm
Nipruss, unmittelbar danach verstarb der Patient.
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c) Die 48 Jahre alte Frau St. aus Wolfenbüttel hatte sich zur
Behandlung ihrer schweren Herzerkrankung in die Berliner
Universitätsklinik begeben. Es stellte sich aber heraus, dass
eine Therapie nicht möglich war, sie sollte nur noch palliativ
behandelt werden. Deswegen wollte Frau St. nach Wolfenbüttel
verlegt werden, um dort zu sterben. Ihr Ehemann hatte die
Rückverlegung für den 20. September 2006 organisiert.
Am Tag davor war Frau St. weder ansprechbar noch orientiert. Die
Angeklagte überredete den Ehemann der Patientin, an diesem Tag
später als geplant nach Hause zu fahren. Als er bei seiner
Ehefrau am Bett saß, spritzte die Angeklagte ihr das
kontraindizierte Medikament Nipruss. Das durch den Blutdruckabfall
ausgelöste akustische Signal blockierte die Angeklagte. Frau
St. verstarb alsbald.
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d) Der 52 Jahre alte Patient W. lag seit mehreren Wochen im Koma und
musste beatmet werden. Zu zahlreichen schweren Grunderkrankungen hatte
er durch eine längere Unterversorgung mit Sauerstoff einen
unumkehrbaren Hirnschaden erlitten. Immer wieder kam es bei ihm zu
Blutdruckeinbrüchen, welche Reanimationsbemühungen
erforderten. Auch am 26. September 2006 musste Herr W. durch
kreislaufbeschleunigende Medikamente reanimiert werden.
Während sich die Ärztin am Bett des Patienten hierum
bemühte, spritzte die Angeklagte - von der Ärztin
unbemerkt - das kontraindizierte Medikament Nipruss. Der Zustand des
Patienten verschlechterte sich, weitere Reanimationsmaßnahmen
unterließ die Ärztin im Hinblick auf die schlechte
Prognose. Der Patient verstarb.
e) Am 2. Oktober 2006 lag der 62 Jahre alte Patient M. im Endstadium
einer Lungenkrebserkrankung auf der Station. Seit einigen Tagen war er
desorientiert und litt unter starker Luftnot. Da er zuvor
verfügt hatte, dass er keine lebenserhaltenden
Maßnahmen wünsche, war man zur Erleichterung des
Sterbevorgangs nur noch um Schmerzlinderung bemüht. Die
Angeklagte spritzte ihm das Medikament Dormicum, wie von ihr
vorhergesehen, kam es zu einem Blutdruckabfall, der Patient verstarb.
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Die sachverständig beratene Strafkammer ist davon ausgegangen,
dass die Angeklagte an einer Persönlichkeitsstörung
mit narzisstischen, zwanghaften und schizotypen Zügen (ICD-10
F 60.8) leide. Diese Störung sei aber im Hinblick auf die
soziale Situation der Angeklagten nicht so ausgeprägt, dass
sie bei den Taten zu einer relevanten Beeinträchtigung der
Schuldfähigkeit führe.
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2. Das Schwurgericht hat sich von der Täterschaft der
Angeklagten in allen fünf Fällen auf der Grundlage
einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung überzeugt.
Das gilt auch für den Fall des Patienten S. , den die
Angeklagte anders als die übrigen Fälle, nicht
eingestanden hat.
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Zwar konnte aufgrund der Ergebnisse der nach der Exhumierung
vorgenommenen Obduktion der Leiche wegen der weit fortgeschrittenen
Fäulnis keine eindeutige Todesursache mehr festgestellt
werden; ein nur krankheitsbedingter Todeseintritt war allein auf dieser
Grundlage nicht auszuschließen. Seine Überzeugung
vom Eingreifen der Angeklagten durch die Gabe des Medikaments Nipruss
und den dadurch hervorgerufenen Tod hat die Schwurgerichtskammer aber
auf eine umfassende Gesamtwürdigung weiterer
tragfähiger Indizien gestützt. Maßgeblich
war hierbei, dass in der Schädelkapsel der Leiche eine um ein
Vielfaches erhöhte Konzentration von Cyanid nachgewiesen
worden ist, welche auf eine Nitroprussidnatriumgabe kurz vor
Todeseintritt zurückzuführen war. Aufgrund
sorgfältiger Ermittlungen hat die Strafkammer die
Verabreichung dieses Wirkstoffs durch andere behandelnde Personen
ausgeschlossen. Gleiches gilt für andere Wirkstoffe, die im
Körper zum Freisetzen von Cyanid führen, da diese auf
der Station nicht vorhanden waren (UA S. 28).
Vor dem Hintergrund der vergleichbaren Vorgehensweise bei den anderen
Tötungshandlungen, vor allem der Tötung des Patienten
W. , und dem Umstand, dass die Angeklagte zum Todeszeitpunkt Dienst
hatte, ist der Schluss auf die Injektion von Nipruss durch die
Angeklagte und auf den
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durch die kontraindizierte Wirkung dieses Medikaments beschleunigten
Todeseintritt möglich und revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden (vgl. BGHSt 36, 1, 14).
3. Die Feststellungen tragen die Annahme des Mordmerkmals der
Heimtücke bei der Tötung der Patienten S. , W. und
St. . Die Bewertung, die Angeklagte habe bei jeder Tötung aus
niedrigen Beweggründen gehandelt, hält hingegen
rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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a) Das Mordmerkmal der Heimtücke hat die Schwurgerichtskammer
bei drei Tötungshandlungen entgegen der Auffassung der
Revision rechtsfehlerfrei bejaht.
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aa) Zu Recht hat das Landgericht für die Frage der
Heimtücke nicht auf die Arg- und Wehrlosigkeit der
getöteten Patienten, sondern auf die mit keinem Angriff auf
das Leben der Patienten rechnenden schutzbereiten Dritten abgestellt.
Nicht nur der Patient W. , der sich bereits seit geraumer Zeit im Koma
befand, sondern auch der zu reanimierende Patient S. und die nicht
orientierte und unansprechbare Patientin St. waren aufgrund ihres
Zustands zu keinerlei Argwohn und Gegenwehr fähig.
Schutzbereiter Dritter ist jede Person, die den Schutz eines
Besinnungslosen vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder
vorübergehend übernommen hat und diesen im Augenblick
der Tat entweder tatsächlich ausübt oder es deshalb
nicht tut, weil sie dem Täter vertraut (BGHSt 8, 216, 219; BGH
NStZ 2006, 338, 339 f.). Voraussetzung ist jedoch, dass die Person den
Schutz wirksam erbringen kann, wofür eine gewisse
räumliche Nähe und eine überschaubare Anzahl
der ihrem Schutz anvertrauten Menschen erforderlich sind (BGH NStZ
2008, 93).
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bb) Der Ehemann der Patientin St. war in diesem Sinne ein
schutzbereiter Dritter. Er kümmerte sich um seine Frau, offen
geführte Angrif-
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fe auf ihr Leben hätte er bemerkt, er wäre diesen
entgegengetreten. Er konnte jedoch den Angriff auf das Leben seiner
Frau nicht abwehren, da er wegen seines Vertrauens auf Hilfe nicht mit
einem Angriff durch die Angeklagte rechnete. Dass die Angeklagte den
tödlichen Angriff, den sie durch Abschalten des akustischen
Warnsignals weiter verschleierte, auch in Abwesenheit des Ehemannes
hätte durchführen können, ändert
nichts daran, dass sie zur konkreten Tatbegehung die Arglosigkeit und
die daraus resultierende Wehrlosigkeit des Ehemannes ausgenutzt hat.
cc) Zutreffend hat das Landgericht die die Reanimation bei den
Patienten S. und W. durchführenden Ärzte als
schutzbereite Dritte angesehen. Aufgrund der unmittelbaren
räumlichen Nähe und der Konzentration auf den
Patienten in der Reanimationsphase wären sie zum wirksamen
Schutz in der Lage gewesen. Tatsächlich konnten sie aber dem
tödlichen Übergriff nicht begegnen, da sie mit keinen
Angriffen durch die Angeklagte auf das Leben ihrer Patienten rechneten.
Eine positive Vorstellung der Ärzte von Angriffen der
Angeklagten auf die Patienten liegt trotz ihrer vereinzelten
Vorschläge zum Behandlungsabbruch bei sterbenden Patienten
fern. Die Angeklagte wusste vielmehr, dass die Ärzte ihr
gegenüber arglos waren, und nutzte dies für ihr
Vorgehen aus.
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dd) Eine die Heimtücke prägende Haltung kann
allerdings dann entfallen, wenn der Täter aus Mitleid handelt,
um einem Todkranken schwerstes Leid zu ersparen (vgl. BGHR StGB
§ 211 Abs. 2 Heimtücke 14; BGH NStZ 2008, 93). Die
Angeklagte handelte nach den Feststellungen aber nicht aus
individuellem Mitleid mit den schwerkranken Patienten, vielmehr wollte
sie ihre Vorstellung über Würde und Wert des Lebens
eines sterbenden Menschen durchsetzen. Ein Ausnahmefall, in dem die
Heimtücke aus besonderen subjektiven Gründen zu
verneinen wäre - üblicherweise als Fehlen einer
feindlichen Willensrichtung bezeichnet (vgl. hierzu Schneider in
MüKo, StGB § 211 Rdn. 144 ff.) - liegt mithin nicht
vor.
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b) Dagegen hält die Wertung der Schwurgerichtskammer, die
Angeklagte habe in allen Fällen aus niedrigen
Beweggründen gehandelt, auch einer eingeschränkten
revisionsrechtlichen Überprüfung (vgl. BGH NStZ 2006,
284, 285; NStZ-RR 2006, 340) nicht stand.
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Ein Tötungsbeweggrund ist niedrig, wenn er nach allgemeiner
sittlicher Würdigung auf tiefster Stufe steht und deshalb - in
deutlich weiterreichendem Maße als bei einem Totschlag -
verachtenswert ist. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich auf Grund
einer Gesamtwürdigung, welche die Umstände der Tat,
die Lebensverhältnisse des Täters und seine
Persönlichkeit einschließt (BGHSt 35, 116, 127; 47,
128, 130; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe
23 und 39).
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Eine solche Gesamtwürdigung stellt die Schwurgerichtskammer
jedoch nicht an. Ihre Bewertung beruht auf der pauschalen Gleichsetzung
der „Anmaßung, Gott gleich über Leben und
Tod“ entscheiden zu wollen, mit einem Handeln aus niedrigen
Beweggründen. Dieser Umstand begründet aber
für sich genommen kein über § 212 StGB
hinausgehendes Unwerturteil (vgl. hierzu Fischer, StGB 55. Aufl.
§ 211 Rdn. 17).
Dieses lässt sich auch den getroffenen Feststellungen nicht
entnehmen. Danach hat die Angeklagte zwar durch die Taten ihren Opfern
den Lebenswert aberkannt. Ihr Handeln war aber nicht davon motiviert,
dass sie dieses fremde Leben ohne weiteren Anlass
grundsätzlich als minderwertig betrachtete (vgl. hierzu BGHSt
47, 128, 132), sondern wurde ausgelöst durch den bereits durch
den nahenden Tod gezeichneten Zustand der Opfer. Die Motivation der
Angeklagten beruhte - auch vor dem Hintergrund ihrer
lang-jährigen Erfahrung als Intensivkrankenschwester - auf der
Überzeugung, dass Leben in einem derart desolaten moribunden
Zustand, in dem sich die betreffenden Patienten befanden, nicht mehr
lebenswert sei. Als Folge ihrer Selbstüberhöhung
fühlte sie sich berufen, die von ihr als richtig erachtete
Lebensbeendigung durch Tötung herbeizuführen. Dies
wurde zudem be-
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günstigt durch den „unverschuldeten Anteil ihrer
Persönlichkeitsstruktur“, was das Landgericht bei
der Verneinung der besonderen Schuldschwere, nicht aber bei der
Bewertung ihres Handlungsmotivs berücksichtigt hat. Solches
Handeln ist zwar als Totschlag und in den Fällen S. , St. und
W. sogar als Heimtückemord zu bewerten, aber nicht
darüber hinausgehend als besonders verachtenswert und als nach
allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehend anzusehen.
Die von der Schwurgerichtskammer daneben spekulativ angestellte
Erwägung („mag“), die Angeklagte
könne auch durch eine „egoistische Suche nach
intensiven Erlebnissen“ sowie aufgrund ihres zwanghaften
Perfektionismus dazu bewogen worden sein, „die Entscheidung
über Leben und Tod zu dem von ihr als passend angesehenen
Zeitpunkt an sich zu reißen“ muss bei der Bewertung
unbeachtet bleiben, da dies nicht sicher festgestellt werden konnte.
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3. Der Schuldspruch wegen der Tötung der Patienten S. , W. und
St. wird von der unzutreffenden Annahme der niedrigen
Beweggründe nicht berührt, da das Mordmerkmal der
Heimtücke vorliegt. Die Umstände, die die Bewertung
der Motive der Angeklagten als niedrig hindern, haben aber andererseits
nicht annähernd das Gewicht
außergewöhnlicher Schuldminderungsgründe,
die im Rahmen der Rechtsfolgenlösung (BGHSt 30, 105)
ausnahmsweise eine Strafrahmenverschiebung ermöglichen.
Bei der Tötung der Patienten A. und M. hat die Angeklagte auf
der Grundlage der rechtsfehlerfreien Feststellungen kein Mordmerkmal
verwirklicht. Der Senat schließt aus, dass
ergänzende, ein Mordmerkmal tragende Feststellungen noch
getroffen werden können. Er stellt deswegen den Schuldspruch
entsprechend um. Damit entfällt die lebenslange
Freiheitsstrafe als Einzelstrafe in zwei Fällen, der Senat
erkennt stattdessen - auch um
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dieses Verfahren sofort abzuschließen und im Hinblick auf die
verbleibende lebenslange Freiheitsstrafe - auf die niedrigste Strafe
aus dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB.
Basdorf Gerhardt Raum
Brause Jäger |