BGH,
Beschl. v. 3.8.2000 - 4 StR 259/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 259/00
vom
3. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Angeklagten am 3.
August 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird
das Urteil des Landgerichts Rostock vom 3. Februar 2000 im
Rechtsfolgenausspruch dahin geändert, daß die
Anordnung der Sicherungsverwahrung entfällt.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat drei Viertel der Kosten seines Rechtsmittels und
die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen; ein Viertel der Kosten dieses
Rechtsmittels und der notwendigen Auslagen des Angeklagten
trägt die Staatskasse. Die Kosten des Rechtsmittels der
Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten insoweit entstandenen
notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger
Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil hat die
Staatsanwaltschaft zugunsten des Angeklagten Revision eingelegt, mit
der sie sich gegen den Maßregelausspruch wendet. Der
Angeklagte erstrebt mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts
gestützten Revision die Aufhebung des Urteils insgesamt.
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hat keinen Bestand, da das
Gesetz diese nicht zuläßt, wenn - wie hier -
ausschließlich auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt ist.
In § 66 Abs. 1 StGB ist als Voraussetzung der Anordnung von
Sicherungsverwahrung die Verurteilung zu "zeitiger" Freiheitsstrafe
genannt. Der Bundesgerichtshof hat angesichts dieses eindeutigen
Gesetzeswortlauts die Anordnung von Sicherungsverwahrung neben der
Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe ausgeschlossen, wenn
die lebenslange Freiheitsstrafe als Einzelstrafe verhängt oder
als Gesamtstrafe aus mehreren lebenslangen Freiheitsstrafen gebildet
wurde (BGHSt 33, 398; 34, 138; BGH, Urteil vom 21. März 2000 -
5 StR 41/00).
Eine Ersetzung der Anordnung der Sicherungsverwahrung durch die
Feststellung der besonderen Schwere der Schuld (§ 57a StGB)
kommt nicht in Betracht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem
bereits das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO)
entgegenstehen würde, denn eine Feststellung nach §
57a StGB wollte der Tatrichter - ohne daß insofern ein
Rechtsfehler zu erkennen ist - gerade nicht treffen (vgl. UA 35).
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten ist unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zu den
zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner
Antragsschrift vom 28. Juni 2000 bemerkt der Senat:
a) Der Annahme eines Heimtückemordes steht nicht entgegen,
daß der Angeklagte sein Opfer zu sich herumdrehte, bevor er
ihm den gezielten Stich in das Herz versetzte; denn Arg- und
Wehrlosigkeit können auch dann gegeben sein, wenn der
Täter dem Opfer feindselig entgegentritt, das Opfer die
drohende Gefahr aber erst im letzten Moment erkennt, so daß
ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen (st.
Rspr.; vgl. BGH NStZ-RR 1997, 168; BGHR StGB § 211 Abs. 2
Heimtücke 3, 13, 15, 16). Daß der Angeklagte sich
trotz seiner Alkoholisierung bewußt war, einen
völlig schutz- und ahnungslosen Menschen anzugreifen, hat das
Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt.
b) Angesichts des dem Tatrichter insoweit eröffneten
Beurteilungsspielraums (vgl. BGH BA 2000, 185 mit weit. Nachw.) war es
dem Schwurgericht nicht verwehrt, unter Berücksichtigung des
vom Angeklagten gezeigten Leistungsverhaltens und seiner
Alkoholgewöhnung trotz einer Blutalkoholkonzentration von 2,
48 % zur Tatzeit von einer nicht erheblichen Beeinträchtigung
der Steuerungsfähigkeit auszugehen (vgl. BGHSt 43, 66; BGH,
Urteil vom 8. Februar 2000 - 5 StR 421/99).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 2 Satz 2 und
Abs. 4 StPO. Es ist nicht unbillig, den Angeklagten mit den den
Nebenklägern
im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen in vollem
Umfang zu belasten.
Meyer-Goßner Die Richter am BGH Dr. Kuckein und Dr. Ernemann
sind wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhindert.
Meyer-Goßner Athing Solin-Stojanovic |