BGH,
Beschl. v. 3.8.2005 - 2 StR 202/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 202/05
vom
3.08.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 3.08.2005
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Koblenz vom 13. Dezember 2004 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Beihilfe
zum Betrug in 32 Fällen in Tateinheit mit Untreue verurteilt
worden
ist und im Gesamtstrafenausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in
Tateinheit
mit Untreue in 32 Fällen, wegen der Verletzung der
Insolvenzantragspflicht,
wegen Bankrotts und wegen Vorenthaltens von Arbeitnehmerentgelt in
acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
sechs Monaten
verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der
Rüge
der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat
in dem
aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang mit der Sachrüge
Erfolg; im übrigen
ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die Wertung des Geschehens im Fall B I. der Urteilsgründe
als tateinheitliche
Untreue in 32 Fällen begegnet durchgreifenden Bedenken:
Nach den Feststellungen war der Angeklagte als
Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater seit Mitte der 80er Jahre für die
Unternehmensgruppe des
S. tätig. S. wollte seine geschäftlichen
Tätigkeiten in einer Holdinggesellschaft
zusammenfassen. Er ließ einen Prospekt der noch zu
gründenden
„K. AG“ für Investoren drucken. Als
Pläne hinsichtlich der Beteiligung
eines Großinvestors gescheitert waren, stellte ihm der
Angeklagte den
gesondert verfolgten P. vor, der in Griechenland
größere Beträge
akquirieren könne. Der Angeklagte entwarf unter dem 14. Mai
1998 einen Vertrag
zwischen sich und P. „über die Abwicklung von
Zahlungsverkehr“, welcher
nicht unterschrieben wurde. Er eröffnete im Juli 1998 ein
Treuhänderanderkonto
für die K. AG in Gründung bei der Commerzbank, der
Hausbank
des P. . Er händigte dem P. mehrere Ausfertigungen eines von
ihm
blanko unterschriebenen und mit dem Wirtschaftsprüfersiegel
versehenen
Formulars aus, wonach der namentlich zu bezeichnende Interessent
Vorzugsaktien
der K. AG kaufen wolle und der Kaufpreis auf das Konto der K.
AG bei der Commerzbank überwiesen werden solle
(„Bankbestätigung“).
Eine solche Bestätigung benötigten griechische
Anleger, um Gelder ins Ausland
transferieren zu können. Außerdem entwarf der
Angeklagte eine „Information
note“ mit Angaben zur Gesellschaft.
P. begann im Sommer 1998 mit Hilfe der vorgenannten Unterlagen
und des ins Griechische übersetzten Prospekts der K. AG, in
Griechenland
Kleinanleger zu werben, denen Aktien der K. AG & Cie. mit einem
Nennwert von 5 DM zu Preisen zwischen 10,40 DM und 36 DM pro Aktie
verkauft
wurden. Den den Nennwert übersteigenden Betrag sollte der P.
erhal-
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ten. Die Käufer gewannen aufgrund des Prospektes und weiterer
Werbemaßnahmen
den Eindruck, es handele sich um ein erfolgreiches Unternehmen mit
Grundeigentum und zahlreichen Beteiligungen, u. a. an der bereits
erfolgreich
an der Börse notierten Firma „1 “.
Tatsächlich waren sowohl die Aktien der
K. AG als auch die der K. AG & Cie. wertlos, weil S. seine
Beteiligungen nicht eingebracht hatte, was der Angeklagte
wußte. Beide Firmen
wurden am 2. September 1998 gegründet, am 7. September 1998
übernahm
die Firma D. Ltd. des P. die Aktien der K. AG & Cie. In
der Zeit vom 5. August 1998 bis zum 7. Oktober 1999 gingen auf dem
Treuhänderanderkonto
der K. AG in 32 Einzelbeträgen Zahlungen von insgesamt
681.908,80 DM von getäuschten Anlegern ein. Der Angeklagte
verfügte
über 562.515 DM, indem er in 25 Fällen selbst
Abhebungen vornahm oder
P. eine Vollmacht zur eigenen Abhebung überließ. Den
Differenzbetrag
setzte er unwiderlegt für die Kosten der
Gesellschaftsgründungen ein. Die Anleger
erhielten kein Geld zurück.
Das Landgericht sieht sowohl den Treubruchs- als auch den
Missbrauchstatbestand
der Untreue gegenüber den Kapitalanlegern als erfüllt
an.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Missbrauchsalternative des § 266 StGB scheidet bereits
deshalb
aus, weil dem Angeklagten von den Kapitalanlegern keine
Verfügungs- oder
Verpflichtungsbefugnis über ihr Vermögen
eingeräumt worden ist. Die Kapitalanleger
haben selbst Geldbeträge als Kaufpreis für eine
bestimmte Anzahl Aktien
auf das Treuhänderanderkonto überwiesen, wodurch es
aus ihrem Vermögen
ausschied. Aus den Feststellungen ergibt sich nicht, dass mit der
Überweisung
auf das Anderkonto der Angeklagte mit einem Aktienerwerb beauftragt
wurde, wobei er vor einem Erwerb die Werthaltigkeit der Aktien
eigenständig
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hätte überprüfen sollen. Eine derartige
Geschäftsabwicklung ist weder ausdrücklich
festgestellt noch ergibt sie sich aus in den Urteilsgründen
mitgeteilten
Geschäftsunterlagen. Dass die „Siegelung und das
Auftreten des Angeklagten
als Wirtschaftsprüfer“ ein besonderes Vertrauen der
griechischen Anleger geschaffen
hätten, wird durch die Feststellungen nicht belegt. Auch aus
§ 8 der
Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte
Buchprüfer ergibt sich keine auf
gesetzlicher Grundlage beruhende Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber
den griechischen Anlegern. Das Anderkonto ist für die K. AG in
Gründung
eingerichtet worden. Eine Treupflicht gegenüber den Einzahlern
könnte
sich nur auf Grund vertraglicher Absprachen mit diesen oder sonstiger
eine
Treupflicht begründender Umstände ergeben
Auch die Treubruchsalternative liegt nach den Feststellungen nicht vor.
Ein Treueverhältnis im Sinne des § 266 StGB
erfordert, dass der Täter innerhalb
eines nicht unbedeutenden Pflichtenkreises bei Einräumung von
Ermessensspielraum,
Selbstständigkeit und Bewegungsfreiheit zur
fremdnützigen
Vermögensfürsorge verpflichtet ist (st. Rspr., vgl.
zusammenfassend Tröndle/
Fischer StGB 52. Aufl. Rdn. 28, 29 m.w.N.). Die Feststellungen bieten
keine
hinreichende Grundlage, eine Vermögensfürsorgepflicht
des Angeklagten für
die griechischen Kapitalanleger anzunehmen. Der Angeklagte ist mit ihnen
nicht in Kontakt getreten; es ist nicht erkennbar, dass ihnen
gegenüber mit der
Einschaltung des Angeklagten als Wirtschaftsprüfer und
Steuerberater geworben
worden ist, der eine
„ordnungsgemäße“ Verwendung der
Gelder überwachen
sollte. Dass der Angeklagte den griechischen Kapitalanlagevermittlern
V. und Di. als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der K. AG
vorgestellt wurde, begründet für ihn ebensowenig eine
Vermögensfürsorgepflicht
gegenüber den künftigen Aktionären wie die
Einrichtung eines Anderkontos
für die K. AG in Gründung oder der Inhalt der mit dem
Wirtschafts-
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prüfersiegel versehenen
„Bankbestätigung“. Auch wer als
Wirtschaftsprüfer
und Steuerberater im Geschäftsleben auftritt, hat eine
Vermögensfürsorgepflicht
nur auf Grund einer entsprechenden konkreten Rechtsbeziehung zu
bestimmten
Personen, in der Regel seinen Mandanten.
2. Die Verurteilung wegen Untreue in 32 Fällen kann danach
keinen Bestand
haben. Dies führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in
den Fällen B I.
der Urteilsgründe auch hinsichtlich der jeweils tateinheitlich
verwirklichten Beihilfe
zum Betrug. Für den Fall, dass der neue Tatrichter den
Tatbeitrag des
Angeklagten erneut als Beihilfehandlung wertet, wird er folgendes zu
bedenken
haben: Die Frage, ob das Verhalten eines Tatbeteiligten eine Einheit
oder
Mehrheit von Handlungen bildet, richtet sich nicht nach der Haupttat,
sondern
nach dem Tatbeitrag, den der Beteiligte geleistet hat. Beziehen sich
mehrere
Hilfeleistungen auf eine Tat, liegt nur eine Beihilfe vor.
Fördert der Gehilfe
durch eine Handlung mehrere Haupttaten eines oder mehrerer
Haupttäter, liegt
ebenfalls nur eine einheitliche Beihilfe vor (vgl. BGH NJW 2000, 1732,
1735;
NStZ 1993, 584).
3. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen B I.
führt zur Aufhebung
der insoweit verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Hingegen
können die rechtsfehlerfrei festgesetzten weiteren
Einzelstrafen (Fälle B II. bis
IV.) bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, daß
die milden Einzelstrafen
durch den genannten Rechtsfehler beeinflusst worden sind.
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