BGH,
Beschl. v. 3.12.2002 - 4 StR 458/02
4 StR 458/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3. Dezember 2002
in der Strafsache gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3.
Dezember 2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster vom 24. Juli 2002 im Maßregelausspruch mit
den Feststellungen aufgehoben. Der Ausspruch entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und wegen
unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es ihm die
Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen,
bestimmt, daß ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue
Fahrerlaubnis erteilt werden darf und die Einziehung des
sichergestellten Marihuanas angeordnet.
Die vom Angeklagten eingelegte, auf die allgemeine Sachrüge
gestützte Revision hat zum Maßregelausspruch Erfolg;
im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
Die Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis hat
keinen Bestand. Das Landgericht hat die Annahme, der Angeklagte sei zum
Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet, damit
begründet, daß er in seinem von ihm
geführten Pkw 120 g Marihuana von den Niederlanden nach
Deutschland gebracht hat. Diese Erwägung trägt die
Entscheidung nicht. Anders als bei der Begehung einer der in §
69 Abs. 2 StGB aufgeführten rechtswidrigen Taten
begründet allein der Umstand, daß der Täter
ein Kraftfahrzeug zur Begehung von Straftaten benutzt hat, nicht
bereits eine Regelvermutung für seine charakterliche
Unzuverlässigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen; die
Rechtsprechung verlangt deshalb in diesen Fällen
regelmäßig eine nähere Begründung
der Entscheidung aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung
(st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 5 und 8;
zuletzt Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02).
Die Rechtsfrage, ob überhaupt unter Benutzung von
Kraftfahrzeugen begangene Anlaßtaten die Entziehung der
Fahrerlaubnis rechtfertigen, die keinerlei spezifische
Verkehrssicherheitsinteressen berühren (vgl. dazu
Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02 m.N.),
kann hier dahinstehen. Die pauschale Würdigung, mit der das
Landgericht die Annahme der Ungeeignetheit im Sinne des § 69
Abs. 1 StGB begründet hat, trägt die
Maßregelanordnung schon nach der bisherigen Rechtsprechung
nicht. Zwar waren in dem Fall der Einfuhr des Marihuanas die
Verbrechenstatbestände der §§ 29 a Abs. 1
Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BtMG erfüllt, jedoch handelte
es sich bei der transportierten Menge um 120 g der Droge Marihuana.
Schon angesichts dieser Menge hatte die Benutzung des Fahrzeugs
für die dem Angeklagten angelastete Straftat nur eine
völlig untergeordnete Bedeutung. Ein Erfahrungssatz,
daß jeder Täter, der - wie der Angeklagte -
Betäubungsmittel in einem Kraftfahrzeug transportiert, deshalb
zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen ist, um sich im Zweifel
auch um den Preis der Gefährdung anderer durch Flucht in einer
Feststellung zu entziehen, besteht in dieser Allgemeinheit nicht
(Senatsbeschluß vom 5. November 2002 - 4 StR 406/02). Die
Urteilsfeststellungen ergeben auch nicht, daß der Angeklagte
bei der Fahrt unter Wirkung von Drogen stand. Sonstige
Umstände, die auf eine unzureichende Bereitschaft des
Angeklagten, den Konsum von Drogen von dem Führen von
Kraftfahrzeugen zu trennen oder in anderer Weise
Verkehrssicherheitsinteressen zu vernachlässigen,
schließen lassen, sind ebenfalls nicht hervorgetreten. Der
Senat schließt aus, daß sich aufgrund neuer
Hauptverhandlung noch Umstände ergeben können, die
eine Ungeeignetheitsprognose im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB
rechtfertigen und deshalb den Maßregelausspruch tragen
könnten. Dieser entfällt daher.
Der geringfügige Teilerfolg des Rechtsmittels gibt keinen
Anlaß, den Angeklagten teilweise von den Kosten seines
Rechtsmittels freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Maatz Athing Solin-Stojanovic Sost-Scheible |