BGH,
Beschl. v. 3.12.2007 - 5 StR 504/07
5 StR 504/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
3.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3.12.2007
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Nürnberg-Fürth vom 16. Juli 2007 nach § 349
Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete
Urteil wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet
verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in
zwölf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit
13 tateinheitlichen Fällen der Urkundenfälschung, und
wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 37 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Seine auf die Verurteilung wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt und
den Gesamtstrafausspruch beschränkte Revision, mit der er die
Verletzung materiellen Rechts rügt, hat lediglich zum
Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe Erfolg.
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1. Soweit sich die Revision gegen den Schuldspruch wegen Vorenthaltens
von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) wendet, ist sie
unbegründet im
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Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Zwar sind grundsätzlich
bei der Feststellung der monatlichen Beiträge für
jeden Fälligkeitszeitpunkt gesondert die genaue Anzahl der
Arbeitnehmer, ihre Beschäftigungszeiten und Löhne
sowie die Höhe des Beitragssatzes der örtlich
zuständigen Sozialversicherungsträger festzustellen
(vgl. BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 4 und 5; BGH wistra 2006,
425, 426; 17, 18; NJW 2002, 2480, 2483; jeweils m.w.N.), weil sich die
Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des
Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen
Krankenkasse bestimmt. Das Landgericht war jedoch mangels
entsprechender Aufzeichnungen des Angeklagten berechtigt, auf der
Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse die
Höhe der Löhne zu schätzen und daraus die
Höhe der jeweils vorenthaltenen
Sozialversicherungsbeiträge zu berechnen (vgl. BGHSt 38, 186,
193; BGHR StGB § 266a Sozialabgaben 5; BGH wistra 2007, 220).
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2. Keinen Bestand hat dagegen der Ausspruch über die
Gesamtfreiheitsstrafe.
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Treffen wie hier Einzelfreiheitsstrafen und Einzelgeldstrafen zusammen,
so ist in der Regel eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden (BGH NStZ-RR
2002, 264 m.w.N.). Dem Tatrichter ist jedoch gemäß
§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB ein Ermessen dahingehend
eingeräumt, dass er aus den Einzelfreiheitsstrafen eine
Gesamtfreiheitsstrafe und daneben aus den Einzelgeldstrafen eine
gesonderte Gesamtgeldstrafe bilden kann. Dieses Ermessen hat er nach
Strafzumessungsgesichtspunkten auszuüben. Die
Urteilsgründe lassen indes nicht erkennen, ob sich die
Strafkammer des ihr eingeräumten Ermessens bewusst gewesen
ist. Allerdings bedarf es einer ausdrücklichen Darlegung, dass
sich der Tatrichter der Möglichkeit der
Ermessensausübung gemäß § 53 Abs.
2 Satz 2 StGB bewusst war, nur dann, wenn die Anwendung dieser
Ausnahmevorschrift nahe liegt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 54.
Aufl. § 53 Rdn. 6 m.w.N.). Dies ist bei Serienstraftaten (vgl.
BGH, Beschluss vom 17. April 1996 - 5 StR 93/96) und bei anderen im
Wesentlichen gleich gelagerten Taten (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 264)
regelmäßig nicht der
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Fall (vgl. BGHR StGB § 53 Abs. 2 Nichteinbeziehung 3). Etwas
anderes gilt dann, wenn sich aufgrund besonderer Umstände des
Falles eine einheitliche Gesamtfreiheitsstrafe als das schwerere
Übel erweist, weil erkennbar erst die Einbeziehung der
Geldstrafen zur Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe führte,
deren Höhe keine Strafaussetzung mehr zuließ (vgl.
BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 6; BGH NStZ-RR
2002, 264; jeweils m.w.N.). So verhält es sich hier. Lediglich
für zwölf der 49 Taten hat das Landgericht
Einzelfreiheitsstrafen verhängt. Nur in zwei Fällen,
darunter die Einsatzstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe, hat das
Landgericht Freiheitsstrafen von mehr als vier Monaten festgesetzt. Vor
diesem Hintergrund liegt es angesichts der gegen den nicht
vorbestraften und geständigen Angeklagten verhängten,
zwei Jahre Freiheitsstrafe nur geringfügig
übersteigenden Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei
Monaten auf der Hand, dass erst die Einbeziehung der Geldstrafen zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe geführt hat, deren Höhe
keine Strafaussetzung mehr zuließ. Bei dieser Sachlage
wäre die durch § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gegebene
Möglichkeit, auf eine Gesamtgeldstrafe gesondert zu erkennen,
ausdrücklich zu erörtern gewesen.
Widersprüchlich ist zudem im Hinblick auf die geringe
Höhe der festgesetzten Einzelstrafen der von der Strafkammer
im Rahmen der Zumessung der Gesamtstrafe herangezogene Gesichtspunkt
der „Schwere der Taten“. Zwar liegt in
Fällen sachlich und zeitlich ineinander verschränkter
Vermögensdelikte, von denen die gewichtigeren die
Verhängung von sechs Monaten Freiheitsstrafe und mehr
gebieten, in den Einzelfällen mit geringeren Schäden
die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen nach §
47 StGB nahe (vgl. BGHR StGB § 53 Abs. 2 Nichteinbeziehung 3).
Hiervon hat die Strafkammer aber weitgehend abgesehen. Im
Übrigen kann der Senat die Plausibilität der
Verhängung kurzzeitiger Freiheitsstrafen in
Einzelfällen mit höheren Schäden gerade noch
dem Urteilszusammenhang entnehmen.
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Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten, weil lediglich
Wertungsfehler vorliegen. Ergänzende Feststellungen, die den
getroffenen nicht widersprechen, sind zulässig.
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