BGH,
Beschl. v. 3.12.2009 - 4 StR 477/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 477/09
vom
3. Dezember 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Dezember
2009 gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4,
357 Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Schwerin vom 6. Juli 2009
mit den Feststellungen aufgehoben
a) soweit der Angeklagte B. in den Fällen II 3, 5, 8, 9, 12,
13, 14 und 19 wegen gewerbs- und bandenmäßigen
Betruges sowie darüber hinaus im Fall II 6 der
Urteilsgründe wegen Hehlerei, der Angeklagte T. in den
Fällen II 3, 5, 12, 13, 14 sowie 19, der Angeklagte H. (in
zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem
Fahren ohne Fahrerlaubnis) in den Fällen II 3, 8, 9, 12, 13,
14 sowie 19 und der Angeklagte D. in den Fällen II 3, 5, 12,
13 sowie 14 jeweils wegen gewerbs- und bandenmäßigen
Betruges verurteilt worden sind,
b) soweit es den Angeklagten B. betrifft, darüber hinaus im
Ausspruch über die Einzelstrafe in Fall II 4 der
Urteilsgründe (Verurteilung wegen Diebstahls),
c) hinsichtlich aller Angeklagter in den Aussprüchen
über die jeweilige Gesamtstrafe.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und
bandenmäßigen Betruges in acht Fällen,
wegen Diebstahls in zwei Fällen und wegen Hehlerei unter
Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Schwerin vom 2.
März 2009 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der
Angeklagte und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das
Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg.
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1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen (vollendeten) Betruges in den
Fällen II 3, 5, 8, 9, 12, 13, 14 sowie 19 kann nicht bestehen
bleiben.
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a) In den Fällen des Selbstbedienungstankens setzt die Annahme
eines vollendeten Betruges voraus, dass der Täter durch
(konkludentes) Vortäuschen von Zahlungsbereitschaft bei dem
Kassenpersonal einen entsprechenden Irrtum hervorruft, der
anschließend zu der schädigenden
Vermögensverfügung (Einverständnis mit dem
Tankvorgang) führt. An der erforderlichen Irrtumserregung
fehlt es, wenn das Betanken des Fahrzeugs vom Kassenpersonal
überhaupt nicht bemerkt wird. Ist dies der Fall, kommt jedoch
regelmäßig ein Betrugsversuch in Betracht (vgl.
Senat, Urteil vom 5. Mai 1983 - 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827 m. Anm.
Gauf/Deutscher NStZ 1983, 505; Senatsbeschlüsse vom 28. Juli
2009 - 4 StR 254 u. 255/09, NStZ 2009, 694).
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b) Die Urteilsfeststellungen belegen in keinem der vom Landgericht
festgestellten Fälle, dass die Tankvorgänge von dem
jeweiligen Kassenpersonal wahrgenommen wurden. Ungeachtet
möglicher Kontrollen durch Video-Überwachung oder
ähnliche technische Vorrichtungen kann nicht ausgeschlossen
werden, dass einzelne Tankvorgänge vom Kassenpersonal nicht
bemerkt wurden, insbesondere bei weitläufigen,
unübersichtlichen Tankstellen mit zahlreichen
Zapfsäulen, bei großem Kundenandrang oder bei
Inanspruchnahme durch Kassier- oder sonstige
Verkaufstätigkeiten. Die Tatsache allein, dass das Betanken in
allen Fällen zur Nachtzeit stattfand, also zu einem Zeitpunkt,
zu welchem üblicherweise mit geringerem Kundenaufkommen zu
rechnen ist, rechtfertigt für sich gesehen ebenso wenig den
Schluss, das jeweilige Kassenpersonal habe das Betanken der Fahrzeuge
durch den Angeklagten und seine Mittäter auch
tatsächlich wahrgenommen. Auch die zu verschiedenen
Einzelfällen vom Landgericht getroffene Feststellung, der
Tankvorgang sei entsprechend dem zuvor gefassten Tatplan von einem Teil
der Mittäter jeweils abgesichert worden, trägt noch
nicht die von der Strafkammer gezogene Schlussfolgerung, durch
Vortäuschung einer nicht vorhandenen Zahlungsbereitschaft sei
beim Kassenpersonal jeweils ein entsprechender Irrtum erweckt worden,
was zur Gestattung des Einfüllens des Kraftstoffs
geführt habe.
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2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei im Fall II 6 der
Urteilsgründe begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen
Bedenken.
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Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass der gesondert verfolgte
Tobias O. im Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter an
einer Tankstelle in Wittenburg insgesamt 242,33 Liter Superbenzin im
Wert von 331,75 € tankte, ohne zu bezahlen, und dass dieser
Kraftstoff an den Angeklagten gelangte, der diesen in Kenntnis der
strafbaren Vortat auch annahm. Im Hinblick darauf, dass das Landgericht
an anderer Stelle festgestellt hat, dass
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die Angeklagten sich zusammengeschlossen hatten, um arbeitsteilig mit
weiteren, gesondert verfolgten Mittätern Kraftstoff zu
erlangen, lässt die Bewertung der Tathandlung als Hehlerei im
Sinne von § 259 Abs. 1 StGB besorgen, dass das Landgericht
übersehen hat, dass der Angeklagte im Fall
mittäterschaftlicher Begehung der Vortat als tauglicher
Täter der Hehlerei ausscheidet (st. Rspr.; vgl. BGHSt 7, 134,
137; 33, 50, 52).
3. Ferner kann im Fall II 4 der Urteilsgründe der
Strafausspruch nicht bestehen bleiben, da das Landgericht die Tatzeit
in den Urteilsgründen nicht mitteilt und dem Revisionsgericht
somit die Prüfung der Frage nicht möglich ist, ob
auch insoweit die Voraussetzungen der Einbeziehung der durch das Urteil
des Landgerichts Schwerin vom 2. März 2009 verhängten
Freiheitsstrafe von neun Monaten gemäß § 55
Abs. 1 StGB vorgelegen haben.
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4. Die Rechtsfehler führen in den Fällen II 3, 4, 5,
6, 8, 9, 12, 13, 14 und 19 der Urteilsgründe zur Aufhebung der
insoweit verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe.
Gemäß § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung
in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang auf die
Mitangeklagten T. , H. und D. zu erstrecken, soweit sie ebenfalls wegen
gewerbs- und bandenmäßigen Betruges verurteilt
worden sind. Für die neue Verhandlung und Entscheidung merkt
der Senat an, dass hinsichtlich des Angeklagten B. auch die
Verweigerung der Strafrahmenmilderung nach § 46 a Nr. 2 i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB rechtlichen Bedenken begegnet. Die vom
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 3. November 2009 zur
Begründung seiner gegenteiligen Auffassung herangezogene
Senatsentscheidung (Senatsbeschluss vom 18. November 1999 - 4 StR
435/99, NStZ 2000, 205) verhält sich zur Anwendbarkeit von
§ 46 a Nr. 2 StGB bei Zahlung eines Geldbetrages zur Minderung
des einer juristischen Person entstandenen Schadens und betrifft
deshalb eine mit dem vorliegenden Fall in wesentlichen Punkten nicht
vergleichbare Sach-
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verhaltskonstellation. Es kommt hinzu, dass die Strafkammer
ausdrücklich festgestellt hat, dass der Angeklagte zur
Wiedergutmachung des im vorliegenden Fall rein rechnerisch bestimmbaren
Schadens einen Kredit in Höhe von 3.000 € aufgenommen
und damit den entstandenen Schaden im Wesentlichen ersetzt hat.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke |