BGH,
Beschl. v. 3.7.2008 - 4 StR 244/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 244/08
vom
3. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Juli 2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankenthal vom 22. Februar 2008 mit den Feststellungen aufgehoben,
soweit
a) folgende Gegenstände eingezogen worden sind:
- 24 Packungen Viagra, 4 Blister Viagra, - 16 Packungen Cialis, - 1
defekter Revolver PTB mit Munition, - 1 Bajonett mit Scheide, - 1
Tüte mit Munition (Knall und Gas) und Munitionsteilen, - 1
Multipics (Türöffnergerät), - 1
Hartschalenkoffer,
b) ein Geldbetrag in Höhe von 2.880 Euro für
verfallen erklärt worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf
Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit
unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, wegen
Geldfälschung und wegen unerlaubten Besitzes einer
Vorderschaftrepetierflinte, bei der der Hinterschaft durch einen
Pistolengriff ersetzt ist, in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier
halbautomatischer Kurzwaffen, unerlaubtem Besitz von Munition und mit
unerlaubtem Besitz eines Schlagrings zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es in der
ausweislich der Sitzungsniederschrift verkündeten
Urteilsformel, die insoweit in die Urteilsurkunde nicht
übernommen worden ist, eine umfangreiche Einziehungsanordnung
getroffen und einen Geldbetrag in Höhe von 2.880 Euro
für verfallen erklärt.
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Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat zu den Anordnungen
über die Einziehung und den Verfall in dem aus der
Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten
Gegenstände kann die im Übrigen rechtsfehlerfrei auf
§ 33 Abs. 2 BtMG, § 54 Abs. 1 WaffG, § 150
Abs. 2 StGB bzw. auf § 74 Abs. 1 StGB gestützte
Einziehungsanordnung aus folgenden Gründen nicht bestehen
bleiben:
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Hinsichtlich der in der Urteilsformel aufgeführten
Arzneimittel (24 Packungen Viagra, 4 Blister Viagra und 16 Packungen
Cialis) lassen die Urteilsgründe eine revisionsrechtliche
Überprüfung der Einziehungsanordnung nicht
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zu, weil zu den Arzneimitteln keine Feststellungen getroffen worden
sind. Gleiches gilt für die Einziehung des
Türöffnergerätes "Multipics" und eines
Hartschalenkoffers.
Soweit ein defekter Revolver PTB mit Munition, ein Bajonett mit Scheide
sowie eine Tüte mit Munition (Knall und Gas) und
Munitionsteilen eingezogen worden sind, lässt sich den
bisherigen Feststellungen weder entnehmen, dass einer der vorgenannten
Gegenstände sich auf einen der abgeurteilten tateinheitlichen
Verstöße gegen das Waffengesetz, wie für
die Einziehung gemäß § 54 Abs. 1 WaffG
erforderlich, bezieht oder durch einen dieser
Verstöße hervorgebracht oder zur Begehung oder
Vorbereitung der Straftat gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist.
Bei dem defekten Revolver PTB dürfte es sich um eine
Schreckschuss- bzw. Reizstoffwaffe handeln. Deren Erwerb und Besitz ist
aber ebenso wie der Erwerb und Besitz von Munition für eine
solche Waffe erlaubnisfrei (vgl. Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4
WaffG Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Nr. 1. 3 und 1. 4). Ein Bajonett ist
zwar ein tragbarer Gegenstand im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2
Buchst. a WaffG und damit eine Waffe im Sinne dieses Gesetzes, nicht
aber eine verbotene Waffe im Sinne des § 2 Abs. 3 WaffG i. V.
m. Anlage 2 Abschnitt 1.
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2. Die Verfallsanordnung kann ebenfalls nicht bestehen bleiben. Das
Landgericht hat zur Begründung der auf §§
73, 73 a StGB gestützten Anordnung lediglich
ausgeführt, angesichts der finanziellen Verhältnisse
sei davon auszugehen, dass es sich bei dem bei dem Angeklagten
sichergestellten Bargeldbetrag in Höhe von 2.800 Euro um durch
Betäubungsmittelgeschäfte erlangtes "Dealgeld"
gehandelt habe, das auch für weitere Geschäfte habe
eingesetzt werden sollen. Damit sind weder die Voraussetzungen des
Verfalls gemäß § 73 Abs. 1 StGB noch die
des Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73 a
StGB
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belegt. Die Anordnung des Verfalls gemäß §
73 Abs. 1 StGB käme nur dann in Betracht, wenn es sich bei dem
beim Angeklagten sichergestellten Bargeld um solches handelt, das aus
einem der abgeurteilten Betäubungsmittelgeschäfte
stammt. Dafür lässt sich den bisherigen
Feststellungen nichts entnehmen. E-benso wenig lässt sich den
Feststellungen entnehmen, dass der Angeklagte überhaupt
Erlöse in dieser Höhe aus den abgeurteilten
Betäubungsmittelgeschäften erzielt hat, der Verfall
des aus den Geschäften erlangten Geldes jedoch nicht
möglich ist, weil dieses Geld nicht mehr vorhanden ist, so
dass die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes
gemäß § 73 a StGB angeordnet werden kann.
Soweit das Landgericht davon ausgeht, dass es sich bei dem
sichergestellten Bargeldbetrag um sogenanntes Kaufgeld handelte, das
"auch für weitere Geschäfte eingesetzt werden
sollte", käme zwar eine Einziehung nach § 74 StGB in
Betracht, jedoch nur dann, wenn der sichergestellte Geldbetrag zur
Durchführung weiterer
Betäubungsmittelgeschäfte "bestimmt" war und diese
Geschäfte wiederum Gegenstand der Anklage sind (vgl. BGHR StGB
§ 74 Abs. 1, Tatmittel 1 und 2). Die Sache bedarf daher auch
insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
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Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat vorsorglich
darauf hin, dass vorrangig zu klären ist, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang die Voraussetzungen für die
Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz gegeben sind,
weil dann für die Anordnung eines erweiterten Verfalls nach
§ 73 d StGB kein Raum ist (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 75; StraFo
2004, 283).
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Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann |