BGH,
Beschl. v. 3.6.2009 - 2 StR 163/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 163/09
vom
3. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 3. Juni 2009
nach § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 4. Dezember 2008 aufgehoben; der Angeklagte wird
freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen
notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Die Entscheidung über die Entschädigung des
Angeklagten wegen der erlittenen Strafverfolgungsmaßnahmen
bleibt dem Landgericht vorbehalten.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung verurteilt. Dagegen richtet sich die auf die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das
Rechtsmittel hat Erfolg.
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Gegen die Annahme der Strafkammer, die Messerstiche gegen den
Oberkörper des Nebenklägers seien nicht erforderlich
gewesen, um dessen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von
sich abzuwenden, bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Die
Wertung, der Angeklagte habe den Messereinsatz zunächst
androhen oder dem Nebenkläger in den Arm stechen
müssen, ist angesichts des festgestellten Sachverhalts
rechtsfehlerhaft. Die Auffas-
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sung der Strafkammer, der Angeklagte habe das Messer zwar schon einmal
gezogen gehabt, jedoch offenkundig nicht als Warnung vor einem
künftigen Einsatz, widerspricht den Urteilsfeststellungen. Der
Angeklagte hatte das Messer nicht nur bei der verbalen
Auseinandersetzung mit dem Nebenkläger vor dem Haus aus der
Tasche gezogen und aufgeklappt, sondern auch, nachdem der
Nebenkläger ihm nachgesetzt war und ihn von hinten an der
Schulter geschubst hatte. Zugleich hatte der Angeklagte
sinngemäß gerufen: "lass mich in Ruhe, sonst werde
ich dich töten" (UA S. 6). Dennoch hatte der
Nebenkläger den Angeklagten an der Schulter gefasst. Der
Angeklagte durfte diesen Angriff deshalb entgegen der Auffassung der
Strafkammer durch die nicht heftig ausgeführten Stiche in
Richtung des Oberkörpers des Nebenklägers abwehren;
auf die (ungewisse) Hilfe der umstehenden Zuschauer oder einen
Messereinsatz lediglich gegen den Arm des körperlich
überlegenen und angetrunkenen Nebenklägers brauchte
sich der Angeklagte nicht verweisen zu lassen.
Das Notwehrrecht des Angeklagten war auch nicht deshalb
eingeschränkt, weil er den Nebenkläger vor dem Haus
beschimpft und somit womöglich zu einem (erneuten) Angriff
beigetragen hatte. Der Nebenkläger hatte den
körperlich vorgeschädigten Angeklagten bereits im
Hausflur grundlos angegriffen und ihm heftige Schmerzen
zugefügt; der Angriff war durch das Einschreiten des Zeugen K.
beendet worden. Der Angeklagte hatte weiteren Auseinandersetzungen aus
dem Weg gehen wollen und deshalb auf Anraten des K. das Haus verlassen.
Nach der verbalen Auseinandersetzung vor dem Haus, bei der er den
Nebenkläger beschimpft und erstmals das Messer gezogen hatte,
hatte er auf Zuruf eines Zeugen das Messer wieder eingesteckt und war
in Richtung M. Landstraße weitergegangen, so dass sich in den
Augen der Umstehenden die Situation beruhigt hatte. Der
Nebenkläger war ihm nachgelaufen und hatte ihn erneut
geschubst. Der Nebenkläger war auch nicht so stark be-
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trunken, dass sich daraus eine Einschränkung des Notwehrrechts
für den Angeklagten ergeben hätte.
Da mithin lediglich ein Mangel der rechtlichen Würdigung
vorliegt und weitergehende Feststellungen ersichtlich nicht getroffen
werden können, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden.
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Die Entscheidung über die Verpflichtung zur
Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
(§ 8 StrEG) ist vom Landgericht zu treffen, weil Art und
Umfang der entschädigungspflichtigen Maßnahmen ohne
weitere Feststellungen und ohne weitere Anhörung der
Beteiligten nicht zu bestimmen sind.
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Rissing-van Saan Roggenbuck Appl
Cierniak Schmitt |