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BGH, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 4 StR 103/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 3.5.2001 - 4 StR 103/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 103/01
vom
3. Mai 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 3. Mai 2001 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Neubrandenburg vom 28. September 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß schuldig
sind,
aa) der Angeklagte R. des Diebstahls mit
Waffen in Tateinheit mit versuchtem schweren
Raub,
bb) die Angeklagten Sch. und G. des versuchten
schweren Raubes,
b) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten des "gemeinschaftlichen schweren
räuberischen Diebstahls" schuldig gesprochen, die Angeklagten R. und
Sch. zu einer Freiheitsstrafe von jeweils fünf Jahren und den Angeklagten
G. unter Einbeziehung einer weiteren Freiheitsstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von sechs Jahren verurteilt.
Mit ihren Revisionen gegen dieses Urteil beanstanden die Angeklagten
die Verletzung sachlichen Rechts; der Angeklagte R. erhebt darüber hinaus
die Verfahrensrüge. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im übrigen ist es unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und
daher gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig.
2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen schweren
räuberischen Diebstahls" hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten die Angeklagten
verabredet, "einen Einbruch in das Anwesen der Geschädigten (der Eheleute
F. ) zu unternehmen, um die dort (in einem Panzerschrank) vermuteten Bargeldbeträge
und sonstige Wertsachen an sich zu bringen ...(und) die Geschädigten
erforderlichenfalls zu knebeln oder sonst Gewalt anzuwenden" (UA 10).
Während der Angeklagte Sch. draußen im Fahrzeug wartete, drangen die
Angeklagten R. und G. - von den Geschädigten zunächst unbemerkt - in
das Haus ein. Sie durchsuchten die Wohnräume, konnten dort aber den
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Schlüssel für den Panzerschrank nicht finden. "Der Angeklagte R. begab
sich sodann zurück zu (einer) Schrankwand, wo er weiter nach möglichen
Beutegegenständen suchte. Hierbei stieß er auf die ungeladene Schreckschußwaffe
des Geschädigten ... ,die er einsteckte" (UA 12). Er nahm weiterhin
eine Handgelenktasche an sich.
Nachdem die Geschädigten erwacht waren und Hubertus F. versuchte,
die Tür zum Wohnzimmer, wo sich die Angeklagten R. und G.
befanden, zu öffnen, hielt R. dem Hubertus F. eine mitgeführte geladene
Gasdruckschreckschußpistole "in einem Abstand von etwa 30 cm ... vor das
Gesicht", wobei die Angeklagten die Absicht verfolgten, "dem Geschädigten ...
Angst einzuflößen, um sich die ungestörte weitere Durchsuchung der Schrankwand
nach dem Schlüssel zum Panzerschrank, eine anschließende Durchsuchung
des Panzerschrankes und ihre ungestörte Entfernung mit der bereits
erlangten und weiterhin erhofften Beute zu ermöglichen" (UA 13). Nachdem der
Geschädigte lautstark um Hilfe rief, flüchteten die Angeklagten R. und G.
aus dem Haus, wo sie der wartende Angeklagte Sch. mit dem Pkw aufnahm.
b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen (vollendeten)
räuberischen Diebstahls nicht, denn die Strafbarkeit nach § 252 StGB setzt
einen vollendeten Diebstahl (oder vollendeten Raub, vgl. BGHSt 21, 377, 379)
voraus.
aa) Der Angeklagte R. hat zwar einen vollendeten Diebstahl begangen,
indem er die Schreckschußwaffe des Geschädigten aus der Schrankwand
entnahm und einsteckte. Hingegen lag - entgegen der Annahme des Landgerichts
- hinsichtlich der vom Angeklagten ebenfalls weggenommenen Handge-
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lenktasche kein vollendeter, sondern nur ein versuchter Diebstahl vor, weil der
Angeklagte hinsichtlich der Tasche selbst keine Zueignungsabsicht hatte, sondern
nur bezüglich der darin vermuteten Wertsachen. Das ergibt sich daraus,
daß R. die Tasche später wegwarf, nachdem er festgestellt hatte, daß keine
Wertsachen darin enthalten waren; damit scheidet eine Zueignungsabsicht
hinsichtlich der Tasche aus (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1976, 16; Tröndle/
Fischer, StGB 50. Aufl. § 242 Rdn. 36).
Aber auch die Wegnahme der Schreckschußpistole kann nicht als Vortat
zu § 252 StPO angesehen werden. Als Hubertus F. die Tür zum Wohnzimmer
zu öffnen versuchte, war ihm unbekannt, daß R. die Waffe entwendet
hatte. Es ging weder F. darum, R. die entwendete Waffe wieder abzunehmen
noch ist belegt, daß R. , als er F. mit der mitgeführten Schreckschußwaffe
bedrohte, dabei in der Absicht (vgl. Tröndle/Fischer aaO § 252
Rdn. 9 m.N.) handelte, sich gegen die Abnahme der Diebesbeute zu wehren.
Vielmehr verfolgte er - zusammen mit G. - weiterhin das Ziel, den Schlüssel
zum Panzerschrank zu erhalten. Die Erwägung des Landgerichts, "die Angeklagten"
hätten auch gehandelt, um den Besitz "der bereits erlangten Beute" zu
ermöglichen, findet in den Feststellungen keine hinreichende Stütze.
bb) Den Angeklagten G. und Sch. war nach den Feststellungen
nicht bekannt, daß der Angeklagte R. die Schreckschußwaffe (und die Tasche)
an sich genommen hatte. Bei ihnen scheidet daher die Verurteilung wegen
räuberischen Diebstahls von vornherein aus.
c) Der Angeklagte R. ist deshalb des Diebstahls mit Waffen in Tateinheit
mit versuchtem schweren Raub gemäß §§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a,
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250 Abs. 2 Nr. 1, 22, 52 StGB, die Angeklagten G. und Sch. sind des versuchten
schweren Raubes nach §§ 250 Abs. 2 Nr. 1, 22 StGB schuldig. Der
Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen,
weil sich die Angeklagten nicht anders als geschehen hätten verteidigen
können.
Die Schuldspruchänderung führt bei allen Angeklagten zur Aufhebung
der Strafen, bei dem Angeklagten G. somit auch zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing Ernemann



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