BGH,
Beschl. v. 30.5.2008 - 2 StR 174/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 174/08
vom
30. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 30. Mai 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bonn vom 16. November 2007, soweit es ihn betrifft,
a) in der Urteilsformel dahin ergänzt, dass der Angeklagte im
Übrigen freigesprochen wird; insoweit fallen die Kosten des
Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse
zur Last,
b) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt;
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zudem hat es gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Höhe von
72.900 € angeordnet und insoweit auf eine gesamtschuldnerische
Haftung mit zwei Mitangeklagten erkannt.
Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge
gestützte Revisi-on des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in
dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349
Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne
von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Im Fall 9 der Urteilsgründe war der Angeklagte im
Übrigen freizusprechen.
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Mit der Anklageschrift vom 24. Juni 2007 und dem
Eröffnungsbeschluss vom 23. August 2007 war dem Angeklagten in
den Fällen 14 und 15 der Anklage zur Last gelegt worden, durch
zwei rechtlich selbständige Handlungen gegen das
Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben. Das
Landgericht hat diese Anklagepunkte als eine einheitliche Tat gewertet
und den Angeklagten auch insoweit wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge verurteilt. Dies bezog sich jedoch nur auf
seine Beteiligung an dem dem Fall 14 der Anklage zugrunde liegenden
Sachverhalt; in Übereinstimmung mit ihren Feststellungen weist
die Strafkammer in der rechtlichen Würdigung darauf hin, dass
der Angeklagte an dem weiteren Geschehen - Fall 15 der Anklage - nicht
mehr beteiligt war (UA 70). Bei dieser Sachlage hätte es den
Angeklagten hinsichtlich des weitergehenden Tatvorwurfs freisprechen
müssen, da ansonsten der Eröffnungsbeschluss nicht
erschöpft ist (vgl. BGHSt 44, 196, 202; BGH NJW 1992, 989;
991; bei Kusch NStZ 1993, 29 [Nr. 16]; Beschl. vom 20. Juni 2007 - 2
StR 181/07; Meyer-
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Goßner StPO 50. Aufl. § 260 Rdn. 13). Dies holt der
Senat mit der Kostenfolge aus § 467 Abs. 1 StPO nach.
2. Die Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 72.900
€ hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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Das Landgericht hat die Höhe des Geldbetrages nicht
nachvollziehbar begründet. Es ist "zu … Gunsten"
des Angeklagten von einem (Min- dest-)Verkaufspreis von 27 €
pro Gramm Kokain ausgegangen. Der Angeklagte war in den Fällen
6, 7 und 8 der Urteilsgründe an den
Betäubungsmittelgeschäften der Mitangeklagten J. und
B. beteiligt; die festgestellte Menge an von ihm eingeführtem
Kokain beläuft sich auf 671,97 Gramm. Bei einer Multiplikation
mit dem von der Strafkammer unterstellten Verkaufspreis pro Gramm
ergibt dies einen Erlös in Höhe von 18.143,19
€. Im Fall 9, der die Einfuhr und Lieferung von 2 kg Kokain
betraf, erzielte die Tätergruppe um den Angeklagten keinen
Erlös, da das Rauschgift vor der Bezahlung an den
Mitangeklagten B. sichergestellt wurde. Hierauf hat der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen.
Aus den bisher getroffenen Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass
die Forderung aus dem Drogengeschäft werthaltig gewesen
wäre (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199).
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Darüber hinaus begegnet es durchgreifenden Bedenken, dass die
Strafkammer ohne nähere Begründung davon ausgegangen
ist, der Angeklagte habe den gesamten Erlös aus den drei
Betäubungsmittelgeschäften gemäß
den §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB -
unmittelbar - erlangt. Erlangt ist ein Vermögensvorteil dann,
wenn der Tatbeteiligte die faktische (Mit-)Verfügungsgewalt
über den Gegenstand erworben hat (BGH NStZ 2003, 198 f.;
NStZ-RR 2007, 121; Beschl. vom 6. Februar 2008 - 2 StR 442/07; Fischer
StGB 55. Aufl. § 73 Rdn. 16). Dies hat das Landgericht in
Bezug auf den
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Gesamterlös der genannten
Betäubungsmittelgeschäfte nicht festgestellt. Dieser
Schluss ist nach den getroffenen Feststellungen auch nicht
offensichtlich. Danach war der Angeklagte nur für den
Transport der Drogen von den Niederlanden nach Deutschland
zuständig. Daraus allein kann nicht geschlossen werden, dass
der Angeklagte selbst die später von den Haupttätern
des Handeltreibens erzielten Erlöse auch nur zu seiner
Mitverfügungsgewalt erhalten hat (vgl. zu den
Kurierfällen BGHSt 36, 251; 51, 65, 68; BGH NStZ 2004, 440;
NStZ-RR 2007, 121). Als hinreichend sicher "erlangt"
gemäß den §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73
a Satz 1 StGB ist daher nach den bisher getroffenen Feststellungen nur
der jeweils vom Mitangeklagten J. an den Angeklagten
tatsächlich ausgezahlte Kurierlohn von 2 € pro Gramm
eingeführten Kokains (UA 15) anzusehen.
Der neue Tatrichter wird daher die Berechnung oder Schätzung
des Betrages des Wertersatzverfalls nachvollziehbar darzulegen und auch
die Härtevorschrift des § 73 c StGB erkennbar in
seine Überlegungen einzubeziehen haben.
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Rissing-van Saan Fischer Roggenbuck
Cierniak Schmitt |