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BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2003 - 5 StR 416/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 30.10.2003 - 5 StR 416/03
5 StR 416/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
30.10.2003
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
- 2 -
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30.10.2003
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Dresden vom 10. April 2003 nach
§ 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit
den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird
nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in sieben
Fällen und wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das hiergegen
gerichtete Rechtsmittel des Angeklagten, mit dem er die Verletzung
förmlichen und sachlichen Rechts rügt, hat zum Strafausspruch Erfolg; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sind bei der Strafzumessung die von
der Strafe für das künftige Leben des Täters ausgehenden Wirkungen zu
berücksichtigen. Insoweit bestimmende Umstände im Sinne des § 267 Abs. 3
Satz 1 StPO sind in den Urteilsgründen nachprüfbar darzulegen.
- 3 -
Einen für die Bemessung der Strafen wesentlichen Umstand in der
Person des Angeklagten erörtert der Tatrichter nicht. Zwar weist die Strafkammer
zu Gunsten des Angeklagten allgemein darauf hin, daß er aufgrund
seiner Behinderung gewisse Schwierigkeiten hatte, sein eigenes Leben zu
meistern (UA S. 35). Doch bleibt in diesem Zusammenhang gänzlich unerwähnt,
daß für den in mehrfacher Weise spastisch gelähmten, grundsätzlich
auf einen Rollstuhl angewiesenen und zudem erheblich sehbehinderten Angeklagten
gerade auch ein langjähriger Strafvollzug eine besondere Härte
bedeuten wird. Die gesteigerte Haftempfindlichkeit des Angeklagten hätte der
Tatrichter bei der Festsetzung der Strafen jedenfalls erörtern müssen.
Ergänzend weist der Senat auf folgendes hin: Der neue Tatrichter wird
bei der Bemessung der Strafen zu prüfen haben, ob dem Angeklagten über
eine Strafmilderung wegen des langen zeitlichen Abstandes zwischen den
Taten einerseits und dem Urteil andererseits hinaus ein Ausgleich wegen
einer möglichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes im Sinne des
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK zuzubilligen sein wird (vgl. dazu BGHR StGB
§ 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 13 m.w.N.). In diesem Fall hat der Tatrichter
die Verletzung des Beschleunigungsgebotes ausdrücklich festzustellen
und das Maß der dafür gebotenen Strafmilderung rechnerisch exakt zu
- 4 -
bestimmen (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verfahrensverzögerung 7, 12, 13). Der
Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts
in der Stellungnahme vom 17.09.2003.
Harms Häger Raum
Brause Schaal



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