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BGH, Beschluss vom 30. September 2004 - 4 StR 381/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 30.9.2004 - 4 StR 381/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 381/04    
vom
30. September 2004
in der Strafsache
gegen


wegen Untreue u.a.
 
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 30. September 2004 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Kaiserslautern vom 9. Juni 2004 mit den
Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 77 Fällen
verurteilt wor den ist;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehende Revision wird ver worfen.

 
 Gründe:
 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 77 Fällen und
wegen Verletzung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dr ei Jahren und neun Monaten ver urteilt. Mit
seiner hiergegen ger ichteten Revision r ügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts.
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Das Rechtsmittel ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, so-
weit sich der Angeklagte gegen die Verurteilung wegen Verletzung der Buch-
führungspflicht durch unter lassene Bilanzerstellung wendet; im übrigen hat das
Rechtsmittel Erfolg.


Die Verurteilung wegen Untreue in 77 Fällen zum Nachteil der S. -GmbH
hat keinen Bestand, weil insoweit möglicherweise ein Strafverfolgungshindernis
besteht.


a) Der Angeklagte war Geschäftsführer und Gesellschafter der S. -
GmbH, über der en Vermögen am 16. Mai 2002 durch Beschluß des Amtsge-
richts Zweibrücken wegen Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit ein Insol-
venzverfahren er öffnet wurde. In der Zeit vom 2. Januar 2001 bis zum
11. Februar 2002, in der der geständige Angeklagte nach den Feststellungen
insgesamt rund 1,1 Millionen DM aus dem Vermögen der S. - GmbH entnahm,
waren der Angeklagte, seine Ehefrau und seine Tochter Ö. Gesellschafter der
GmbH. Von den 77 Bargeldabhebungen des Angeklagten von Firmenkonten
der GmbH hatten seine Ehefrau und seine Tochter Ö. keine Kenntnis und wä-
ren damit - nach den Bekundungen der Ehefrau des Angeklagten - auch nicht
einverstanden gewesen, weil der Angeklagte mit den entnommenen Geldbe-
trägen Ausflüge in die Spielbank finanzierte.


b) Da die Mitgesellschafterinnen des Angeklagten - soweit ersichtlich -
keinen Strafantrag gestellt haben, besteht hinsichtlich der
77 Untreuehandlungen möglicherweise ein Strafverfolgungshindernis. Auch die
Gesellschafter einer GmbH sind als Ver letzte im Sinne des § 266 Abs. 2 i.V.m.
§ 247 StGB anzusehen (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926; BGH, Beschluß vom
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6. Juli 1999 - 4 StR 57/99; a.A. Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 122
unter Hinweis auf ein den früheren Untreuetatbestand des § 81 a GmbHG be-
treffendes Urteil des Senats vom 24. März 1955 - 4 StR 529/54). Das Fehlen
des danach gr undsätzlich erfor derlichen Strafantrages der Mitgesellschafterin-
nen des Angeklagten würde nur dann kein Strafverfolgungshindernis begrün-
den, wenn die Gewinnentnahmen zu einem im Rahmen des § 266 StGB be-
deutsamen Vermögensnachteil der GmbH selbst geführt hätten, denn zu der
geschädigten GmbH besteht keine privilegierende Beziehung im Sinne des
§ 247 StGB (vgl. BGH NJW 2003, 2924, 2926). Ein solcher Vermögensnachteil
der GmbH selbst liegt vor, wenn durch die Entnahmen eine konkrete Existenz-
gefährdung für die Gesellschaft entsteht ( vgl. BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW
2003, 2924, 2926, jew. m.w.N.), was insbesondere bei einem Angriff auf das
dur ch § 30 GmbHG geschützte Stammkapital der Fall ist (vgl. BGHR StGB
§ 266 Abs. 1 Nachteil 37; BGH NJW 2000, 154, 155) .


Die Annahme des Landgerichts, durch die Entnahmen des Angeklagten
sei das Stammkapital der S. -GmbH angegriffen und die Existenz der Gesell-
schaft gefähr det worden, ist durch die bisherigen Feststellungen jedoch nicht
belegt. Sie versteht sich, soweit es die Entnahmehandlungen im Jahre 2001
betrifft, schon deshalb nicht von selbst, weil die S. -GmbH in diesem Ge-
schäftsjahr nach den Feststellungen bei einem Umsatz von 5,3 Millionen DM
einen Gewinn von 601.467,99 DM erzielte. Da über das Vermögen der S. -
GmbH im Mai 2002 das Insolvenzver fahren eröffnet wurde, liegt es allerdings
nahe, daß jedenfalls die letzten Entnahmehandlungen zu einer konkreten Exi-
stenzgefährdung der Gesellschaft geführt haben. Den bisherigen Feststellun-
gen läßt sich jedoch nicht entnehmen, dur ch welche dieser Entnahmehandlun-
gen die Existenz der Gesellschaft erstmals konkret gefährdet wurde (zu den
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insoweit an die Feststellungen zu stellenden Anforderungen vgl. BGHSt 35,
333, 338).


Soweit der Angeklagte wegen Untreue verurteilt worden ist, bedarf die
Sache daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.


2. Die Aufhebung der Verur teilung wegen Untreue in 77 Fällen zieht die
Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.


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