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BGH, Beschluss vom 30. September 2008 - 5 StR 305/08


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 30.9.2008 - 5 StR 305/08
(alt: 5 StR 219/07)
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 30.9.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30.9.2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 26. März 2008 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Potsdam zurückverwiesen.
G r ü n d e
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Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Brandstiftung mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat mit Beschluss vom 17. Juli 2007 (BGH NStZ-RR 2007, 336 = StraFo 2007, 467) dieses Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Auf der Grundlage des dadurch auch hinsichtlich des Vorliegens der Mordmerkmale Heimtücke, niedrige Beweggründe und gemeingefährliche Begehungsweise rechtskräftig gewordenen Schuldspruchs hat das Landgericht den Angeklagten abermals zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt erneut zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
1. Die Erwägungen, mit denen das sachverständig beratene Landgericht eine relevante Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit des bei der Tat alkoholisierten Angeklagten ausschließt, sind lücken- und damit rechtsfehlerhaft.
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a) Zur Frage, ob bei dem Angeklagten eine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB vorliegt, erschöpfen sich die Ausführungen des Landgerichts im Wesentlichen in der Wiedergabe allgemeiner diagnostischer Kriterien für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung. Eine Bezugnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Angeklagten findet nur insoweit statt, als ausgeführt wird, dass „im Hinblick auf die Biographie des Angeklagten keine Rede von einer Persönlichkeitsstörung“ sein könne. Angesichts der sich aus den Feststellungen ergebenden zahlreichen auffälligen Persönlichkeitsmerkmale, die sich auch im Werdegang und seiner Vordelinquenz niedergeschlagen haben, wäre aber eine kritische Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit des Angeklagten und seiner Entwicklung, der Tat selbst und auch dem Nachtatgeschehen (vgl. BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 4, 9, 16, 24, 29) erforderlich gewesen, um die Würdigung, es liege keine schwere andere seelische Abartigkeit im Sinne des § 20 StGB vor, nachvollziehbar zu begründen.
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Zwar hat das Landgericht die Neigung zur Begehung von Brandstiftungen im Hinblick auf eine Impulskontrollstörung einer gesonderten Betrachtung unterzogen, diese aber nach Bezugnahme auf die diagnostischen Leitlinien für die pathologische Brandstiftung nach der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) wegen des Vorliegens eines Motivs für die Taten verneint. Dieser Wertung fehlt hinsichtlich der Vortaten schon die Tatsachengrundlage, da für sie - z. B. für das Anzünden eines Kaninchenstalls - ein erkennbares Motiv nicht mitgeteilt wird. Für die Anlasstat ist zwar ein Handeln aus Wut - der wegen der Enttäuschung durch die Zurückweisung des Brandopfers eine affektive Komponente innewohnte - und damit ein gewisser Beweggrund für die Tat festgestellt worden. Jedoch fehlt dazu, ob dies ein offensichtliches und erkennbares Motiv im Sinne der Nr. 1 der diagnostischen Leitlinien des ICD-10 zu F 63.1 - vergleichbar den dort genannten Motiven materieller Gewinn, Rache oder politischer Extremismus (ICD-10 6. Aufl. 2008) - darstellt, jegliche wertende Erörterung. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, da der Angeklagte die Zerstörung seiner eigenen
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Wohnung, deren Ordnung und Sauberkeit ihm besonders am Herzen lag, in Kauf genommen hatte und durch diesen massiv selbstschädigenden Aspekt die Tat einen motivatorisch kaum verständlichen, ganz unvernünftigen Charakter erlangt hat.
b) Auch die Verneinung einer alkoholbedingt erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit begegnet durchgreifenden Bedenken. So ist revisionsrechtlich bereits zu beanstanden, dass das Maß der alkoholischen Beeinträchtigung bei der Tat nicht festgestellt wird. Das Landgericht verweist lediglich darauf, dass keine vom Urteil im ersten Rechtsgang abweichenden Feststellungen - damals wurde eine Blutalkoholkonzentration von 2,52 Promille zugrunde gelegt - getroffen werden konnten. Hierbei übersieht es jedoch, dass die in Bezug genommenen Feststellungen von der Aufhebung durch den Senatsbeschluss vom 17. Juli 2007 erfasst worden sind.
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Soweit das Landgericht eine alkoholbedingt erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit im Hinblick auf die eigene Einschätzung des Angeklagten und sein Leistungsverhalten bei den Rettungs- und Löscharbeiten ausschließt, ist dies ebenfalls nicht tragfähig. Angesichts des Aussageverhaltens des Angeklagten, der sowohl die Tat und - obwohl er nach den Feststellungen mehrmals Blutalkoholkonzentrationen von deutlich über drei Promille aufwies - ein „Alkoholproblem“ leugnet, durfte das Landgericht dessen Angaben zur Auswirkung des genossenen Alkohols nicht ohne weiteres den Feststellungen zugrunde legen. Bei der Gewichtung des Nachtatverhaltens bleibt der Gesichtspunkt des möglichen Ernüchterungseffekts bei dem Angeklagten durch die plötzlich erkennbaren drastischen Folgen seines Handelns - der Dachstuhl brannte lichterloh und auch der Angeklagte musste aus seiner unmittelbar unter der Wohnung des Brandopfers gelegenen Wohnung fliehen - unerörtert.
Sollte das neue Tatgericht zu einer allein alkoholbedingt verminderten Steuerungsfähigkeit gelangen, wird zu beachten sein, dass an die Strafrah-
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menverschiebung angesichts der absoluten Androhung lebenslanger Freiheitsstrafe geringere Anforderungen zu stellen sind (BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 59; BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 40).
2. Da der Rechtsfolgenausspruch insgesamt der Aufhebung unterliegt, wird auch über die Maßregelfrage erneut zu entscheiden sein. Hierzu weist der Senat darauf hin, dass das Leugnen der Tat durch den Angeklagten kein zulässiger Anknüpfungspunkt gegen eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB darstellt.
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Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative StPO Gebrauch.
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