BGH,
Beschl. v. 31.8.2000 - 5 StR 349/00
5 StR 349/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 31. August 2000
in der Strafsache gegen
wegen Fälschung von Zahlungskarten u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2000
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Berlin vom 13. März 2000 nach § 349
Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge in dem
aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist sie im Sinne von § 349
Abs. 2 StPO unbegründet.
I.
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die
Verwendung der umprogrammierten Bankkarte ein Gebrauchen einer
Zahlungskarte als sonstiger Karte im Sinne des § 152a Abs. 1
Nr. 2, Abs. 4 StGB darstellt.
Die in der Literatur vertretene einschränkende Auslegung des
Tatbestandes, nach der erst die Benutzung von mindestens zwei
Zahlungskarten ein Gebrauchen im Sinne der Vorschrift darstellt
(Ruß in LK 11. Aufl. § 152a Rdn. 4 und Rudolphi in
SK-StGB § 152a Rdn. 6, jeweils unter zu weitgehender Berufung
auf die Kommentierung von Puppe NK-StGB § 152a Rdn. 14 zur
alten Fassung des § 152a StGB), überzeugt nicht.
Der Wortlaut der Norm zwingt nicht zu dieser Auslegung. Das
Strafgesetzbuch enthält seit seinem Inkrafttreten in vielen
Vorschriften des Besonderen Teils die Mehrzahl statt der Einzahl (z.B.
in §§ 130, 133, 145, 148, 149, 306, 314, 315, 315b,
318 StGB), ohne daß damit gesagt sein soll, es müsse
sich um eine Mehrheit handeln (RGSt 55, 101, 102).
Entstehungsgeschichte und Systematik stützen die gegenteilige
Auslegung (vgl. BTDrucks. 13/8557 S. 29 f.). Sinn und Zweck der Norm
sprechen ebenfalls gegen eine einschränkende Auslegung - wie
der zu beurteilende Fall besonders deutlich macht -, weil eine einzelne
Zahlungskarte wegen der bis zu ihrer Einziehung gegebenen
Wiederverwendungsmöglichkeiten über ein besonders
großes Gefährdungspotential für den
Zahlungsverkehr verfügt (im Ergebnis ebenso
Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. Rdn 4).
II.
Der gesamte Strafausspruch hat keinen Bestand. Das Urteil setzt sich
nämlich nicht mit der Frage auseinander, ob es sich bei den
Taten des Angeklagten um minder schwere Fälle im Sinne des
§ 152a Abs. 3 2. Alternative StGB gehandelt haben kann.
Für das Vorliegen eines minder schweren Falles ist
entscheidend, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller
subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom
Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden
Fälle in einem Maße abweicht, daß die
Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Zur
Prüfung dieser Frage ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich,
bei der alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen
sind, die für die Wertung des Täters und der Tat in
Betracht kommen (st. Rspr; vgl. BGHSt 26, 97, 98 f.; BGHR StGB vor
§ 1/minder schwerer Fall - Prüfungspflicht 1). Die
Feststellung des Tatrichters im Rahmen der Strafzumessung,
daß die Taten in schneller Frequenz begangen wurden und
professionell vorbereitet gewesen waren, machte hier eine derartige
Prüfung nicht entbehrlich. Gerade angesichts des sehr engen
zeitlichen, räumlichen und situativen Zusammenhangs der Taten
ist für die einzelnen Taten die Annahme eines minder schweren
Falles nicht von vornherein ausgeschlossen. Es bestehen vielmehr
erhebliche Gesichtspunkte, die für das Vorliegen eines minder
schweren Falles sprechen. Neben der Tatsache, daß zum
Großteil durch den Gebrauch der gefälschten
Bankkarte ein eher geringer Schaden entstanden ist, ist dies vor allem
der Umstand, daß sämtliche Taten innerhalb von nur
zwei Tagen erfolgt sind. Hinzu kommt, daß das Verhalten des
Angeklagten, welches die Qualifizierung der Taten als
gewerbsmäßig im Sinne von § 152 a Abs. 2
StGB rechtfertigt, überhaupt erst mit den
verfahrensgegenständlichen Taten begann und sich damit
ebenfalls insgesamt nur auf zwei Tage erstreckte.
Harms Häger Basdorf
Tepperwien Brause |