BGH,
Beschl. v. 31.7.2002 - 3 StR 495/01
StGB § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1
Nr. 4
Für die Beurteilung, ob ein Kennzeichen "zum Verwechseln
ähnlich" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ist,
kommt es nicht darauf an, daß das Original einen gewissen
Bekanntheitsgrad als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation hat.
BGH, Beschluß vom 31. Juli 2002 - 3 StR 495/01 - KG Berlin
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 31. Juli 2002
in der Strafsache gegen
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 31. Juli
2002 gemäß § 121 Abs. 2 GVG beschlossen:
Für die Beurteilung, ob ein Kennzeichen "zum Verwechseln
ähnlich" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ist,
kommt es nicht darauf an, daß das Original einen gewissen
Bekanntheitsgrad als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation hat.
Gründe:
I. Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a Abs. 1
Nr. 1, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB) zu einer
Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt und ein sichergestelltes
Stoffabzeichen eingezogen. Auf seine Berufung hat das Landgericht
dieses Urteil aufgehoben und ihn freigesprochen.
Nach den Feststellungen trug der Angeklagte beim Besuch einer
öffentlich zugänglichen Waffen- und
Sammlerbörse auf dem linken Ärmel seiner Jacke in
Oberarmhöhe für jedermann sichtbar ein
aufgenähtes Abzeichen aus schwarzem Stoff in Gestalt eines
gleichschenkligen Dreiecks, in das parallel zu allen drei
Rändern ein goldfarbener Streifen und zentriert innerhalb
dieser Streifen in goldfarbener Frakturschrift das Wort "Schlesien"
eingewirkt waren.
Während der Zeit des Nationalsozialismus trugen
Angehörige der Hitler-Jugend als Teil der Uniform auf dem
linken Oberarm ein schwarzes Stoffdreieck mit einer aufgestickten
goldfarbenen Umrandung. Innerhalb des Dreiecks befand sich die
zweizeilige Angabe der Organisationseinheit des
Uniformträgers, nämlich Obergebiet und Gebiet. In
Form und Größe entsprach das "Armdreieck" der
Hitler-Jugend dem vom Angeklagten getragenen Abzeichen.
Das Landgericht hat eine Straftat des Angeklagten verneint. Das von ihm
verwendete Abzeichen sei dem "Armdreieck" der Hitler-Jugend nicht "zum
Verwechseln ähnlich". Ein unbefangener Betrachter, der
über keine besonderen Kenntnisse verfüge, halte es
nicht für die Nachbildung des Kennzeichens der Hitler-Jugend,
weil er das Original nicht mehr kenne.
Gegen das Berufungsurteil hat sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer
Revision gewendet, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts
gerügt hat.
II. Das Kammergericht (vgl. NStZ 2002, 148) hält die Revision
für begründet und möchte das angefochtene
Urteil aufheben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverweisen.
Es ist der Ansicht, das vom Angeklagten getragene Abzeichen sei dem
"Armdreieck" der Hitler-Jugend und damit dem Kennzeichen einer
ehemaligen nationalsozialistischen Organisation "zum Verwechseln
ähnlich" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB.
Maßgeblich dafür sei, daß es nach dem
Gesamteindruck eines durchschnittlichen, nicht besonders sachkundigen
und nicht genau prüfenden Betrachters wegen seiner
charakteristischen Merkmale und des durch sie vermittelten
Symbolgehalts als Kennzeichen der Hitler-Jugend angesehen werden
könne. Auf einen gewissen Bekanntheitsgrad des Kennzeichens
und der ihm zuzuordnenden nationalsozialistischen Organisation komme es
nicht an.
An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich das Kammergericht durch
die Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 7.
Dezember 1998 (BayObLG NStZ 1999, 190, 191) und des Oberlandesgerichts
Dresden vom 19. Juni 2000 - 2 Ss 177/00 - (Leitsatz abgedruckt in
NStZ-RR 2001, 42 und NJ 2000, 551) gehindert, in denen die
Rechtsansicht vertreten wird, daß ein Kennzeichen dem
Originalkennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation nur dann
"zum Verwechseln ähnlich" sei, wenn zusätzlich ein
gewisser Bekanntheitsgrad des Kennzeichens als Symbol gerade einer
bestimmten, dem "Mann auf der Straße" als solcher bekannten
verfassungswidrigen Organisation bestehe (vgl. BayObLG aaO).
Das Kammergericht hat die Sache daher gemäß
§ 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung
über folgende Rechtsfrage vorgelegt:
"Ist ein Kennzeichen nur dann "zum Verwechseln ähnlich" im
Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB, wenn das zugrunde
liegende Original einen gewissen Bekanntheitsgrad als Symbol einer
bestimmten, jedem bekannten verfassungswidrigen Organisation hat?"
Der Generalbundesanwalt hat beantragt zu beschließen:
"Für die Beurteilung, ob ein Kennzeichen "zum Verwechseln
ähnlich" im Sinne des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB ist,
kommt es nicht darauf an, daß das zugrunde liegende Original
einen gewissen Bekanntheitsgrad als Symbol einer bestimmten, jedem
bekannten verfassungswidrigen Organisation hat."
III. Die Vorlegungsvoraussetzungen sind erfüllt. Das
Kammergericht kann nicht wie beabsichtigt entscheiden, ohne von den
tragenden Gründen der Beschlüsse des Bayerischen
Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Dresden abzuweichen.
Die diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalte sind dem hier
vorliegenden im wesentlichen gleich gelagert. In allen Verfahren ist
über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden, die nur einheitlich
beantwortet werden kann (vgl. BGHSt 29, 252, 254; 44, 107, 110).
IV. Die vorgelegte Rechtsfrage ist zu verneinen.
Ein Kennzeichen ist dem Originalkennzeichen einer verfassungswidrigen
Organisation "zum Verwechseln ähnlich" im Sinne von §
86 a Abs. 2 Satz 2 StGB, wenn es aus der Sicht eines nicht besonders
sachkundigen und nicht genau prüfenden Betrachters die
typischen Merkmale aufweist, welche das äußere
Erscheinungsbild des Kennzeichens einer der in § 86 Abs. 1 Nr.
1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen prägen,
und dadurch dessen Symbolgehalt vermittelt. Für die
Beurteilung der Verwechselungsgefahr kommt es nicht darauf an,
daß das Original einen gewissen Bekanntheitsgrad als Symbol
einer verfassungswidrigen Organisation hat. Soweit der
Beschluß des Senats vom 25. Oktober 1995 (vgl. NStZ 1996,
81), der zu § 86 a Abs. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4
StGB aF ergangen ist, dahin verstanden werden könnte,
daß das Kennzeichen einen bestimmten Bekanntheitsgrad als
Symbol einer verfassungswidrigen Organisation haben muß,
hält der Senat daran nicht fest.
1. Ausgangspunkt für die Beantwortung der vorgelegten
Rechtsfrage muß § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1
StGB sein, da § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB den in diesen
Vorschriften genannten Kennzeichen solche gleichstellt, die ihnen "zum
Verwechseln ähnlich" sind.
Nach § 86 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB i. V. m.
§ 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB macht sich strafbar, wer
vorsätzlich im Inland Originalkennzeichen einer ehemaligen
nationalsozialistischen Organisation verbreitet oder
öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten
Schriften verwendet. Auf einen gewissen Bekanntheitsgrad des
Kennzeichens als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation kommt es
dabei entgegen vereinzelten Meinungen in der Literatur (vgl.
Hörnle NStZ 2002, 113, 115; Weinmann NJ 1998, 522, 523) nicht
an (vgl. BayObLGSt 1998, 202, 203).
a) Diese Auslegung entspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Es
enthält weder in der Definition des Begriffs "Kennzeichen"
(§ 86 a Abs. 2 Satz 1 StGB) noch in der Auflistung der
verfassungswidrigen Organisationen (§ 86 a Abs. 1 Nr. 1 i. V.
m. § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB) Anhaltspunkte für
eine Beschränkung des Tatbestandes auf Kennzeichen und
Organisationen, denen eine gewisse Bekanntheit zukommt.
b) Eine einschränkende Auslegung wäre auch mit den
weit gespannten Schutzzwecken des § 86 a StGB, dessen
Schutzgüter der demokratische Rechtsstaat und der politische
Friede sind (vgl. Rudolphi in SK-StGB 53. Lfg. § 86 a Rdn. 1;
Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 86 a Rdn. 1), nicht
in Einklang zu bringen.
aa) Die Vorschrift richtet sich zunächst gegen eine
Wiederbelebung der verfassungswidrigen Organisation und der von ihr
verfolgten verfassungsfeindlichen Bestrebungen, auf die das Kennzeichen
symbolhaft hinweist. Es soll bereits jeder Anschein vermieden werden,
in der Bundesrepublik Deutschland gebe es eine rechtsstaatswidrige
politische Entwicklung in dem Sinne, daß
verfassungsfeindliche Bestrebungen in der durch das Kennzeichen
symbolisierten Richtung geduldet würden (vgl. BGHSt 25, 30,
33; 31, 383, 387; Laufhütte in LK 11. Aufl. § 86 a
Rdn. 1). Die öffentliche Verwendung des Kennzeichens einer
verfassungswidrigen Organisation begründet die Gefahr einer
solchen Wiederbelebung, weil in ihr ein werbendes Bekenntnis zu der
Organisation und deren verfassungsfeindlichen Zielen
unabhängig davon liegt, ob es einen gewissen Bekanntheitsgrad
als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation hat.
Dagegen läßt sich nicht einwenden, die
öffentliche Zurschaustellung weithin unbekannter Symbole sei
nicht geeignet, Aufregung in der Bevölkerung zu verursachen
oder eine negative Berichterstattung im Ausland zu provozieren (vgl.
Hörnle NStZ 2002, 113, 114 f.). Denn zum einen wird §
86 a StGB allgemein als abstraktes Gefährdungsdelikt
verstanden (vgl. BGHSt 23, 267, 268, 270; Stree/Sternberg-Lieben in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 86 a Rdn.
1), so daß der Tatbestand eine konkrete Gefährdung
des politischen Friedens nicht voraussetzt. Zum anderen ist es im
Interesse der Wahrung des politischen Friedens ein Anliegen, auch die
Verbreitung solcher Kennzeichen unter Strafandrohung zu verhindern, die
bei in- und ausländischen Beobachtern mit besonderer Sachkunde
den Eindruck hervorrufen können, in der Bundesrepublik
Deutschland würden rechtsstaatswidrige - insbesondere
rechtsradikale - Entwicklungen geduldet (vgl. BGHSt 25, 30, 33).
bb) Auch der weitere Schutzzweck des § 86 a StGB, die von der
Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation
ausgehende gruppeninterne Wirkung zu unterbinden, verbietet eine
einschränkende Auslegung: Neben der Werbung nach
außen erfüllen Kennzeichen eine wichtige
gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter
Überzeugungen. Ihre Verwendung erlaubt es Gleichgesinnten,
einander zu erkennen und sich als eine von "den anderen" abgrenzbare
Gruppe zu definieren (vgl. Hörnle NStZ 2002, 113, 114). Dabei
kommt es auf einen gewissen Bekanntheitsgrad des Kennzeichens als
Symbol einer verfassungswidrigen Organisation nicht an, weil die
Verfestigung gegenseitiger Bindungen Gleichgesinnter, denen der
Symbolgehalt des Kennzeichens bekannt ist, die naheliegende Gefahr
einer Wiederbelebung der verfassungswidrigen Organisation
begründet.
cc) Schließlich widerspräche eine
einschränkende Auslegung auch dem aus den Schutzzwecken
abgeleiteten Ziel des § 86 a StGB, Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen - ungeachtet der mit ihrer
Verwendung verbundenen Absichten - aus dem politischen Leben der
Bundesrepublik Deutsch- land zu verbannen (vgl. BGHSt 25, 30, 33;
BayObLG NStE Nr. 5 zu § 86 a StGB). Dies kann effektiv nur
erreicht werden, wenn sich die Strafandrohung des § 86 a StGB
auch gegen die Verwendung verhältnismäßig
unbekannter oder durch Zeitablauf weitgehend in Vergessenheit geratener
Kennzeichen richtet.
c) Eine Differenzierung nach dem Bekanntheitsgrad des Kennzeichens
hätte zudem erhebliche nachteilige Folgen für die
Rechtssicherheit und ist daher als strafbarkeitsbegründendes
Kriterium ungeeignet. Ob ein Kennzeichen einen gewissen
Bekanntheitsgrad als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation
aufweist, läßt sich nur schwer feststellen.
Außerdem kann sich sein Bekanntheitsgrad durch die
Berichterstattung in den Massenmedien innerhalb kürzester Zeit
ändern.
2. Bei der Verwendung des Kennzeichens einer verfassungswidrigen
Organisation, das zwar nicht exakt dem Original entspricht, diesem aber
"zum Verwechseln ähnlich" ist, kann für den
Bekanntheitsgrad des Originalkennzeichens als Symbol einer
verfassungswidrigen Organisation nichts anderes gelten. Es ist kein
Grund ersichtlich, warum die Verwendung eines solchen Kennzeichens
entgegen der ausdrücklichen Gleichstellung mit dem
Originalkennzeichen gemäß § 86 a Abs. 2
Satz 2 StGB nur unter einer zusätzlichen Voraussetzung
strafbar sein soll, die bei dessen Verwendung in unveränderter
Form keine Rolle spielt und die zudem das zugrunde liegende
Originalkennzeichen betrifft.
a) Für eine einschränkende Auslegung gibt der
Wortlaut des § 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB nichts her. Das
Tatbestandsmerkmal "zum Verwechseln ähnlich", das sich auch in
anderen Straftatbeständen wie etwa § 132 a Abs. 2,
§ 149 Abs. 1 Nr. 2 und § 275 Abs. 1 Nr. 2 StGB
findet, umschreibt seinem Wortlaut nach einen gesteigerten Grad
sinnlich wahrnehmbarer Ähnlichkeit. Maßgeblich ist,
ob nach dem Gesamteindruck eines durchschnittlichen, nicht genau
prüfenden Betrachters eine Verwechslung mit dem Original
möglich ist (vgl. BGH GA 1966, 279; BGH NStZ 1994, 124;
Cramer/Sternberg-Lieben in Schönke/ Schröder, StGB
26. Aufl. § 132 a Rdn. 13; Rudolphi in SK-StGB 46. Lfg.
§ 132 a Rdn. 11).
Das Wort "ähnlich" bezeichnet allgemein die objektiv
vorhandene Übereinstimmung in wesentlichen Vergleichspunkten.
Bei einem Kennzeichen, das seiner Funktion nach optisch wahrgenommen
werden soll, kommt es maßgeblich auf die das
äußere Erscheinungsbild prägenden Merkmale
an, in denen sich sein Symbolgehalt verkörpert. Diese
charakteristischen Merkmale haften dem Kennzeichen als solchem an, und
zwar unabhängig von der Person des Betrachters.
Soweit in Rechtsprechung und Literatur als Maßstab auf den
Gesamteindruck eines durchschnittlichen Betrachters abgestellt wird,
wird dadurch nur der geforderte Grad der Ähnlichkeit zwischen
den Vergleichsobjekten näher bestimmt. Einerseits braucht die
Übereinstimmung mit dem Originalkennzeichen nicht so weit zu
gehen, daß die Abweichungen nur von einem Fachmann nach
sorgfältiger Prüfung festgestellt werden
können. Andererseits genügt es aber nicht,
daß sich lediglich einzelne Merkmale des Vorbilds in der
Abwandlung wiederfinden, ohne daß dadurch einem unbefangenen
Betrachter, der das Original kennt, der Eindruck des
Originalkennzeichens vermittelt wird. Dagegen ist nach dem sprachlichen
Aussagegehalt des Tatbestandsmerkmals "zum Verwechseln
ähnlich" ein spezifisches Wissen des Betrachters, das ihm
über den reinen Wahrnehmungsvorgang hinaus eine politische,
historische oder juristische Einordnung des Wahrgenommenen
ermöglicht, nicht erforderlich (vgl. BayObLG, Urt. vom 5.
August 1997 - 2 St RR 126/97; OLG Brandenburg, Urt. vom 7. Februar 2001
- 1 Ss 87/00; Bartels/Kollorz NStZ 2000, 648, 649; Steinmetz NStZ 2002,
118, 119 f.; Dahm DRiZ 2001, 404, 414).
b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 86 a Abs. 2 Satz 2
StGB steht einer einschränkenden Auslegung entgegen.
Mit der Einfügung dieser Bestimmung in das Strafgesetzbuch
durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994
(BGBl I S. 3186) sollten zur wirksamen Verfolgung
verfassungsfeindlicher Umtriebe Strafbarkeitslücken
geschlossen werden (vgl. BTDrucks. 12/7960 S. 4; Dahs NJW 1995, 553,
554), nachdem die Anhänger nationalsozialistischen
Gedankengutes verstärkt dazu übergegangen waren, mit
leicht abgewandelten nationalsozialistischen Symbolen ihre
Zugehörigkeit zu dieser politischen Richtung zu dokumentieren
und ihre verfassungsfeindlichen Ansichten zu verbreiten. Die Ausweitung
des Tatbestandes sollte namentlich solche Symbole erfassen, die nur
geringfügig von den Originalkennzeichen verfassungswidriger
Organisationen abweichen, zugleich aber nach ihrem Eindruck auf einen
verständigen Beobachter deutlich an jene Kennzeichen erinnern
(BRDrucks. 887/92 S. 9). Ausdrücklich wurde dabei auf den
Umstand verwiesen, daß der Schutzzweck des § 86 a
StGB durch die nicht unter Strafe stehende Verwendung solcher
Ersatzkennzeichen, durch die sich die Anhänger
nationalsozialistischen Gedankengutes auf die geltende Rechtsordnung
eingestellt haben, in nicht geringerem Maße verletzt wird als
dies bei Verwendung der Originalkennzeichen der Fall ist (vgl.
BRDrucks. 887/92 S. 4 und BTDrucks. 12/7960 S. 4). Somit war eine
Ausweitung der Strafbarkeit, keinesfalls eine Einschränkung
gewollt (vgl. Bartels/Kollorz NStZ 2000, 648, 649), worauf die
Rechtsmeinung des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des
Oberlandesgerichts Dresden hinauslaufen würde.
c) Schließlich widerspräche eine
einschränkende Auslegung den oben dargestellten Schutzzwecken
des § 86 a StGB. Auch wenn der Bekanntheitsgrad des Originals
als Symbol einer verfassungswidrigen Organisation gering ist,
gefährdet die öffentliche Verwendung eines
unwesentlich abgewandelten Kennzeichens wegen der damit verbundenen
Gefahr einer Wiederbelebung der Organisation und der von ihr verfolgten
verfassungsfeindlichen Bestrebungen den politischen Frieden und den
demokratischen Rechtsstaat in gleicher Weise wie die Benutzung eines
entsprechenden Originals.
Tolksdorf Miebach Winkler von Lienen Becker
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