BGH,
Beschl. v. 31.3.2009 - 1 StR 83/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 83/09
vom
31. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. März 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Augsburg vom 5. November 2008 im Maßregelausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beleidigung in vier
Fällen, jeweils in Tateinheit mit Bedrohung und in einem Fall
in Tateinheit mit versuchter gefährlicher
Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem
Jahr verurteilt und die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus angeordnet. Die auf eine Verfahrensrüge und die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist
offensichtlich unbegründet, soweit sie den Schuld- und
Strafausspruch betrifft.
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Sie hat jedoch mit der Sachrüge hinsichtlich des
Maßregelausspruchs Erfolg. Insoweit hat der
Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 16. Februar 2009 u.a.
ausgeführt:
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„Eine Unterbringung nach § 63 StGB ist nur dann
zulässig, wenn zumindest die verminderte
Schuldfähigkeit nach § 21 StGB positiv festgestellt
ist. Zur Prüfung der Voraussetzungen von §§
20, 21 StGB fehlt schon die genaue Einordnung der von der Strafkammer
angenommenen Persönlichkeitsstörung (UA S. 13/14) in
eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB. Außerdem
legt der Tatrichter nicht ausreichend dar, dass die nicht hirnorganisch
bedingte (UA S. 13) Persönlichkeitsstörung von
derartiger Schwere ist, dass sie die nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs erforderlichen Auswirkungen auf das Leben des
Angeklagten aufweist (vgl. Senat in BGHSt 49, 45). Die
Ausführungen der Strafkammer dazu sind nicht ausreichend (UA
S. 14).
Ferner hat die Strafkammer eine verminderte Schuldfähigkeit
gemäß § 21 StGB wegen
Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit des
Angeklagten bejaht (UA S. 14, 16). Das ist unzutreffend. Die
Einsichtsfähigkeit ist entweder vorhanden, dann ist der
Täter voll schuldfähig, oder sie fehlt, dann liegt
Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB vor (vgl. BGHSt 21,
27). Dass die Strafkammer irrtümlich auf
Einsichtsfähigkeit abgehoben hat, obwohl sie eine
eingeschränkte Steuerungsfähigkeit begründen
wollte, ist aus den schriftlichen Urteilsgründen nicht zu
erkennen, weil darin mehrfach die verminderte
Einsichtsfähigkeit benannt wird (UA S. 3, 14, 15, 16).
Die unzureichenden Ausführungen zur (verminderten)
Schuldfähigkeit erfassen die angeordnete Maßregel.
Dass der Fehler auch unmittelbare Auswirkungen auf die
Strafrahmenbestimmung und die Straffestsetzung hat und der Angeklagte
dadurch beschwert ist,
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wird der Senat ausschließen können. Deshalb
können die verhängten Strafen bestehen bleiben.
Der Schuldspruch wird von dem Fehler nicht berührt. Es ist
nach den Feststellungen auszuschließen, dass eine
völlige Schuldunfähigkeit vorliegt (UA S. 14, 18),
zumal da der Angeklagte offenbar in der Lage ist, seine Auffassung auch
in angemessener Weise schriftlich gegenüber staatlichen
Stellen vorzutragen (UA S. 13). Auch die Revision zielt mit ihrer die
Maßregel betreffenden formellen Rüge offenbar nicht
auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 20 StGB
ab.“
Dem tritt der Senat bei. Danach bedarf die Maßregelfrage der
Prüfung durch das neue Tatgericht.
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Nack Elf Graf
Jäger Sander |