BGH,
Beschl. v. 4.4.2006 - 4 StR 60/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 60/06
vom 4.4.2006
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4.04.2006
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 19.12.2005 im Maßregelausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu
neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird
verworfen. Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er allgemein das Verfahren
beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das
Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch Erfolg; im
Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO. 1 1. Die Überprüfung des Urteils auf
Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch
keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit
verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1.03.2006. 2
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2. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des
Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB)
der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 3 Allerdings begegnet
das angefochtene Urteil keinen rechtlichen Bedenken, soweit das
Landgericht - darin dem gehörten psychiatrischen
Sachverständigen folgend - angenommen hat, dass der Angeklagte
die Raubtat in einem durch eine schizoaffektive Psychose oder
paranoid-halluzinatorische Schizophrenie bedingten, nicht nur
vorübergehenden Zustand erheblich verminderter
Steuerungsfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Weiter
setzt die Unterbringungsanordnung nach der Rechtsprechung jedoch
voraus, dass die Gefährlichkeit des Täters in einem
symptomatischen, kausalen Zusammenhang mit dem die Anlasstat
verursachenden oder mitverursachenden Defektzustand im Sinne der
§§ 20, 21 StGB steht. Der gefährliche
Zustand des Täters muss danach dergestalt in der Anlasstat
seinen Ausdruck finden, dass auch die für die Zukunft zu
erwartenden Taten sich als Folgewirkung eben dieses Zustandes
darstellen, weil nur dann die Anlasstat Indizwirkung für die
Gefährlichkeitsprognose entfalten kann (st. Rspr.; BGH NJW
1998, 2986; NStZ-RR 1998, 174; BGHR StGB § 63 Tat 4). 4 Ein
solcher kausaler, symptomatischer Zusammenhang zwischen der
diagnostizierten Störung und der abgeurteilten Raubtat, bei
der der Angeklagte dem geschädigten Juwelier unter Bedrohung
mit einer mit Schalldämpferattrappe versehenen
Spielzeugpistole und nach einem Faustschlag ins Gesicht einen
wertvollen Ring entwendete, ist nach den bisher getroffenen
Feststellungen nicht erkennbar. Das Landgericht ist dem Angeklagten
zwar darin gefolgt, der eigentliche Grund, weshalb er am Tattag das
Juweliergeschäft aufgesucht habe, sei gewesen, dass er
"Stimmen" gehört habe, die ihm befohlen hätten zu 5
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verhindern, dass der Geschädigte ein in dem Laden befindliches
Madonnenbild verkauft (UA 4). Dass diese "überwertige Idee"
(UA 8) sich auf den Entschluss, den Ring zu rauben, ausgewirkt haben
kann, ist jedoch nicht dargetan und versteht sich auch nicht von
selbst. Über die Maßregelanordnung ist deshalb neu
zu entscheiden. Dabei wird der neue Tatrichter, sofern er erneut zur
Anordnung nach § 63 StGB gelangt, auch Gelegenheit haben, die
im angefochtenen Urteil im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose
lediglich pauschal mitgeteilten „deutlichen fremdaggressiven
Tendenzen“, die der Angeklagte gezeigt habe (UA 11),
näher zu konkretisieren. Dessen hätte es hier schon
deshalb bedurft, weil der Angeklagte bisher nicht durch Gewaltdelikte
in Erscheinung getreten ist. 6 Im Übrigen weist der Senat
für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass die
gebotene Aufhebung der den Maßregelausspruch betreffenden
"zugehörigen" Feststellungen auch die der
Schuldfähigkeitsbeurteilung durch das Landgericht zu Grunde
liegenden Feststellungen erfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Januar
2004 - 4 StR 539/03). Ungeachtet deren Doppelrelevanz 7
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bleibt der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils hiervon
jedoch unberührt. Denn eine vollständige Aufhebung
der Schuldfähigkeit scheidet hier von vornherein aus; durch
die Annahme der Voraussetzungen des § 21 StGB ist der
Angeklagte bei der Strafzumessung aber nicht beschwert (vgl.
Senatsbeschluss aaO).
Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible |