BGH,
Beschl. v. 4.8.2009 - 3 StR 174/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 174/09
vom
4. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 4. August
2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel
vom 30. September 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels und die den
Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen
Missbrauchs von Kindern in 17 Fällen, davon in einem Fall in
Tateinheit mit Erwerb, Besitz und Verbreitung kinderpornographischer
Schriften, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14
Fällen, Besitzes kinderpornographischer Schriften in zwei
Fällen und Verbreitung pornographischer Schriften in sechs
Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren
verurteilt. Weiter hat es den Angeklagten zur Zahlung eines
Schmerzensgeldes an die Nebenklägerinnen verurteilt und seine
weitere Schadenersatzpflicht gegenüber zwei der
Nebenklägerinnen dem Grunde nach festgestellt.
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Hiergegen wendet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen
Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel
hat mit der Verfahrensrüge Erfolg; auf die Sachrüge
kommt es daher nicht an.
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I.
Mit Recht beanstandet der Beschwerdeführer die nicht
vorschriftsmäßige Besetzung des erkennenden Gerichts
(§ 338 Nr. 1 StPO).
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1. Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
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a) Die Staatsanwaltschaft klagte den in Untersuchungshaft befindlichen
Beschwerdeführer am 13. August 2007 zur Jugendschutzkammer an.
Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts
für 2007 war für die Verhandlung und Entscheidung die
2. Große Strafkammer zuständig. Diese setzte den
Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer am 2. Oktober 2007
außer Vollzug. Der Geschäftsverteilungsplan
für 2008 behielt ihre Zuständigkeit bei.
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Am 13. März 2008 zeigte die 2. Große Strafkammer
ihre Überlastung an. Sie werde nicht in der Lage sein, einige
ältere Verfahren in absehbarer Zeit zu terminieren, darunter
auch erstinstanzliche Sachen, in denen Haftbefehle außer
Vollzug gesetzt worden seien. Nahezu ständig verhandle sie
mehrere umfangreiche Haftsachen nebeneinander. In vier Verfahren habe
sie derzeit Termin auf Anfang April 2008 bestimmt mit Verhandlungstagen
über den gesamten Monat hinweg; in zwei dieser Verfahren
müsse darüber hinaus bis Ende Juni bzw. Juli 2008
verhandelt werden. Der Eingang zweier weiterer Haftsachen sei zu
erwarten.
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Hierauf beschloss das Präsidium des Landgerichts am 28./29.
April 2008:
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"Zur Entlastung der 2. gr. Strafkammer (Jugend- und Jugendschutzkammer
I) wird mit Wirkung vom 1. 5. 2008 eine
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gr. Hilfsstrafkammer gebildet, welche die Bezeichnung 20. gr.
Hilfsstrafkammer (Jugend- und Jugendschutzkammer III) erhält.
Die 20. gr. Hilfsstrafkammer bearbeitet alle in den Jahren 2006 und
2007 bei der 2. gr. Strafkammer eingegangenen und noch nicht
terminierten zweitinstanzlichen Jugendschutzsachen."
b) Am 9. Mai 2008 setzte die 2. Große Strafkammer den
Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer wieder in Vollzug. Das
Präsidium befasste sich am 30. Mai 2008 erneut mit deren
Belastung und beschloss:
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"Die 20. gr. Hilfsstrafkammer bearbeitet alle bis zum 31. 12. 2007
eingegangenen erstinstanzlichen Verfahren der 2. gr. Strafkammer, in
denen zur Zeit Untersuchungshaft vollzogen wird und in denen noch kein
Termin zur Hauptverhandlung bestimmt worden ist."
Der Beschluss betraf nur das gegenständliche Verfahren. Nach
dessen Abgabe durch die 2. Große Strafkammer bestimmte die
20. Hilfsstrafkammer Termin zur Hauptverhandlung auf den 3. September
2008 mit Folgetagen.
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Über den Wortlaut der vorgenannten Beschlüsse hinaus
enthalten die Akten des Präsidiums nur die
Überlastungsanzeige vom 13. März 2008. Der
Präsident des Landgerichts teilte dem
Beschwerdeführer am 28. August 2008 auf Anfrage mit, die
Beschlüsse beruhten auf "einer vorübergehenden
Überlastungssituation der 2. großen Strafkammer im
Frühjahr 2008, die vor allem auf ein Großverfahren
zurückzuführen gewesen ist".
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c) In der Hauptverhandlung am 3. September 2008 erhob der
Beschwerdeführer vor seiner Einlassung zur Sache den
Besetzungseinwand gemäß § 222 b Abs. 1
StPO. Mit der Zuweisung des Verfahrens an die 20. Hilfsstraf-
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kammer habe ihn das Präsidium seinem gesetzlichen Richter, der
2. Großen Strafkammer, entzogen. Mangels ausreichender
Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen erwecke
der Beschluss vom 30. Mai 2008 den Anschein einer
willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung. Es werde
nicht ersichtlich, ob seine erneute Inhaftierung die 2. Große
Strafkammer in eine Lage brachte, in der rechtsstaatswidrige
Verfahrensverzögerungen absehbar waren, gegebenenfalls, ob die
Einzelzuweisung seines Verfahrens an die 20. Hilfsstrafkammer geeignet
war, dem abzuhelfen.
Die 20. Hilfsstrafkammer wies den Besetzungseinwand in der
Hauptverhandlung am 16. September 2008 als unbegründet
zurück. Ein Geschäftsverteilungsplan könne
auch während des laufenden Geschäftsjahres
geändert werden, wenn dies wegen Überlastung eines
Spruchkörpers notwendig werde. Die
Überlastungsanzeige vom 13. März 2008, die beiden
Präsidiumsbeschlüssen zugrunde liege, belege diese
Notwendigkeit. Noch bevor die am 28./29. April 2008 beschlossene
Entlastung gegriffen habe, sei das gegenständliche Verfahren
unvorhersehbar zur drängenden Haftsache geworden, was weitere
Maßnahmen erfordert habe. Beide Beschlüsse seien
erkennbar von dem Bemühen getragen, einen ausgewogenen
Ausgleich zwischen Beschleunigung und dem Prinzip des gesetzlichen
Richters zu finden. Dass das Präsidium sachfremde Ziele
verfolgt hätte, werde nicht ersichtlich.
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2. Die Rüge hat Erfolg.
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a) Sie ist zulässig, denn sie ist weder wegen unzureichender
Substantiierung des in der Hauptverhandlung rechtzeitig erhobenen
Besetzungseinwands präkludiert (§§ 222 b
Abs. 1 Satz 2, 338 Nr. 1 Buchst. b StPO) noch verfehlt sie die
Anforderungen an ihre Begründung in der Revision (§
344 Abs. 2 Satz 2
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StPO). Der Beschwerdeführer hat die
Überlastungsanzeige, die
Präsidiumsbeschlüsse und die ihm vom
Präsidenten des Landgerichts hierzu erteilte Auskunft jeweils
im Wortlaut mitgeteilt. Er hat damit alle Umstände
vorgebracht, die ihm zu den Hintergründen der
Übertragung des Verfahrens auf die Hilfsstrafkammer
zugänglich waren. Seinerseits weitergehende Tatsachen zu
ermitteln und so substantiiert vorzutragen, dass der
Präsidiumsbeschluss vom 30. Mai 2008 auf seine materielle
Rechtmäßigkeit überprüft werden
kann, war er in Anbetracht der Begründungspflicht des
Präsidiums hier nicht gehalten (BGH, Urt. vom 9. April 2009 -
3 StR 376/08 - Rdn. 23 ff., 27).
b) Die Besetzungsrüge ist auch begründet.
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aa) Gemäß § 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG darf das
Präsidium die nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift getroffenen
Anordnungen im Laufe des Geschäftsjahres ändern, wenn
dies wegen Überlastung eines Spruchkörpers
nötig wird. Eine solche liegt vor, wenn über einen
längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der
Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist,
sodass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen
Zeitraumes nicht zu rechnen ist und sich die Überlastung daher
als so erheblich darstellt, dass der Ausgleich nicht bis zum Ende des
Geschäftsjahres zurückgestellt werden kann (BGH aaO
Rdn. 9 m. w. N.). Eine nachträgliche Änderung der
Geschäftsverteilung kann auch verfassungsrechtlich geboten
sein, wenn nur auf diese Weise die Gewährung von Rechtsschutz
innerhalb angemessener Zeit, insbesondere eine beschleunigte Behandlung
von Strafsachen, erreicht werden kann. Das Beschleunigungsgebot
lässt indes das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht
vollständig zurücktreten. Vielmehr besteht Anspruch
auf eine zügige Entscheidung durch diesen. Daher muss in
derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den
gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot ei-
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ner funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem
verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz zu einem angemessenen
Ausgleich gebracht werden (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734 f.).
Zu den vor diesem Hintergrund zulässigen und unter den
genannten Voraussetzungen auch gebotenen
Änderungsmaßnahmen des Präsidiums im Sinne
von § 21 e Abs. 3 GVG zählt auch die Einrichtung
einer Hilfsstrafkammer (BGH aaO Rdn. 10). Die mit der Errichtung einer
Hilfsstrafkammer verbundene Übertragung von Aufgaben der
ordentlichen Strafkammer hat aber denselben Grundsätzen zu
folgen, die für Regelungen der Geschäftsverteilung
schlechthin gelten. Insbesondere ist auch insoweit das
Abstraktionsprinzip zu beachten, das die Zuweisung von Aufgaben nach
allgemeinen, sachlichobjektiven Merkmalen fordert. Eine spezielle
Zuweisung bestimmter einzelner Verfahren ist unzulässig. Nach
diesen Maßstäben steht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG
einer Änderung des zuständigen Spruchkörpers
auch für bereits anhängige Verfahren jedenfalls dann
nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, also etwa
außer mehreren anhängigen Verfahren auch eine
unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle
erfasst, und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht (BVerfG
NJW 2003, 345; 2005, 2689, 2690 m. w. N.). In Ausnahmefällen
kann aber auch eine Änderung der Geschäftsverteilung
zulässig sein, die der Hilfsstrafkammer
ausschließlich bereits anhängige Verfahren
überträgt, wenn nur so dem verfassungs- und
konventionsrechtlichen Beschleunigungsgebot insbesondere in Haftsachen
(s. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs., Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK)
angemessen Rechnung getragen werden kann (BVerfG NJW 2009, 1734, 1735).
Gleichgültig, ob der Hilfsstrafkammer ausschließlich
anhängige Verfahren oder daneben auch zukünftig
eingehende Verfahren zugewiesen werden, muss jedoch jede Umverteilung
während des laufenden Geschäftsjahres, die bereits
anhängige Verfahren erfasst, geeignet sein, die Effizienz des
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Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Denn
Änderungen der Geschäftsverteilung, die diesen
Anforderungen nicht genügen, sind nicht im Sinne des
§ 21 e Abs. 3 Satz 1 GVG nötig und können
vor Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Bestand haben (BVerfG NJW 2005,
2689, 2690).
Obwohl die Umverteilung von Geschäftsaufgaben auf eine
Hilfsstrafkammer nach diesen Maßstäben
grundsätzlich zulässig ist, birgt sie doch stets
erhebliche Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot der
Gewährleistung des gesetzlichen Richters in sich. Dies gilt in
besonderem Maße bei Überleitung bereits bei der
überlasteten ordentlichen Strafkammer anhängiger
Verfahren in die Zuständigkeit der Hilfsstrafkammer, weil dann
schon eine anderweitige Zuständigkeit konkretisiert und
begründet worden war. Daher ist es in solchen Fällen
geboten, die Gründe, die eine derartige Umverteilung
erfordern, zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten - jedenfalls
auf Verlangen - zur Kenntnis zu geben, um "dem Anschein einer
willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung" entgegen zu
wirken (BVerfG NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734, 1735). Der
Präsidiumsbeschluss muss so detailliert begründet
sein, dass eine Prüfung seiner
Rechtmäßigkeit möglich ist; von Verfassungs
wegen sind Regelungen der Zuständigkeit, anders deren
Anwendung, nicht lediglich am Maßstab der Willkür,
sondern auf jede Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen
(BVerfG NJW 2005, 2689, 2690 f.; BGH aaO Rdn. 17).
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bb) Diesen Anforderungen wird der Präsidiumsbeschluss vom 30.
Mai 2008 nicht gerecht.
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Dahinstehen kann, ob der Beschluss des Präsidiums vom 28./29.
April 2008, durch den die 20. Hilfsstrafkammer errichtet wurde, in der
Überlastungsanzeige der 2. Großen Strafkammer vom
13. März 2008 eine hinreichend do-
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kumentierte Begründung findet. Jedenfalls fehlt eine den
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Dokumentation
der Gründe, die für den Präsidiumsbeschluss
vom 30. Mai 2008, mithin für die Übertragung des
gegenständlichen Verfahrens auf die Hilfsstrafkammer,
maßgeblich waren. Die Überprüfung, ob
dieser Beschluss rechtmäßig war, ist deshalb nicht
möglich.
Ob der Beschluss stillschweigend auf die Überlastungsanzeige
vom 13. März 2008 Bezug nimmt, kann ebenfalls offen bleiben.
Schon nach ihrem Inhalt bietet diese Anzeige keine Erklärung
dafür, dass die 2. Große Strafkammer trotz der am
28./29. April 2008 beschlossenen Entlastung nicht in der Lage war, das
gegenständliche Verfahren innerhalb einer dem
Beschleunigungsgebot genügenden Zeitspanne zu verhandeln. Sie
legt vielmehr nahe, dass am 30. Mai 2008 zwei der ab Anfang April 2008
verhandelten Sachen bereits abgeschlossen waren und der Abschluss der
beiden anderen in wenigen Wochen bevorstand. Ungewiss bleibt, ob die
erwarteten weiteren Haftsachen eingegangen waren und welchen Umfang sie
gegebenenfalls hatten. Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob die
Übertragung des Verfahrens auf die 20. Hilfsstrafkammer
ungeachtet der drei Monate, die noch bis zum Beginn der
Hauptverhandlung verstrichen, geeignet war, das Verfahren zu
beschleunigen.
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Zwar kann das Präsidium bis zur Entscheidung über
einen nach § 222 b StPO erhobenen Besetzungseinwand
Mängel in der Begründung seines Beschlusses beheben,
indem es diesen durch ergänzenden, die Gründe
für die Umverteilung dokumentierenden Beschluss
bestätigt (BGH aaO Rdn. 20). Auch wenn die Auskunft des
Präsidenten des Landgerichts vom 28. August 2008 auf einem
solchen ergänzenden Beschluss beruht haben sollte,
ermöglichte sie indes ebenso wenig wie die
Überlastungsanzeige eine Überprüfung der
Maßnahme auf ihre Rechtmäßigkeit. Mit der
Anzeige im Ergebnis übereinstimmend
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offenbart sie lediglich eine vorübergehende
Überlastung der 2. Großen Strafkammer im
Frühjahr 2008.
Nach alledem bedarf es keiner näheren Erörterung, ob
die Besetzungsrüge allein auch unter dem Aspekt Erfolg haben
müsste, dass es sich bei der Übertragung der
vorliegenden Sache auf die 20. Hilfsstrafkammer um eine
unzulässige Einzelzuweisung handelte.
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II.
Für die neue Hauptverhandlung geben die Urteilsgründe
Anlass zu folgenden Hinweisen:
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Fälle A 1 und 2: Besitz nach § 184 b Abs. 4 Satz 2
StGB tritt hinter die in der Herstellung liegende Besitzverschaffung
gemäß Satz 1 zurück (BGH NStZ 2009, 208).
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Fall B 1: Werden die gefertigten Bilder Personen unter 18 Jahren
zugänglich gemacht (Fälle C 4, C 5, D 17, E 1), liegt
darin ein Verbreiten nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 StGB; hiervon
wird Nr. 8 dieser Vorschrift verdrängt (Fischer, StGB 56.
Aufl. § 184 Rdn. 46).
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Fall B 2: Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176
a Abs. 3 StGB setzt die Absicht des Täters voraus, die Tat zum
Gegenstand einer pornographischen Schrift zu machen, die nach
§ 184 b Abs. 1 bis 3 StGB verbreitet werden soll. Ein
Verbreiten im Sinne von § 184 b Abs. 1 Nr. 1 StGB ist bei der
Weitergabe (je) eines einzelnen Exemplars der Schrift nur gegeben, wenn
der Täter zumindest damit rechnet, dass das Werk im Anschluss
einer
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größeren, nicht mehr kontrollierbaren Zahl von
Personen zugänglich gemacht werde (BGHSt 19, 63, 71); die
regelmäßig ohnehin bestehende abstrakte Gefahr der
Weitergabe durch den Dritten genügt nicht. Sollte dies in der
neuen Hauptverhandlung nicht festgestellt werden können,
könnte eine Strafbarkeit nach § 176 a Abs. 3 StGB
über die Verweisung auf § 184 b Abs. 2 StGB
eröffnet sein. Denn § 176 a Abs. 3 StGB verwendet den
Begriff des Verbreitens nicht im engeren Sinne des § 184 b
Abs. 1 Nr. 1 StGB, sondern nimmt auf die gesetzliche
Überschrift dieser Norm Bezug (vgl. Fischer aaO § 176
a Rdn. 15; § 184 b Rdn. 8). Kraft Verweisung auf §
184 b Abs. 2 StGB erfasst § 176 a Abs. 3 StGB deshalb auch
Tathandlungen, die nur in der Absicht vorgenommen werden, einem anderen
den Besitz an der Schrift zu verschaffen, ohne dass zugleich
Verbreitungsabsicht nach § 184 b Abs. 1 StGB besteht. Da der
Verweisung auf § 184 b Abs. 2 StGB deshalb durchaus
eigenständige Bedeutung zukommen kann, erscheint sie auch
nicht als bloßes gesetzgeberisches Versehen (so aber Wolters
in SK-StGB § 176 a Rdn. 23). Tateinheitlich kann zu §
176 a Abs. 3 StGB, soweit nicht von § 154 a StPO Gebrauch
gemacht wird, ein Sichverschaffen von kinderpornographischen Schriften
nach § 184 b Abs. 4 Satz 1 StGB hinzutreten (BGHSt 43, 366,
367).
Fälle B 3, B 11, D 16: § 176 StGB schützt
die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes, somit ein
persönliches Rechtsgut. Ist die auf ein Kind bezogene
Tathandlung nach § 176 Abs. 1 StGB gleichzeitig eine solche
nach § 176 Abs. 4 Nr. 1 StGB vor einem anderen Kind, stehen
deshalb beide Tatbestände in Tateinheit (vgl. Fischer aaO
§ 176 Rdn. 43).
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Fälle D 1, D 3, D 12, D 13 bis 15: Aus demselben Grund
führt auch eine gleichartige und gleichzeitige Tathandlung zum
Nachteil mehrerer Kinder nicht
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zu einem einheitlichen Delikt, sondern zu tateinheitlicher Begehung in
der entsprechenden Zahl von Fällen.
Fall E 2: Allein die Bezeichnung "Pornofilm" ist keine hinreichende
Feststellung, dass der Film sexualbezogenes Geschehen in
pornographischer Form darstellt.
30
VRiBGH Becker und
RiBGH von Lienen be-
finden sich in Urlaub
und sind daher gehindert
zu unterschreiben.
Sost-Scheible Sost-Scheible
Hubert Mayer |