BGH,
Beschl. v. 4.12.2001 - 4 StR 492/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 492/01
vom
4. Dezember 2001
in der Strafsache gegen
wegen versuchten schweren Raubes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 4.
Dezember 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster - Strafkammer bei dem Amtsgericht Bocholt - vom 26.
Juni 2001 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung
der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen
worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen
versuchten schweren Raubes" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision,
mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. 13
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat
zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben.
Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht
geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß
§ 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die
Erörterung dieser Frage drängte sich hier auf:
Nach den Urteilsfeststellungen konsumierte der Angeklagte seit seiner
Entlassung aus der Armee Marihuana, Haschisch und Opium. Eine noch in
Kasachstan durchgeführte Entgiftung hatte keinen dauerhaften
Erfolg. Bereits einen Monat nach seiner Einreise in die Bundesrepublik
Deutschland im August 2000 begann er mit dem Konsum von Heroin, wobei
er nach seiner unwiderlegten Einlassung täglich etwa ein Gramm
Heroin zu sich nahm. Am Morgen des Tattages hatte der Angeklagte
Entzugserscheinungen; die abgeurteilte Tat sollte der Erbeutung von
Bargeld zum Zweck des Heroinerwerbs dienen.
Angesichts dieser Feststellungen lag die Anordnung der Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Daß bei dem
Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges
nicht besteht (vgl. BVerfGE 91, 1 ff = NStZ 1994, 578), ist den
Urteilsgründen nicht zu entnehmen, insbesondere steht die
erfolglose Entgiftung in Kasachstan, die der Angeklagte selbst als
"schlecht" bezeichnet hat (UA 5), nicht entgegen. Das Landgericht
hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von
der Unterbringung abgesehen hat (vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363).
Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die
Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2
Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5).
Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils, soweit
die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist. Der Senat kann
ausschließen, daß der Tatrichter bei Anordnung der
Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Der
Strafausspruch kann daher bestehen bleiben.
Eine Erstreckung der Aufhebung gemäß § 357
StPO auf den Mitangeklagten, bei dem ebenfalls eine Drogensucht
festgestellt wurde, der jedoch keine Revision eingelegt hat, scheidet
aus, da die Entscheidung nach § 64 StGB bei jedem Angeklagten
auf individuellen Erwägungen beruht (BGHR StPO § 357
Erstreckung 4 m.w.N.).
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovic Ernemann |