BGH,
Beschl. v. 4.6.2003 - 2 StR 139/03
2 StR 139/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
4. Juni 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Angeklagten am 4. Juni 2003
gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau
vom 16. Januar 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier
Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun
Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte
die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Das angefochtene Urteil hat keinen Bestand, weil das Landgericht den
Angeklagten ohne nähere Begründung als
Mittäter des Handeltreibens angesehen hat, obwohl nach dem
festgestellten Tatgeschehen hätte erörtert werden
müssen, ob die Tatbeiträge des Angeklagten nicht
lediglich als Beihilfe zu werten sind.
Der Angeklagte konsumierte Haschisch. Sein Lieferant Ö. fragte
ihn, ob er sich etwas hinzuverdienen wolle, indem er in seinem Keller
Haschisch bunkere. Als Gegenleistung sollte der Angeklagte monatlich
die für seinen Eigenkonsum benötigte Haschischmenge
erhalten. Hiermit war der Angeklagte einverstanden. Ö. und ein
Begleiter stellten daraufhin im Keller des Angeklagten einen
Waffenschrank auf, in dem das Haschisch gelagert werden sollte. Den
Schlüssel hierzu hatte Ö., den einzigen
Kellerschlüssel hatte der Angeklagte, weil er den Keller auch
selbst nutzte und Ö. keinen freien Zugang zu dem Keller haben
sollte. Wenn Ö. oder seine Beauftragten an den Waffenschrank
wollten, mußten sie bei dem Angeklagten klingeln und sich den
Keller aufschließen oder sich den Schlüssel geben
lassen. Von August bis Dezember 2001 wurden mit Wissen des Angeklagten
nacheinander vier Haschischlieferungen (3 kg, 10 kg, zweimal 25 kg)
eingelagert, von Ö. oder seinem Beauftragten in Teilmengen
wieder abgeholt und - ohne weitere Mitwirkung des Angeklagten -
verkauft. Der Angeklagte erhielt für die Nutzung des Kellers
monatlich 100 g Haschisch.
Bei diesem Tatgeschehen hätte das Landgericht
erörtern müssen, ob der Angeklagte nicht lediglich
Beihilfe zum Handeltreiben des Ö. geleistet hat. Das
Aufbewahren von Rauschgift für einen Dritten, das zur
gewinnbringenden Veräußerung bestimmt ist, kann zwar
ein Tatbeitrag sein, der die Annahme mittäterschaftlichen
Handeltreibens rechtfertigt (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1
Handeltreiben 42, 47 m.w.N.). Ob es sich so verhält, bestimmt
sich aber nach den allgemeinen Grundsätzen, die für
die Abgrenzung der Beteiligungsformen auch sonst gelten (vgl. BGHR BtMG
§ 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 56, 47, 9; BGH, Beschl. vom
11. Juni 1997 - 2 StR 211/97 - jew. m.w.N.). Eine solche Abgrenzung hat
die Strafkammer in den Urteilsgründen aber nicht vorgenommen.
Eine Erörterung dieser Frage war nicht schon deshalb
entbehrlich, weil der Angeklagte monatlich 100 g Haschisch
dafür erhielt, daß er die Nutzung seines Kellers als
"Bunker" ermöglichte. Daß er damit
eigennützig handelte, reicht für sich allein nicht
aus, täterschaftliches Handeltreiben anzunehmen (vgl. BGHR
BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 42, 47 m.w.N.).
Für die Wertung des Tatbeitrags des Angeklagten als Beihilfe
spricht vielmehr, daß sich seine Mitwirkung darauf
beschränkte, das Aufstellen des Waffenschranks in seinem
Keller zu gestatten und Ö. und seinen Beauftragten den Zugang
zu ermöglichen. Derartige Hilfstätigkeiten
können zwar für die Annahme von
(Mit)Täterschaft ausreichen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs.
1 Nr. 1 Handeltreiben 9, 47). Hier war jedoch zu bedenken,
daß der Angeklagte nach den bisherigen Feststellungen weder
mit der Beschaffung des Haschischs noch mit den
Verkaufsgeschäften irgendetwas zu tun hatte und auch keinen
eigenen Zugang zu dem im Waffenschrank verwahrten Rauschgift hatte.
Angesichts dessen hat allein der Umstand, daß der Angeklagte
von Ö. monatlich 100 g Haschisch für die Mitbenutzung
des Kellers erhielt, keine ausschlaggebende Bedeutung (vgl. BGHR aaO 36
m.w.N.) und rechtfertigt deshalb die Wertung des Tatbeitrags des
Angeklagten als Mittäterschaft nicht. Nichts anderes gilt
für die Feststellung, daß Ö. den Keller nur
mit Hilfe des Angeklagten betreten konnte.
Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat
kann den Schuldspruch nicht selbst auf Beihilfe umstellen. Es erscheint
nicht von vornherein ausgeschlossen, daß der neue Tatrichter
weitergehende Feststellungen treffen kann, die die Annahme
mittäterschaftlichen Handeltreibens in nicht geringer Menge
doch rechtfertigen könnten. Für den Fall,
daß der neue Tatrichter den Beitrag des Angeklagten als
Beihilfe wertet, wird auch zu
bedenken sein: Besteht der Tatbeitrag des Gehilfen aus einer einzigen
Handlung, so ist sein Verhalten auch dann als eine Tat zu werten, wenn
der Haupttäter (Ö.) mehrere rechtlich
selbständige Handlungen begeht (vgl. BGH NStZ 1993, 584; BGHR
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2 Handeltreiben 2).
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