BGH,
Beschl. v. 4.3.2008 - 3 StR 30/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 30/08
vom
4.3.2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 4.3.2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Osnabrück vom 10. Juli 2007 im Rechtsfolgenausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen"
räuberischen Diebstahls, schweren Bandendiebstahls in
fünf Fällen und "gemeinschaftlichen" Betruges in
Tateinheit mit "gemeinschaftlicher" Urkundenfälschung und
"gemeinschaftlichen" Missbrauchs von Ausweispapieren (nach den
Urteilsgründen gemeint: In Tateinheit mit Missbrauch von
Ausweispapieren) zur Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der allgemeinen Sachbeschwerde.
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Zum Schuldspruch ist das Rechtsmittel unbegründet (§
349 Abs. 2 StPO). Der Rechtsfolgenausspruch hält indessen
rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die
Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen, die sich nach den
getroffenen Urteilsfeststellungen aufdrängte. Dies
führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruches.
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Der Angeklagte war in einem anderen Strafverfahren, das am 7. Dezember
2005 mit seiner Verurteilung zu einem Jahr und neun Monaten
Jugendstrafe wegen räuberischer Erpressung, Raubes und
gefährlicher Körperverletzung jeweils in zwei
Fällen und anderer Straftaten endete, im November 2005 vom
weiteren Vollzug der Untersuchungshaft unter der Auflage verschont
worden, eine stationäre Drogenlangzeittherapie zu beginnen.
Bereits vier Tage nach Therapiebeginn wurde der Angeklagte entlassen,
weil er Alkohol konsumiert hatte. Ferner hat der Angeklagte die hier
abgeurteilten Taten aufgrund seiner - nicht näher
beschriebenen - Betäubungsmittelabhängigkeit begangen
und den auf ihn entfallenden Beuteanteil - wenn auch nicht
ausschließ-lich - für den Erwerb von
Betäubungsmitteln ausgegeben.
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Diese Sachlage legt nahe, dass die gegenständlichen Taten auf
einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen. Daher hätte das
Landgericht prüfen und entscheiden müssen, ob die
Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt gegeben sind. Daran hat sich durch die Neufassung
des § 64 StGB, die zum Zeitpunkt des Urteilserlasses zwar noch
nicht galt, aber nach § 2 Abs. 6 StGB, § 354 a StPO
in jeder Lage des Verfahrens anzuwenden ist (vgl. BGH NStZ 2008, 28),
nichts geändert (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72). Den bisher
getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die
Maß-
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regelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es
an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges
(§ 64 Satz 2 StGB nF) fehlt. Solches folgt nicht schon allein
daraus, dass die frühere Drogenlangzeittherapie bereits kurz
nach ihrem Beginn mit der Entlassung des Angeklagten wegen eines
Disziplinarverstoßes abgebrochen wurde. Der aufgezeigte
Rechtsfehler lässt hier den Strafausspruch nicht
unberührt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass
das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt in Anwendung von § 5 Abs. 3 JGG davon
abgesehen hätte, Jugendstrafe zu verhängen.
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Der neue Tatrichter wird daher über den gesamten
Rechtsfolgenausspruch nochmals zu befinden haben. Zur Prüfung
der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
nach § 64 StGB bedarf es der Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246 a StPO).
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Becker Pfister von Lienen
Hubert Schäfer |