BGH,
Beschl. v. 4.3.2008 - 5 StR 594/07
5 StR 594/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
4.3.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4.3.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Duisburg vom 22. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der
Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten von
Arbeitsentgelt in 13 Fällen schuldig ist, und
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349
Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Einbeziehung der
rechtskräftigen Einzelstrafen aus einer
zäsurbildenden früheren Verurteilung und unter
Aufrechterhaltung der dort angeordneten Maßregeln - wegen
Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 36 Fällen und wegen
Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen in 24
Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit
Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen, zu einer Gesamtfrei-
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heitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es
den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs
Fällen sowie wegen Beihilfe zum Vorenthalten von
Arbeitnehmeranteilen in Tateinheit mit Beihilfe zum Vorenthalten von
Arbeitgeberanteilen in sechs Fällen zu einer weiteren
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es
zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revision des Angeklagten hat
mit der Sachrüge den - über den mit der gleichen
Zielrichtung gestellten Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehenden
- aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das
Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO.
1. Die Urteilsfeststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen. Sie
rechtfertigen allerdings das vom Landgericht angenommene
Konkurrenzverhältnis der Taten nicht. Der Senat
ändert daher den Schuldspruch in dem aus dem Tenor
ersichtlichen Umfang ab. Er schließt aus, dass sich der
geständige Angeklagte gegen den geänderten
Schuldspruch wirksamer als geschehen hätte verteidigen
können.
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a) Ob bei Beihilfe Tateinheit oder -mehrheit anzunehmen ist,
hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom
Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit nach
§ 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen
mehrere selbständige Taten unterstützt werden, also
den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen
zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine Beihilfe im Sinne des § 52
StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen
Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen
Hilfe leistet (vgl. BGH NStZ 2000, 83). Dasselbe gilt wegen der
Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere
Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (BGHSt
46, 107, 116; vgl. zum Ganzen auch Jäger wistra 2000, 344,
346).
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b) Nach diesen Grundsätzen hält die Verurteilung des
Angeklagten wegen jeweils selbständiger Fälle der
Beihilfe (§ 53 StGB) rechtlicher Nach-
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prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte durch dieselben
Unterstützungshandlungen sowohl zur Hinterziehung von
Umsatzsteuer und von Lohnsteuer als auch zum Vorenthalten von
Arbeitsentgelt Beihilfe geleistet hat. Vielmehr ist der Angeklagte -
ohne dass sich der Schuldumfang verändert - lediglich der
Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten von
Arbeitsentgelten in 13 Fällen schuldig. Danach gilt hier
grundsätzlich, dass der Angeklagte bezogen auf jeden Monat nur
eine Tat begangen hat, indem er den Haupttätern
Scheinrechnungen überließ, auf deren Grundlage diese
für die A. S. GmbH unrichtige
Umsatzsteuererklärungen, unrichtige Lohnsteueranmeldungen
sowie unrichtige Sozialversicherungsbeitragsnachweise abgaben.
Allerdings sind dabei die Auswirkungen etwaiger Quartalsanmeldungen und
Jahreserklärungen zu beachten.
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aa) Die erste strafbare Beihilfe des Angeklagten umfasst dessen gesamte
Unterstützungstätigkeit zu allen sich auf das Jahr
2002 beziehenden und im Rahmen der Geschäftstätigkeit
der A. S. GmbH begangenen Haupttaten der Hinterziehung von Umsatzsteuer
und Lohnsteuer sowie des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt. Mit der
Erstellung und Übergabe von Scheinrechnungen im Zeitraum von
Juli bis Dezember 2002 unterstützte der Angeklagte monatlich
jeweils sowohl die Einreichung unrichtiger Lohnsteueranmeldungen und
Umsatzsteuervoranmeldungen als auch die Fertigung und Einreichung
unrichtiger Beitragsnachweise für die Sozialversicherung.
Somit leistete der Angeklagte mit sechs Tatbeiträgen zu
insgesamt 18 Haupttaten Hilfe. Da mit diesen Tatbeiträgen aber
jeweils zugleich die Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe einer
unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr
2002 erleichtert werden sollte, mithin alle
Unterstützungshandlungen auch der Förderung dieser
Haupttat dienten, liegt insoweit insgesamt nur eine einheitliche
Beihilfe im Sinne von § 52 StGB zu allen 19 Haupttaten vor
(vgl. Jäger aaO).
bb) Die vom Angeklagten im Zeitraum von Januar bis März 2003
mit der Überlassung von Scheinrechnungen für die A.
S. GmbH geleisteten
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Unterstützungshandlungen bilden eine weitere einheitliche
Beihilfe zu den in diesem Zeitraum begangenen Haupttaten der
Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Einreichung unrichtiger
Umsatzsteuervoranmeldungen, der Hinterziehung von Lohnsteuer durch
Einreichung einer unrichtigen Quartalsanmeldung und des Vorenthaltens
von Arbeitsentgelt durch Einreichung unrichtiger Beitragsnachweise.
Denn sämtliche in diesem Zeitraum vom Angeklagten erstellten
Scheinrechnungen dienten auch der Förderung der
Lohnsteuerhinterziehung durch Einreichung einer unrichtigen
Lohnsteueranmeldung für das erste Quartal 2003.
cc) Gleiches gilt für die Hinterziehung von Umsatz- und
Lohnsteuer sowie das Vorenthalten von
Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitraum von April bis Juni
2003 mit Blick auf die Hilfeleistung zur Hinterziehung der Lohnsteuer
durch Einreichung einer unrichtigen Lohnsteueranmeldung für
das zweite Quartal 2003. Dass der Angeklagte mit den im Jahr 2003
geleisteten Unterstützungshandlungen auch zur Abgabe einer
unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr
2003 Hilfe geleistet habe, hat das Landgericht nicht festgestellt. Ein
derartiger Tatvorwurf ist auch nicht aus dem Verfahren nach §
154a StPO ausgeschieden worden.
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dd) Für den Zeitraum von August 2003 bis März 2004
hat das Landgericht als Beihilfehandlungen des Angeklagten die
Gründung einer weiteren Scheinfirma (der K. GmbH) und die
Einweisung des gesondert verfolgten St. in das Ausstellen und die
Weitergabe von Scheinrechungen festgestellt (UA S. 15 f., 36). Wieviele
Scheinrechnungen der Angeklagte selbst in diesem Tatzeitraum
übergab und welchen Anmeldezeitraum diese Rechnungen betrafen,
konnte das Landgericht nicht feststellen. Der Senat schließt
insoweit weitergehende Feststellungen in einem neuen Rechtsgang aus.
Damit kann für diesen Zeitraum nur von einer einheitlichen
Beihilfehandlung des Angeklagten durch seinen Organisationsbeitrag bei
Beginn der Deliktsserie ausgegangen werden.
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Dieser Organisationsbeitrag und die im Juli 2003 noch unter einer
anderen Scheinfirma (der D. GmbH) vom Angeklagten übergebenen
Scheinrechnungen förderten zugleich dieselbe Haupttat,
nämlich die Abgabe der unrichtigen Lohnsteueranmeldung
für das dritte Quartal 2003. Daher bilden diese beiden
Handlungen eine Tat im Sinne des § 52 StGB. Die Beihilfe zur
Lohnsteuerhinterziehung für das dritte Quartal 2003 steht
ihrerseits mit der Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer und zum
Vorenthalten von Arbeitsentgelt für den Monat Juli 2003 in
Tateinheit. Damit ist für den Tatzeitraum von Juli 2003 bis
März 2004 von einer Tat im Sinne des § 52 StGB
auszugehen.
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ee) Im verbleibenden Tatzeitraum von Dezember 2004 bis August 2005 hat
der Angeklagte in jedem Monat eine selbständige Beihilfe im
Sinne des § 52 StGB zu den im Rahmen der A. S. GmbH
verwirklichten Haupttaten der Hinterziehung von Lohnsteuer sowie des
Vorenthaltens von Arbeitsentgelt begangen. Mit der Übergabe
von Scheinrechnungen hat er jeweils zugleich zur Hinterziehung von
Lohnsteuern als auch zu einer Tat nach § 266a StGB Hilfe
geleistet.
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c) Der Senat sieht gemäß § 260 Abs. 4 Satz
5 StPO davon ab, in der Urteilsformel bei jedem Einzelfall die
gleichartige Tateinheit zum Ausdruck zu bringen. Hierdurch
würde der Tenor unübersichtlich; dies
widerspräche dem Gebot der Klarheit und
Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. BGH wistra 2007, 388,
391 m.w.N.).
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2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bedingt
hier die Aufhebung sämtlicher Einzel- und Gesamtstrafen. Den
auf der Grundlage des neu gefassten Schuldspruchs festzusetzenden
Einzelstrafen sind jeweils höhere
Hinterziehungsbeträge zugrundezulegen. Der Aufhebung von
Feststellungen bedarf es bei den hier vorliegenden Rechtsfehlern nicht.
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3. Für die Festsetzung der neuen 13 Einzelstrafen weist der
Senat auf Folgendes hin:
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Die Höhe der bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen
darf überschritten werden. Das Verschlechterungsverbot
(§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) steht dem nicht entgegen. Es ist
bei dieser Sachlage lediglich geboten, dass jeweils die Summe der
bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden
Einzelstrafe nicht überschritten wird (vgl. BGHR StPO
§ 358 Abs. 2 Nachteil 12). Überdies hat es bei
Einzelgeldstrafen zu verbleiben, soweit im betreffenden Gesamtkomplex
bisher nur Einzelgeldstrafen verhängt worden sind (vgl. etwa
die für die im Tatzeitraum von Januar bis März 2003
oder im Dezember 2004 begangenen Beihilfehandlungen verhängten
Einzelgeldstrafen). Schließlich dürfen die beiden
neu zu bildenden Gesamtstrafen nicht höher sein als die
bisherigen (st. Rspr.; BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 3, 7,
12 m.w.N.).
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Der neue Tatrichter wird bei der Strafbemessung auch zu bedenken haben,
dass sich allein durch die Änderung des
Konkurrenzverhältnisses der Gesamtunrechtsgehalt der Taten
nicht verringert hat. Insbesondere die rechtsfehlerfrei festgestellten
Hinterziehungsbeträge bleiben hiervon unberührt.
Allerdings wird das neue Tatgericht bei der Strafzumessung im Hinblick
auf die Hinterziehung der Umsatzsteuer für das Jahr 2002 zu
beachten haben, dass sich die Umsatzsteuervoranmeldungen für
die Monate Juli bis Dezember 2002 und die
Umsatzsteuerjahreserklärung 2002 auf dieselbe Steuerart und
dasselbe Steueraufkommen eines Besteuerungszeitraumes beziehen und sich
der Unrechtsgehalt teilweise überschneidet, wenn auch nicht
vollständig deckungsgleich ist (vgl. BGHSt 49, 359, 362 ff.;
BGH wistra 2005, 145, 146 f.). Der neue Tatrichter sollte - soweit sich
das Verfahren auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer für das
Jahr 2002 bezieht - eine Verfahrensbeschränkung nach
§ 154a StPO auf den Tatvorwurf der Beihilfe zu der durch die
Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung
für das
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Jahr 2002 begangenen Steuerhinterziehung in Betracht ziehen (vgl. auch
dazu BGHSt aaO S. 365; BGH aaO).
Etwa zu treffende neue Feststellungen dürfen zugrundegelegt
werden, wenn sie den nunmehr rechtskräftigen nicht
widersprechen.
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Basdorf Gerhardt Brause
Schaal Jäger |