BGH,
Beschl. v. 4.11.2004 - 4 StR 81/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR
81/04
vom
4. November 2004
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbun-
desanwalts und des Beschwerdeführers am 4. November 2004
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Essen vom 17. Oktober 2003 mit den zu-
gehörigen Feststellungen, mit Ausnahme derjenigen zum
äußer en Tatgeschehen, aufgehoben
a) im Fall II. 2 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe,
c) soweit die Unterbringung des Angeklagten in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wor den
ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landge-
richts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird ver worfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gemeinschaftlichen
schwe-
ren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körper
verletzung (Fall II. 1) und we-
gen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung (Fall II. 2) zu einer
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Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und
seine
Unter bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen
die-
ses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er
die Ver-
letzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das
Rechtsmittel hat mit der
Sachrüge den aus der Beschlußformel ersichtlichen
Teilerfolg; im übrigen ist
es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall II. 2 der Ur
teilsgründe hält
rechtlicher Prüfung nicht stand. Der rechtsfehlerfrei
festgestellte Sachverhalt
trägt die Verurteilung wegen vollendeten Raubes deswegen
nicht, weil das Ur-
teil keine Feststellungen zum Inhalt der dem Tatopfer unter
Gewaltanwendung
weggenommenen Geldbörse enthält. Sollte es dem
Angeklagten - was nahe-
liegt - nicht auf die Geldbörse selbst, sondern
ausschließlich auf das in ihr ver-
mutete Geld angekommen sein, so hätte nach ständiger
Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nur eine Verurteilung wegen versuchten Raubes
erfolgen
dür fen, wenn die Bör se leer gewesen wäre
(vgl. BGHR StGB § 249 Abs. 1 Zu-
eignungsabsicht 1, 4; BGH StV 1990, 408; NJW 1999, 69, 70). Hierzu wird
der
neu entscheidende Tatrichter ergänzende Feststellungen zu
treffen haben.
Der Rechtsfehler bedingt die Aufhebung auch der tateinheitlichen Verur-
teilung wegen gefährlicher Körperverletzung (vgl.
Kuckein in KK 5. Aufl. § 353
Rdn. 10 m.w.N.). Der Senat weist den neu entscheidenden Tatrichter dar
auf
hin, daß die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe,
indem er den
Kopf seines Opfers mehrfach auf den Boden geschlagen und ihm dadur ch
Prel-
lungen zugefügt hat, ein gefährliches Werkzeug
eingesetzt und daher den
Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB
verwirklicht, rechtsfehler-
haft ist. Es entspricht ständiger Rechtsprechung,
daß Werkzeuge im Sinne die-
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ser Vorschrift nur solche Gegenstände sind, die durch
menschliche Einwirkung
in Bewegung gesetzt werden können, nicht dagegen unbewegliche
Gegen-
stände wie etwa ein Fußboden oder eine Wand (BGHSt
22, 235; BGH NStZ
1988, 361, 362; vgl. auch Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl.
§ 224 Rdn. 8). Eine
Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes kommt allerdings durch
die Trit-
te in das Gesicht des Opfers in Betracht (vgl. BGHSt 30, 375 f.; BGHR
StGB
§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Werkzeug 1 m.w.N.).
Die Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 2 der
Urteilsgründe entzieht
auch dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage, so daß dieser
ebenfalls
aufzuheben ist.
Die vom Landger icht getroffenen tatsächlichen Feststellungen
werden
von den Rechtsfehlern nicht berührt; sie können daher
bestehen bleiben. Er-
gänzende Feststellungen, die dazu nicht im Widerspruch stehen,
sind zulässig.
2. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychia-
trischen Krankenhaus hat ebenfalls keinen Bestand. Zu den
Unterbringungs-
voraussetzungen des § 63 StGB gehört die sichere
Feststellung, daß die Tat
im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der erheblich
verminderten Schuldfä-
higkeit begangen wurde, der auf einem länger andauernden,
nicht nur vorüber-
gehenden geistigen Defekt beruht.
Das sachverständig beratene Landgericht stützt seine
Annahme einer
erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des
Angeklagten auf das
Vorliegen einer krankhaften bipolaren affektiven Störung; zur
Tatzeit habe eine
hypomanische Episode ohne psychotische Symptome vorgelegen. Charakteri-
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stisch für diese Störung seien gehobene Stimmung,
vermehrter Antrieb, ver-
mindertes Schlafbedürfnis, leichte Ablenkbarkeit,
überhöhte Selbsteinschät-
zung und Affektlabilität sowie Stör ung der Konzentr
ation. Zu den Tatzeitpunk-
ten habe sich der Angeklagte jeweils in einer hypomanischen Phase
befunden,
die durch eine "gehobene gelockerte Stimmung,
Selbstüberschätzung, Affekt-
labilität und leichte Reizbarkeit" gekennzeichnet sei, wobei
ihn die Alkoholisie-
rung weiter enthemmt habe. Diese Ausführungen der Strafkammer
zur Persön-
lichkeitsstörung des Angeklagten sind so allgemein gehalten,
daß sich nicht
zuver lässig beur teilen läßt, ob die
festgestellte Störung dessen Steuerungsfä-
higkeit dauerhaft erheblich vermindert. Die beschriebenen
Persönlichkeits-
merkmale umfassen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die sich auch
inner-
halb der Bandbreite menschlichen Verhaltens bewegen und
übliche Ursache
für ein strafbares Tun sein können, ohne
daß sie die Schuldfähigkeit erheblich
ber ühren müssen. Zudem spricht die Tatsache,
daß der zur Tatzeit 47 Jahre
alte Angeklagte bisher nicht einschlägig in Erscheinung
getreten ist, obwohl bei
ihm nach den Ausführungen des Sachverständigen seit
1977 "multiple psychia-
trische Auffälligkeiten" festzustellen sind, gegen eine
dauerhafte erhebliche
Verminderung der Steuerungsfähigkeit; auch dies hat das
Landgericht bei sei-
ner Gesamtwürdigung rechtsfehlerhaft nicht
berücksichtigt.
Über den Maßregelausspruch ist deshalb neu zu
befinden. Der Senat
hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf.
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3. Die beantragte Aufhebung des Haftbefehls durch den Senat kommt
nicht in Betr acht, da die Voraussetzungen des § 126 Abs. 3
StPO nicht gege-
ben sind.
Tepperwien
Kuckein
Athing
Solin-Stojanovis
Ernemann
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