BGH,
Beschl. v. 4.10.2007 - 2 StR 349/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 349/07
vom
4.10.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 4.10.2007 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gera vom 29. März 2007, soweit es ihn betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geldfälschung
(§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) zu der Freiheitsstrafe von drei
Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat
Erfolg. Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen
Prüfung nicht stand.
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Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu zutreffend
ausgeführt:
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"Mittäter des Sichverschaffens von Falschgeld im Sinne von
§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB kann nur derjenige sein, der das
Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem
Willen zu eigenständiger Ver-
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fügung in seine eigene (Mit-)Verfügungsgewalt bringt
(vgl. BGHSt 3, 154, 156; 44, 62; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 -
3 StR 391/02). Dies ist hier bezüglich der Angeklagten I. und
K. nicht ausreichend festgestellt.
Die Strafkammer hat sich in den Urteilsgründen nicht
ausdrücklich damit auseinandergesetzt, ob sich auch die
Angeklagten I. und K. das Falschgeld des Mitangeklagten S. 'verschafft
hatten' im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Das Landgericht
hat sich darauf beschränkt festzustellen, dass die drei
Angeklagten in Litauen gemeinsam beschlossen hatten, nach Deutschland
einzureisen, um die im Besitz des Angeklagten S. befindlichen
gefälschten Einhundert-Euro-Banknoten in den Verkehr zu
bringen (UA S. 6). Soweit die Strafkammer auf Blatt 13 der
Urteilsgründe ausführt, dass die 'Angeklagten I. und
K. geleugnet haben, in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu
sein, um dort falsches Geld, das sie sich verschafft hatten, als echt
in den Verkehr zu bringen", wird der Begriff des 'Sichverschaffens'
lediglich formelhaft verwendet, aber nicht im Einzelnen
ausgeführt.
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Auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist nicht
ausreichend deutlich zu entnehmen, dass die Angeklagten I. und K. an
dem Falschgeld des Mitangeklagten S. eine Mitverfügungsgewalt
begründet hatten. Danach liegt eher die Annahme nahe, dass die
beiden Angeklagten I. und K. keine eigene tatsächliche
Verfügungsmacht über das Falschgeld erlangt hatten
und der Mitangeklagte S. diese alleine innehatte. Nach den
Feststellungen hatte der Mitangeklagte S. das Falschgeld in Litauen
selbst beschafft und schon in seinem Besitz, als er den Angeklagten K.
ansprach (UA S. 5), ob er bereit sei, mit ihm in die Bundesrepublik
Deutschland einzureisen und dort 'Falschgeld unter die Leute zu
bringen'. Auch bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland hatte
der Mitangeklagte S. das Falschgeld in seinem unmittelbaren Besitz (UA
S. 6).
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Dass die Angeklagten I. und K. nach der Einreise in die Bundesrepublik
Deutschland vor dem Mitangeklagten S. Falschgeld mit dem Willen zu
eigener Verfügung übernommen hätten, ist
nicht belegt; die tatsächlichen Umstände sprechen
eher dagegen. Denn bei der Festnahme des Angeklagten S. wurden bei ihm
21 gefälschte Einhundert-Euro-Banknoten sichergestellt (UA S.
10); bei den Angeklagten K. und I. konnte dagegen kein Falschgeld
aufgefunden werden.
Dass der Mitangeklagte S. das Falschgeld zur Mitverfügung der
Mitangeklagten K. und I. angenommen und so eine gemeinschaftliche
Verfügungsgewalt begründet hätte, ist den
getroffenen Feststellungen nicht ausreichend deutlich zu entnehmen.
Dafür könnte zwar ein erkennbares arbeitsteiliges
Vorgehen der drei Angeklagten bei der Tatausführung sprechen.
So beschaffte der Mitangeklagte K. auftragsgemäß das
für die Fahrt nach Deutschland erforderliche Fahrzeug. Nach
ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland legten nachweislich
jedenfalls in G. der Angeklagte I. und der Mitangeklagte S. zeitgleich
und offensichtlich absprachegemäß in zwei
unmittelbar neben einander liegenden Geschäften jeweils einen
gefälschten Einhundert-Euro-Schein zur Bezahlung vor.
Schließlich wurde der Angeklagte K. bei seiner Festnahme mit
635 Euro angetroffen (UA S. 29), was sicherlich dafür sprechen
könnte, dass er die erwirtschafteten echten Wechselgelder zu
verwalten hatte (UA S. 29). Der Angeklagte I. hatte lediglich einen
geringen Bargeldbeitrag bei sich. Ob und gegebenenfalls in welcher
Höhe (echtes) Bargeld bei dem Angeklagten S. sichergestellt
wurde, wird in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt.
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Allerdings kommt der Vorlage einer gefälschten
Einhundert-Euro-Note für die Frage des
mittäterschaftlichen Zusammenwirkens der Angeklagten nur ein
geringer indizieller Beweiswert zu, zumal der Angeklagte I. dabei im
Auf-
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trag des Angeklagten S. als bloßer Verteilungs- oder
Absatzgehilfe gehandelt haben kann, ohne eine eigene
Verfügungsmacht zu begründen. Hinzu kommt, dass die
Strafkammer jedenfalls in Bezug auf das betrügerische Vorgehen
der Angeklagten in Deutschland offenkundig selbst nicht von einer
Mittäterschaft der drei Angeklagten ausgegangen ist. So hat
sie die Falschgeldaktivitäten in Gera jeweils nur den
Angeklagten I. und S. zugerechnet. Bei der Annahme eines
mittäterschaftlichen Zusammenwirkens hätte sie aber
allen drei Angeklagten die Falschgeldaktivitäten in H. und in
G. sowohl als Geldfälschung in der Form des
'Inverkehrbringens' (§ 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB) als auch als
Betrug zurechnen müssen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass
die Angeklagten die Einkäufe in H. nicht selbst
getätigt haben (UA S. 6). Dass die Strafkammer hier nicht von
Mittäterschaft ausgegangen ist, beschwert den Angeklagten zwar
nicht. Diese rechtliche Beurteilung steht aber der Annahme der
Strafkammer, der Mitangeklagte S. habe für die Angeklagten I.
und K. eine gemeinschaftliche Verfügungsmacht über
das Falschgeld begründet, entgegen.
Da die Strafkammer zum Tatbestandsmerkmal des 'Sichverschaffens von
falschem Geld' im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB keine
Feststellungen getroffen hat, vor allem sich mit der Abgrenzung zu
einem bloßen Verteilungs- und Absatzgehilfen, der lediglich
den Gewahrsam für einen anderen ausübt,
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nicht auseinandergesetzt hat und damit weitergehende Feststellungen,
auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Angeklagten
sich nicht geständig eingelassen haben, nicht von vorneherein
auszuschließen sind, ist das Urteil aufzuheben."
Bode Rothfuß Fischer
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durch Urlaub an der
Unterschrift gehindert.
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