BGH,
Beschl. v. 5.4.2000 - 3 StR 95/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 95/00
vom
5. April 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen zu 1.: versuchten Totschlags u.a.
zu 2.: Beihilfe zum versuchten Totschlag u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 5. April 2000 einstimmig beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stade
vom 24. September 1999 werden als unbegründet verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und
die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigungen hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der
Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zu
der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
1. Die Hinweispflicht nach § 265 Abs. 1 und 4 StPO ist nicht
verletzt. Der Angeklagte E. ist durch die Feststellung, er habe bei dem
zwischenzeitlichen Verlassen der Moschee die Tatwaffe aus der Wohnung
des Mohammed K. geholt, nicht überrascht worden, da bereits im
wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage vom 19. Januar 1999
festgehalten ist, daß ein Zeuge die Fahrt zu dieser Wohnung
beobachtet und beim Einsteigen des Angeklagten in sein Kraftfahrzeug
ein Geräusch wie beim Durchladen einer Waffe vernommen hat.
Wenn demgegenüber im Anklagesatz selbst nur vom Holen der
Waffe aus dem Fahrzeug die Rede ist, handelt es sich daher nicht um
eine wesentlich andere, sondern lediglich um eine stark
verkürzte Darstellung des Sachverhalts. Selbst wenn man hierin
eine wesentliche Abweichung sehen würde, bestünde
keine Hinweispflicht nach § 265 Abs. 4 StPO. Denn diese
besteht nach der Rechtsprechung nur, wenn die Abweichung solche
Tatsachen betrifft, in denen die gesetzlichen Merkmale des gesetzlichen
Tatbestandes gefunden werden; nicht aber bei Feststellungen, die sich
auf die Phase der Tatplanung und Vorbereitung beziehen (BGHR StPO
§ 265 IV Hinweispflicht 5, 12, 15). Das Herbeischaffen einer
Waffe stellt jedoch eine typische Vorbereitungshandlung dar.
2. Das Landgericht hat bei der Anwendung des § 224 Abs. 1 StGB
n.F. neben den Alternativen der Nr. 2 (gefährliches Werkzeug)
und Nr. 5 (das Leben gefährdende Behandlung) auch die
Alternative der Nr. 4 (mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich)
bejaht. Dies ist rechtlich problematisch. Zur bisherigen Fassung der
Vorschrift in § 223 a Abs. 1 StGB a.F. hat die Rechtsprechung
die Auffassung vertreten, daß das Zusammenwirken eines
Täters mit einem Gehilfen für die Annahme des
Tatbestandsmerkmals "gemeinschaftlich" nicht ausreicht (vgl. den
Überblick bei Stree in Schönke/Schröder,
StGB 25. Aufl. § 223 a Rdn. 11). Ob diese Rechtslage infolge
der Umformulierung durch das 6. StrRG in § 224 Abs. 1 Nr. 4
StGB n.F ("mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich") anders zu
beurteilen ist, erscheint nicht eindeutig, wird aber
überwiegend bejaht (vgl. den Überblick bei
Kühl in Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 224
Rdn. 7). Der Fall gibt indes dem Senat keine Veranlassung Termin zur
Hauptverhandlung zu bestimmen und die Rechtsfrage zu entscheiden, weil
es hier auf sie nicht ankommt und weder Schuld- noch Strafausspruch
davon beeinflußt werden. Da zwei weitere
Tatbestandsalternativen des § 224 StGB rechtsfehlerfrei bejaht
worden sind, waren die Angeklagten ohnehin wegen gefährlicher
Körperverletzung zu bestrafen. Es kann auch ausgeschlossen
werden, daß sich der Wegfall einer von drei angenommenen
Alternativen eines tateinheitlich verwirklichten Delikts auf die
Bemessung der Strafe ausgewirkt hat, zumal die Strafkammer die Strafe
dem Strafrahmen des § 213 StGB, der bei der Angeklagten K.
nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB gemildert worden ist,
entnommen hat.
Kutzer Rissing-van Saan Miebach
Winkler von Lienen |