BGH,
Beschl. v. 5.4.2001 - 4 StR 56/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 56/01
vom
5. April 2001
in dem Sicherungsverfahren
gegen
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin am 5. April 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Beschuldigten wird das Urteil des Landgerichts
Magdeburg vom 16. November 2000 aufgehoben, soweit der Beschuldigten
die Aussetzung der Maßregel zur Bewährung versagt
worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Unterbringung der Beschuldigten in einem
psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich
die Beschuldigte mit ihrer Revision, mit der sie das Verfahren
beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachbeschwerde Erfolg, soweit es sich
dagegen wendet, daß der Beschuldigten die Aussetzung der
Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung versagt worden
ist; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7.
März 2001 dazu ausgeführt:
"Zutreffend rügt die Revision dagegen, daß die Frage
der Aussetzung der Unterbringung nach § 67 b StGB nicht
geprüft worden ist. Hierzu hätte die Tatsache Anlass
geben müssen, daß die Beschuldigte nicht vorbestraft
ist und daß zwischen der Tat und der Hauptverhandlung zwei
Jahre vergangen waren, in denen sie - teilweise ohne Einnahme von
Medikamenten - in Freiheit gelebt hat und einer beruflichen
Tätigkeit im Zirkus nachgegangen ist (UA 7), ohne
daß weitere strafbare Handlungen bekannt geworden sind. Zu
berücksichtigen ist auch, daß im Fall der Aussetzung
automatisch Führungsaufsicht eintritt, in deren Rahmen
Weisungen (§ 68 b StGB) erteilt werden können (BGHR
StGB § 67 b Abs. 1 Besondere Umstände 2)."
Dem schließt sich der Senat an. Er verweist die Sache im
Umfang der Aufhebung an eine als Schwurgericht zuständige
Strafkammer des Landgerichts zurück, da auch im
Sicherungsverfahren deren Zuständigkeit gegeben ist, wenn die
dem Verfahren zugrunde liegende Tat zu den in § 74 Abs. 2 Satz
1 GVG genannten Straftaten gehört (vgl. OLG Stuttgart NStZ
1987, 292; vgl. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl.
§ 414 Rdn. 8 m.w.N.). Hier hatte zwar die Staatsanwaltschaft
in ihrer Antragsschrift der Beschuldigten nur eine im Zustand der
Schuldunfähigkeit begangene gefährliche
Körperverletzung vorgeworfen; das Sicherungsverfahren war
dementsprechend auch vor der allgemeinen Strafkammer eröffnet
worden. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen,
die insoweit auf der geständigen Einlassung der Beschuldigten
beruhen, stellt sich die dem Verfahren zugrunde liegende Tat jedoch als
versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung und damit als eine die Zuständigkeit
des Schwurgerichts begründende Katalogtat dar. Obwohl es
nunmehr nur noch um die Frage der Aussetzung der
Unterbringungsanordnung geht, ist für das weitere Verfahren
eine Schwurgerichtskammer zuständig (zur Beachtung der
besonderen funktionellen Zuständigkeit bei
Zurückverweisung vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 2
Wirtschaftsstrafkammer 1; Kuckein in KK StPO 4. Aufl. § 354
Rdn. 31).
Meyer-Goßner Maatz Athing
Solin-Stojanovic Ernemann
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