BGH,
Beschl. v. 5.8.2005 - 2 StR 254/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 254/05
vom
5.8.2005
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 5.08.2005
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Koblenz vom 14. Oktober 2004 mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte im Fall II. B. 1 wegen
bandenmäßigen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
verurteilt worden ist und
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen
bandenmäßigen Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs
Fällen zu der
Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision
rügt die
Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist
offensichtlich
unbegründet, soweit es sich gegen den Schuldspruch in den
Fällen II. B. 2
bis 6 richtet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Schuldspruch im Fall
II. B. 1 hält der
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sachlich-rechtlichen Prüfung jedoch nicht stand. Die
bisherigen Feststellungen
des Landgerichts belegen nicht, dass sich die Angeklagte bereits bei
der ersten
Tat, derentwegen das Landgericht sie schuldig gesprochen hat, einer
Bandenabrede
der gesondert verfolgten Bandenmitglieder H., Sz. und Sb. angeschlossen
hatte. Zudem hätte das Landgericht näher
erörtern müssen, ob die
Angeklagte in diesem Fall als Mittäterin oder als Gehilfin
mitgewirkt hat. Die
teilweise Aufhebung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des gesamten
Strafausspruchs zur Folge.
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen festgestellt:
Anfang September 2001 erklärte sich die Angeklagte auf Bitte
des H. bereit,
ihn gegen Zahlung von 400 DM in die Niederlande zu fahren. Der
Angeklagten
war klar, dass es um eine Kurierfahrt zur Beschaffung von Kokain zum
gewinnbringenden Weiterverkauf ging. Sie wusste, dass H. die Fahrt
für den
gesondert verfolgten Sz. ausführte, und auch der gesondert
verfolgte Sb. an
den Kokaingeschäften beteiligt war. Sie hatte H. auch schon
einmal ihr Fahrzeug
für eine Kurierfahrt überlassen. H. dirigierte die
Angeklagte nun zu einer
Adresse in Amsterdam und ließ sie in einem Schnellimbiss
warten. In einer Nebenstraße
traf er Sb. Als die Angeklagte hinzukam, erfuhr sie, dass ein Teil der
von H. übernommenen Drogen nach Frankreich weitertransportiert
werden sollte.
H. fragte die Angeklagte, ob sie ihn auch nach Frankreich fahren
würde. Sie
sagte zu. H. hatte nunmehr mindestens 200 g Kokain mit 60 %
Kokainhydrochlorid
bei sich, die er hinter dem Beifahrersitz in einen Korb legte. Die
Angeklagte
fuhr H. nach Deutschland zurück vor die Wohnung des Sz., die
H. alleine
aufsuchte. Danach brachte sie H. zu seiner Wohnung, von wo sie ihn am
nächsten Tag wieder abholte. H. hatte ein Päckchen
bei sich, in dem sich min-
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destens 400 g - möglicherweise zuvor gestrecktes - Kokain
befanden. Das
Päckchen legte H. wieder in den Korb hinter dem Beifahrersitz.
Die Angeklagte
fuhr H. nach dessen Weisungen in den Großraum Paris in die
Nähe eines
Krankenhauses. Dort traf H. einen Unbekannten. Der Gesamtzusammenhang
deutet darauf hin, dass H. ihm das Kokain übergab, obwohl dies
nicht ausdrücklich
festgestellt ist. Auf der Rückfahrt zählte H. ein
Bündel französischer
Geldscheine. Für diese Fahrt erhielt die Angeklagte von H. 800
DM.
Erst drei bis vier Wochen nach der vorübergehenden Festnahme
des H.
und seiner Ehefrau bei der Rückkehr von einer Drogenfahrt aus
den Niederlanden
sagte die Angeklagte den gesondert verfolgten Sz. und Sb. zu, sie sei
für 800 DM grundsätzlich bereit, weitere
Drogenfahrten in die Niederlande zu
übernehmen.
2. Der Schuldspruch wegen bandenmäßiger Tatbegehung
hält der sachlich-
rechtlichen Prüfung nicht stand. Ob jemand Mitglied einer
Bande ist, bestimmt
sich nach der deliktischen Vereinbarung, der sog. Bandenabrede. Sie
setzt den Willen voraus, sich mit anderen zu verbinden und
künftig für eine
gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch
ungewisse Straftaten
zu begehen (BGHSt 47, 214, 216; BGH NStZ 2004, 398, 399). Nach der
Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen
(BGHSt 46, 321) ist der Wille
zur Bindung für die Zukunft und für eine gewisse
Dauer bei einem Zusammenschluss
von mindestens drei Personen erforderlich. Eine solche Bandenabrede
kann nicht nur durch ausdrückliche Erklärung, sondern
auch durch
schlüssiges Verhalten zu Stande kommen.
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Eine derartige Willensäußerung der Angeklagten ist
bei der Begehung
der ersten Tat jedoch nicht festgestellt. Die Angeklagte hat sich
gegenüber H.
lediglich in einem konkreten Einzelfall zur Mitwirkung bei einem
Drogentransport
als dessen Fahrerin bereit erklärt. Zu einer darüber
hinausgehenden Bandenabrede
ist es dagegen nach den bisherigen Feststellungen des Landgerichts
bei der ersten Tat noch nicht gekommen. Die weiteren Feststellungen
des Landgerichts (UA S. 10 unten) deuten vielmehr darauf hin, dass die
Bandenabrede
mit der Angeklagten erst bei dem Zusammentreffen mit Sz. und Sb.
Ende November 2001 nach der vorübergehenden Festnahme des H.
zu Stande
kam. Die Wertung des Verhaltens der Angeklagten bei der Tat II. B. 1
als bandenmäßige
Tatbegehung hat daher keinen Bestand.
Nicht rechtsbedenkenfrei ist auch die hiervon unabhängige
Wertung des
Landgerichts, die Angeklagte habe bei der Tatbegehung als
Mittäterin gehandelt.
Der festgestellte Sachverhalt legt zumindest nahe, dass die Angeklagte
nur als Gehilfin anzusehen ist. Die Abgrenzung von Täterschaft
und Beihilfe ist
auf Grund aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten
Umstände in wertender
Betrachtung vorzunehmen (vgl. BGHSt 28, 346, 349). Wesentliche
Anhaltspunkte
für diese Wertung können das eigene Interesse am
Taterfolg, der
Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der
Wille zur
Tatherrschaft sein (vgl. BGHSt 37, 289, 291). Die Angeklagte war an dem
eigentlichen
Betäubungsmittelgeschäft nicht selbst beteiligt. Sie
hatte das Kokain
nie selbst in Besitz. Sie bekam nur einen Fahrtlohn, der nicht
wesentlich über
die ihr entstandenen Fahrtauslagen hinausging. Ob und in welchem Umfang
sie in diesem Fall von dem beförderten Kokain auch zum
Eigenkonsum erhielt,
ist nicht festgestellt. Sie kannte die jeweiligen Fahrtziele und den
Empfänger
der Lieferung in Paris sowie den Weg dorthin nicht. Unter diesen
Umständen
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hätte das Landgericht daher eine nähere Abgrenzung
zwischen Täterschaft
und Beihilfe vornehmen müssen, zumal der Fall II. B. 1 nach
der bisherigen
Beurteilung des Landgerichts den höchsten Unrechts- und
Schuldgehalt der
sechs der Angeklagten zur Last gelegten Taten aufweist und
hierfür die
Einsatzstrafe verhängt wurde.
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. B. 1 entfällt
die für diese
Tat verhängte Einsatzstrafe von fünf Jahren und drei
Monaten. Damit verliert
zugleich die Gesamtfreiheitsstrafe ihre Grundlage. Die fünf
Einzelfreiheitsstrafen
von jeweils vier Jahren für die Taten II. B. 2 bis 6
können ebenfalls nicht
bestehen bleiben, weil ihre Bemessung in einem erkennbaren Zusammenhang
mit der Bemessung der Einsatzstrafe steht. Der neue Tatrichter muss
daher die
Möglichkeit haben, alle Einzelstrafen und die
Gesamtfreiheitsstrafe neu zuzumessen.
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