BGH,
Beschl. v. 5.2.2002 - 1 StR 9/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 9/02
vom
5. Februar 2002
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Februar 2002
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Ingolstadt vom 26. September 2001, soweit es ihn betrifft, mit den
Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben
ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
1. Der Angeklagte wurde wegen schwerer räuberischer Erpressung
in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
fünf Jahren verurteilt; seine Fahrerlaubnis wurde entzogen und
eine Sperrfrist für deren Neuerteilung festgesetzt.
Seine auf die Sachrüge gestützte Revision bleibt
überwiegend erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO). Revision
und Generalbundesanwalt machen jedoch zutreffend geltend, daß
die Jugendkammer eine Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht geprüft hat
(§ 349 Abs. 4 StPO, vgl. BGHSt 37, 5).
2. Der Angeklagte ist heroinabhängig. Er ist wiederholt wegen
Verstößen gegen das BtMG verurteilt worden, zuletzt
im Januar 2001 zu einer zur Bewährung ausgesetzten
Jugendstrafe.
Die jetzt abgeurteilten Taten, bewaffnete Überfälle
auf Tankstellen, hat er wenige Wochen nach dieser Verurteilung
"aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit
begangen". Sie wurden durch Entzugserscheinungen ausgelöst;
von der Beute erwarb der Angeklagte alsbald Heroin zum Eigenverbrauch.
Unter diesen Umständen liegt, wie auch der Generalbundesanwalt
im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, die Notwendigkeit
einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe.
Es ist typisch für eine hangbedingte Gefährlichkeit,
wenn der Täter straffällig wird, um in den Besitz von
Rauschmitteln oder - wie hier - in den Besitz des für ihre
Beschaffung notwendigen Geldes zu kommen (vgl. nur BGH, Urt. v. 18.
Februar 1997 - 1 StR 693/96; Hanack in LK 11. Aufl. § 64 Rdn.
37 m.w.N.).
Erwägungen zu einer Anordnung gemäß
§ 64 StGB waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil die
Jugendkammer nach sachverständiger Beratung von
uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten
ausgegangen ist. Eine suchtbedingte Abhängigkeit kann auch
dann die Annahme eines Hanges im Sinne des § 64 StGB
begründen, wenn sie nicht den Schweregrad einer seelischen
Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB erreicht
(vgl. Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 64 Rdn. 3
m.w.N.).
Der Angeklagte hat sich allerdings bereits einmal einer Therapie
unterzogen und ist rückfällig geworden. Dies steht
der erforderlichen hinreichend konkreten Aussicht auf einen
Behandlungserfolg (BVerfGE 91, 1 ff.) jedoch nicht notwendig entgegen
(vgl. BGH NStZ-RR 1997, 131 f.).
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt nur dazu, daß
über die Notwendigkeit einer Unterbringung neu verhandelt
werden muß, im übrigen bleibt der
Rechtsfolgenausspruch unberührt. Es ist ausgeschlossen,
daß die Jugendkammer, die die
Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten
strafmildernd berücksichtigt hat, bei Anordnung der
Unterbringung geringere Einzelstrafen oder eine niedrigere
Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
4. Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet,
verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer
zurück (BGHSt 35, 267).
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