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BGH, Beschluss vom 5. März 2003 - 2 ARs 50/03


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 5.3.2003 - 2 ARs 50/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 ARs 50/03
2 AR 26/03
vom
5. März 2003
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Az.: 60 Js 5010/98 = 60 VRs 468/00 Staatsanwaltschaft Düsseldorf
Az.: 611 Js 2101/93 = 220 VRs 10717/94 Staatsanwaltschaft Düsseldorf
Az.: 33 StVK 554/02 C Landgericht Aachen
Az.: 33 StVK 1002/02 C Landgericht Aachen
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
am 5. März 2003 beschlossen:
Für die mit der Strafaussetzung zur Bewährung erstmalig zu treffenden
Nebenentscheidungen (§§ 56 a bis 56 d StGB) in den
Vollstreckungsverfahren der Staatsanwaltschaft Düsseldorf 220
VRs 10717/94 und 60 VRs 468/00 ist das Amtsgericht Düsseldorf
zuständig.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Düsseldorf hat den Verurteilten wegen Vergehen gegen
das Betäubungsmittelgesetz am 1. Juni 1994 und 8. Juli 1999 zu Freiheitsstrafen
von fünf und vier Monaten verurteilt, die bis auf Strafreste von 51 und
23 Tagen vollstreckt sind. Ab dem 29. Oktober 2001 wurde die weitere Vollstreckung
dieser beiden Reststrafen und einer weiteren Freiheitsstrafe von einem
Jahr und vier Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom
8. Juni 2001 unter Anrechnung der Therapiezeit auf die Strafe gemäß § 35
BtMG zurückgestellt. Der Verurteilte wurde für eine Drogenentwöhnungstherapie
aus der Justizvollzugsanstalt Aachen entlassen. Nach Abschluß der Therapie
hat das Amtsgericht Düsseldorf die Vollstreckung der beiden Strafreste mit
Beschlüssen vom 29. Mai und 29. Juli 2002 gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG
zur Bewährung ausgesetzt. Die in dem erstgenannten Beschluß getroffenen
Anordnungen über die Dauer der Bewährungszeit, die Unterstellung unter die
Aufsicht eines Bewährungshelfers und weitere Weisungen hat das Amtsgericht
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auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft am 30. Juli 2002 aufgehoben und damit
seine Zuständigkeit für diese Anordnungen verneint. In dem anderen Beschluß
wurden entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft keine Nebenentscheidungen
zur Ausgestaltung der Bewährungszeit getroffen.
Die Staatsanwaltschaft hat sodann beide Verfahren der Strafvollstreckungskammer
bei dem Landgericht Aachen mit dem Antrag vorgelegt, die Bewährungszeit
festzusetzen und den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines
Bewährungshelfers zu unterstellen. Die Strafvollstreckungskammer hat sich für
unzuständig erklärt, die erstmaligen Anordnungen zur Ausgestaltung der Bewährungszeit
zu treffen und die Sachen dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung
des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
Die Entscheidung über die mit der Strafaussetzung zusammenhängenden
erstmaligen Anordnungen nach den §§ 56 a bis 56 d obliegen dem Amtsgericht
Düsseldorf.
Als Gericht des ersten Rechtszugs ist das Amtsgericht nach dem ordnungsgemäßen
Abschluß der Drogentherapie zuständig für die Entscheidung
über die Aussetzung der beiden Restfreiheitsstrafen zur Bewährung (§ 36
Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 BtMG). Dies ist zwischen der Strafvollstreckungskammer
und dem Amtsgericht auch nicht streitig.
Das Amtsgericht Düsseldorf als Gericht des ersten Rechtszugs ist aber
nicht nur für die isolierte Entscheidung über die Strafaussetzung selbst zuständig,
sondern auch für die damit untrennbar zusammenhängenden Nebenentscheidungen
gemäß §§ 56 a bis 56 d StGB. Für die Aussetzungs- und Anrechnungsentscheidungen
(§ 36 Abs. 1 bis 3 BtMG) gelten die §§ 56 a bis 56 g
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StGB entsprechend (§ 36 Abs. 4 BtMG). Die erstmalige Bestimmung der Bewährungszeit
(§ 56 a Abs. 1 StGB) und die Anordnungen nach §§ 56 b bis 56 d
StGB sind notwendiger und untrennbarer Bestandteil der dem Amtsgericht obliegenden
Aussetzungsentscheidung. Das Gericht des ersten Rechtszugs setzt
die Vollstreckung der nach der Drogentherapie und deren Anrechnung verbliebenen
Reststrafe zur Bewährung aus, sobald dies unter Berücksichtigung des
Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann (§ 36 Abs. 1
Satz 3 BtMG). Ob dem Verurteilten in diesem Sinne eine günstige Prognose
gestellt werden kann, kann nicht losgelöst von den ergänzenden und stützenden
Maßnahmen im Sinne der §§ 56 b bis 56 d StGB beurteilt werden. Gerade
bei den wegen Drogendelikten verurteilten Probanden ist eine günstige Prognose
in aller Regel nur dann gerechtfertigt, wenn ihre Lebensführung für die
Dauer der individuell zu bestimmenden Bewährungszeit mit ergänzenden Weisungen
und/oder Auflagen sowie der Bestellung eines Bewährungshelfers begleitet
und überwacht wird. Das Gericht des ersten Rechtszugs kann somit eine
den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Aussetzungsentscheidung
nicht unabhängig davon treffen, über welchen Zeitraum von dem Verurteilten
welche Auflagen und Weisungen erfüllt werden sollen und welche Hilfestellung
erforderlich sind, um eine Gefährdung der Allgemeinheit soweit wie möglich
auszuschließen. Die erstmaligen Entscheidungen nach §§ 56 a bis 56 d StGB
sind deshalb notwendiger Bestandteil der Aussetzungsentscheidung, nicht
aber durch ein anderes Gericht hiervon getrennt und unabhängig zu treffende
Folgeentscheidungen (so aber OLG Düsseldorf JMBl. NRW 2002, 113; NStE
Nr. 12 zu § 36 BtMG). Dies entspricht auch der Regelung in § 268 a Abs. 1
StPO, daß bei der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe zugleich mit dem
Urteil der Bewährungsbeschluß mit den Anordnungen nach §§ 56 a bis 56 d
StGB zu verkünden ist (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl. § 268 a
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Rdn. 1). Diese erstmaligen Anordnungen können daher nicht einem anderen
Richter übertragen werden als dem, der über die Strafaussetzung selbst zu
befinden hat.
Eine Begrenzung der Zuständigkeitszuweisung an das Gericht des ersten
Rechtszugs ergibt sich deshalb auch nicht daraus, daß § 36 Abs. 5 Satz 1
BtMG nur auf die (Aussetzungs- und Anrechnungs-)Entscheidungen nach § 36
Abs. 1 bis 3 BtMG Bezug nimmt, nicht aber auf dessen Absatz 4. Die in § 36
Abs. 4 BtMG für entsprechend anwendbar erklärten §§ 56 a bis 56 g StGB betreffen
sowohl Anordnungen, die zugleich mit der Strafaussetzung zu treffen
sind (Dauer der Bewährungszeit, Auflagen, Weisungen, Bestellung eines Bewährungshelfers),
als auch nachträgliche Entscheidungen (Verlängerung der
Bewährungszeit, Änderung von Auflagen und Weisungen, Widerruf der Strafaussetzung
und den Straferlaß, vgl. §§ 56 a Abs. 2, 56 e, 56 f, 56 g StGB). Soweit
es sich um die der Aussetzungsentscheidung nachfolgende Bewährungsaufsicht
und nachträgliche Entscheidungen handelt, die sich auf die Strafaussetzung
zur Bewährung beziehen, hat der Senat zwar bereits wiederholt entschieden,
daß sich die gerichtliche Zuständigkeit insoweit auch bei einer nach
§ 36 BtMG bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung nicht nach der Sonderregegelung
in § 36 Abs. 5 Satz 1 BtMG richtet, sondern nach der allgemeinen
Regelung in § 462 a StPO, so daß in diesen Fällen nach dem Vollzug von
Strafhaft die Strafvollstreckungskammer zuständig ist (vgl. BGHSt 37, 338;
BGH, Beschl. vom 10. April 2002 - 2 ARs 88/02; BGH NStZ-RR 2001, 343;
1996, 53; NStZ 2001, 110). Zu den nachträglichen Entscheidungen in diesem
Sinne gehören aber aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht die
zusammen mit der Aussetzungsentscheidung erstmalig zu treffenden Anord-
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nungen gemäß §§ 56 a bis 56 d StGB. Diese Nebenbestimmungen sind notwendiger
Bestandteil der Aussetzungsentscheidung des Gerichts des ersten
Rechtszugs und keine nachträglichen oder "Folgeentscheidungen" im Sinne
der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu § 36 Abs. 5 Satz 1 BtMG.
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