BGH,
Beschl. v. 5.3.2003 - 2 StR 5/03
2 StR 5/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 5. März 2003
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 5.
März 2003 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 22. August 2002 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei
Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 17
Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in drei Fällen sowie wegen Erwerbs
einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und
den Verfall von 16.000 EUR angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel ist zum Schuld- und Strafausspruch
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Es
beschwert den Angeklagten nicht, daß sich das Landgericht im
Fall 22 nicht am maßgeblichen Grenzwert von 30 Gramm
Methamphetamin-Base für die nicht geringe Menge (vgl. BGH NStZ
2001, 381; 2002, 267) orientiert hat, denn er hat
gewerbsmäßig gehandelt und damit den § 29 a
Abs. 1 Nr. 2 BtMG im Strafrahmen entsprechenden § 29 Abs. 3
Nr. 1 BtMG verwirklicht.
Aufzuheben ist das Urteil jedoch, soweit eine Entscheidung zur Frage
der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
gemäß § 64 StGB unterblieben ist.
Nach den Feststellungen begann der Angeklagte im
Spätsommer/Herbst 1999, Amphetamin zu konsumieren, zu Beginn
des Jahres 2000 zusätzlich Ecstasy. Ab Ende 2000/Anfang 2001
konsumierte er auch Kokain. Bis zur Mitte des Jahres 2001 hatte sich
sein täglicher Konsum auf bis zu zwei bis drei Gramm Kokain
gesteigert; zudem rauchte er Haschisch, um die Wirkung des Kokains
auszugleichen und nachts gut schlafen zu können. Die
abgeurteilten Taten beging er, um seinen Kokainkonsum zu finanzieren.
Zur Bekämpfung seines Hanges zum Konsum von
Betäubungsmitteln beabsichtigt der Angeklagte eine
Drogenentwöhnungstherapie zu machen.
Angesichts dieser Feststellungen hätte der Tatrichter
prüfen und entscheiden müssen, ob beim Angeklagten
die Gefahr besteht, daß er auch in Zukunft infolge seines
Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Unterbringung
nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen
Voraussetzungen der Maßregel gegeben sind (st. Rspr. vgl. BGH
bei Detter NStZ 2003, 133, 135; 2002, 415, 419). Die Bereitschaft des
Angeklagten, sich freiwillig einer stationären Therapie zu
unterziehen, ist für sich genommen kein Grund, von der
Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung abzusehen (BGH, Beschl. vom
05.12.1997 - 2 StR 504/97).
Daß bei dem Angeklagten keine hinreichend konkrete Aussicht
eines Behandlungserfolgs besteht, ist nicht ersichtlich, zumal er
selbst eine Therapie anstrebt. Der Nachholung der
Unterbringungsanordnung steht nicht entgegen, daß nur der
Angeklagte Revision eingelegt hat. Die Nichtanwendung des § 64
StGB durch das Tatgericht hat der Beschwerdeführer auch nicht
vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
Der Senat kann ausschließen, daß das Landgericht
bei Anordnung der Unterbringung geringere Einzelstrafen und eine
niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
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