BGH,
Beschl. v. 6.12.2000 - 1 StR 500/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 500/00
vom
6. Dezember 2000
in der Strafsache gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Dezember 2000
beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Karlsruhe vom 20. Juni 2000 wird als unbegründet verworfen, da
die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt
der Senat:
Mit dem nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist beim
Landgericht eingegangenen Schriftsatz macht der Verteidiger unter
Berufung auf eine Auskunft des Robert-Koch-Instituts, Berlin, der Sache
nach geltend, die Strafkammer sei bei der Ablehnung des im
Schlußvortrag gestellten Hilfsbeweisantrags im Urteil von
unzutreffenden medizinischen Erkenntnissen ausgegangen und habe damit
ihrer Entscheidung einen tatsächlich nicht bestehenden
wissenschaftlichen Erfahrungssatz zugrunde gelegt. Dies ist auf die
rechtzeitig erhobene Sachrüge hin zu berücksichtigen
(vgl. hierzu LR-Hanack StPO 25. Aufl.
§ 337 Rdn. 172). Dennoch hat die Revision auch insoweit keinen
Erfolg, da das Urteil auf dem Mangel nicht beruht. Mit dem
Hilfsbeweisantrag wurde die Einholung eines
Sachverständigengutachtens - Genomanalyse - zum Beweis
dafür beantragt, daß der Angeklagte nicht als
Verursacher der HIV-Infektion der Geschädigten S. B. in
Betracht kommt. Die Strafkammer lehnte dies - sachverständig
beraten - ab, da die Genomanalyse völlig ungeeignet sei,
dieses Ergebnis zu erbringen. "Die HI-Viren und die HIV-Typen und deren
Unterklassifizierungen könnten sich in ein- und demselben
Wirtskörper verändern (mutieren). Deshalb
könnte selbst dann, wenn die
Unterstämme/Unterklassifizierungen der HIV-Typen S. B.
´s und des Angeklagten nicht übereinstimmten, der
Angeklagte nicht als Verursacher der HIV-Infektion S. B. ausgeschlossen
werden. Insoweit könne auch keinerlei
Wahrscheinlichkeitsaussage gemacht werden." Nach der Mitteilung des
Robert-Koch-Instituts ist dagegen eine Wahrscheinlichkeitsprognose
möglich. Mehr besagt die Auskunft des Instituts allerdings
nicht. Eine Genomanalyse ist folglich auch danach nicht geeignet, den
Angeklagten als Überträger auszuschließen.
Angesichts der im übrigen erdrückenden Beweislage
kann selbst
eine nur geringe Wahrscheinlichkeit nach einer Genomananalyse keine
ernsthaften Zweifel daran aufkommen lassen, daß der
Angeklagten die HIV-Infektion der S. B. verursacht hat. Die Strafkammer
wäre deshalb auch bei Berücksichtigung der
wissenschaftlichen Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts nicht
gehalten gewesen, dem Hilfsbeweisantrag nachzugehen.
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