BGH,
Beschl. v. 6.12.2001 - 1 StR 468/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 468/01
vom
6. Dezember 2001
in der Unterbringungssache gegen
wegen Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. Dezember 2001
beschlossen:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts
Landshut vom 2. Juli 2001 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschuldigte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Beschuldigten vom Vorwurf der
Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung
freigesprochen und gemäß § 63 StGB seine
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Eine
Aussetzung der Maßregel zur Bewährung nach
§ 67b StGB hat es abgelehnt. Gegen dieses Urteil wendet sich
der Beschuldigte mit Verfahrensrügen und der allgemein
erhobenen Sachrüge. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die beiden Aufklärungsrügen nach § 244
Abs. 2 StPO greifen aus den Gründen nicht durch, die der
Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 23. Oktober 2001
angeführt hat.
2. Eine Verletzung des § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO liegt ebenfalls
nicht vor.
a) Der Rüge liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde: Das
Landgericht brachte den Beschuldigten durch Beschluß vom 10.
August 2000 nach § 126a StPO einstweilen unter, weil der
Verdacht einer Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie -
möglicherweise in paranoider Form - bestand. Er befand sich
seit dem 15. September 2000 im Bezirkskrankenhaus H. , wo er seit dem
15. Januar 2001 auf der Station 19 u.a. von dem Stationsarzt Dr. K.
behandelt wurde. Das Landgericht bestellte Dr. K. zum
Sachverständigen zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen
der §§ 20, 21 StGB, zur Erforderlichkeit der
Unterbringung nach § 63 StGB und zur Frage der Aussetzung der
Maßregel nach § 67b StGB.
In der Hauptverhandlung stellte der Verteidiger des Beschuldigten den
Antrag, Dr. K. nicht als Sachverständigen zu vernehmen, da der
Beschuldigte ihn nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinde;
dem Sachverständigen stehe als Stationsarzt ein
Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO zu. Das
Landgericht wies durch Beschluß den Antrag mit folgender
Begründung zurück: "Der Antrag ist
grundsätzlich unzulässig, da das
Zeugnisverweigerungsrecht i.S.v. § 53 StPO dem
Sachverständigen vorbehalten bleibt. Ein Verweigerungsrecht
steht dem Sachverständigen im übrigen nicht zu, so
daß er im Interesse der Aufklärung zu vernehmen ist.
Dies gilt insbesondere aufgrund der erforderlichen Prognoseentscheidung
(§ 67b StGB)."
b) Diese Begründung hält im Ergebnis rechtlicher
Prüfung stand: Der Beschuldigte wurde im Bezirkskrankenhaus H.
im Rahmen einer einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO
untersucht und behandelt, weil dringende Gründe für
die Annahme sprachen, er habe eine rechtswidrige Tat im Zustand der
Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit
(§§ 20, 21 StGB) begangen und es lägen
dringende Gründe für die Prognose vor, er werde in
einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB
untergebracht. Die Untersuchungen und die Behandlung dienten somit der
Vorbereitung eines Gutachtens über dessen psychischen Zustand.
Der Unterbringungsbefehl nach § 126a StPO machte eine
ausdrückliche Anordnung zur Beobachtung nach § 81
StPO hier überflüssig (Senge in KK 4. Aufl.
§ 81 Rdn. 3).
Zwar hat der Beschuldigte während des Aufenthaltes im
Bezirkskrankenhaus H. seinem Stationsarzt auch Geheimnisse im Sinne des
§ 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO
"anvertraut". Denn darunter ist alles zu begreifen, was der Arzt in
dieser seiner Eigenschaft wahrnimmt, gleichgültig ob die
Wahrnehmungsmöglichkeit auf einem besonderen Vertrauensakt
beruht oder nicht (BGHSt 38, 369, 370; st. Rspr.). Mit der
einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO liegt aber einer
der wenigen von der Strafprozeßordnung vorgesehenen
Ausnahmefälle vor (vgl. §§ 81 ff. StPO), in
denen die sonst erforderliche Zustimmung zur Preisgabe der Geheimnisse
aufgrund einer gesetzlichen Duldungspflicht ersetzt wird, weil hier das
staatliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts
vorgeht (Senge aaO § 53 Rdn. 19;
Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 53 Rdn.
19).
3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zu Lasten des
Beschuldigten ergeben. Dies gilt sowohl hinsichtlich der
Gründe, aufgrund derer die Strafkammer - gestützt auf
zwei gehörte Sachverständigen - die
stationäre Unterbringung nach § 63 StGB
gegenüber anderen Behandlungsformen für notwendig
hält als auch hinsichtlich derjenigen, die dagegen sprechen,
die Maßregel zur Bewährung auszusetzen (§
67b StGB).
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