BGH,
Beschl. v. 6.2.2002 - 5 StR 443/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
5 StR 443/01
vom
6. Februar 2002
in der Strafsache gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. Februar 2002
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Aachen vom 10. April 2001 gemäß § 349 Abs.
4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO
verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 54
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei
Monaten verurteilt. Seine Revision hat in dem aus dem
Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im
übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne
des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden
Bedenken. Zwar wurden die Einzelverurteilungen auf 54 unzutreffende
monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 Abs. 1 UStG)
gestützt, ohne daß das Landgericht sich mit der
Frage befaßt hat, ob für die einzelnen Steuerjahre
1993 bis 1997 entsprechende Jahreserklärungen abgegeben worden
sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes führen unrichtige
Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich zu einer Verkürzung der
Steuer auf Zeit. Eine endgültige Verkürzung auf Dauer
wird erst durch die Abgabe einer falschen
Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG)
bewirkt. Gleiches gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige nach der
Abgabe unrichtiger monatlicher Voranmeldungen keine
Jahreserklärung mehr abgibt (BGH wistra 1997, 262, 263; 1996,
105). Dies macht es regelmäßig erforderlich, nach
einer angenommenen Verkürzung der Umsatzsteuer auf Dauer auf
die Jahreserklärung als Tathandlung abzustellen und
sinnvollerweise die lediglich eine Verkürzung auf Zeit
bewirkenden Umsatzsteuervoranmeldungen gemäß
§ 154 StPO auszuscheiden.
Die (zudem auch unpraktikable und fehleranfällige) Aburteilung
der monatlichen Voranmeldungen nötigt indes nicht zu einer
Aufhebung des Schuldspruchs. Der Senat vermag hier
auszuschließen, daß das Landgericht von einem zu
großen Schuldumfang ausgegangen ist. Aus dem
Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe läßt
sich nämlich entnehmen, daß der Angeklagte die
Umsatzsteuerverkürzung nicht im Rahmen seiner
Umsatzsteuerjahreserklärungen berichtigt hat und dies von
vornherein auch nicht beabsichtigte. Damit ist die jeweilige
Verkürzung auf Zeit in eine solche auf Dauer
übergegangen (vgl. BGH wistra 1997, 262, 263).
2. Die Gesamtstrafenbildung hält dagegen rechtlicher
Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht
erkennbar erwogen, ob im Hinblick auf die verhängten
Einzelgeldstrafen (19 Geldstrafen zwischen 10 und 80
Tagessätzen) die gesonderte Verhängung einer
Gesamtgeldstrafe nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht
kommt. Die Nichtanwendung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB bedarf
insbesondere dann einer ausdrücklichen Erörterung,
wenn bei der gesonderten Festsetzung einer Geldstrafe die zeitige
Freiheitsstrafe noch zur Bewährung hätte ausgesetzt
werden können (BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung,
nachteilige 4, 6 m.w.N.). Angesichts der verhängten
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten liegt diese
Möglichkeit aber nahe. Die Nichtanwendung des § 53
Abs. 2 Satz 2 StGB wäre deshalb bei der vorliegenden
Fallkonstellation eingehend zu begründen gewesen.
Darüber hinaus hätte die erhebliche Erhöhung
der Einsatzstrafe (sieben Monate Freiheitsstrafe) angesichts des
situativen und zeitlichen Zusammenhangs der Einzeltaten und wegen der
besonderen weiteren Strafmilderungsgesichtspunkte (lange
Verfahrensdauer, Geständnis, Alter und bisherige
Unbestraftheit des Angeklagten) einer näheren
Begründung bedurft (vgl. BGH, Beschl. vom 23. August 2001 - 5
StR 323/01; BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 4, 5). Auch hieran
fehlt es.
Die Feststellungen bleiben aufrechterhalten, weil lediglich ein
Wertungsfehler vorliegt. Ergänzende Feststellungen
können getroffen werden.
Harms Häger Basdorf
Gerhardt Raum
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