BGH,
Beschl. v. 6.6.2000 - 4 StR 191/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 191/00
vom
6. Juni 2000
in der Strafsache gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 6. Juni 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankenthal vom 6. Januar 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte der versuchten schweren räuberischen Erpressung in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig
ist,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner
Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und
materiellen Rechts.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher
unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die Sachbeschwerde führt zur Änderung des
Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im
übrigen hält das Urteil sachlich-rechtlicher
Nachprüfung stand.
a) Die Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme einer vollendeten
Nachteilszufügung gemäß
§§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. Zwar kann
bereits die erzwungene Ausstellung eines Schuldscheins einen
Vermögensnachteil in Form einer
Vermögensgefährdung darstellen. Dies setzt aber
voraus, daß hierdurch das Vermögen schon konkret
gefährdet, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu
rechnen ist (BGHSt 34, 394, 395 m.w.N.). Das ist dann der Fall, wenn
bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung aus der Sicht des
Genötigten konkret mit der Inanspruchnahme durch den nach
Aushändigung der Erklärung
beweisbegünstigten Täter zu rechnen ist (BGH aaO; BGH
NStZ-RR 1998, 233, 234). Dafür, daß der Angeklagte
den durch die Drohungen mit dem Messer erzwungenen Schuldschein
gerichtlich durchsetzen wollte, enthält das Urteil jedoch
keine Anhaltspunkte. Vielmehr kam es dem Angeklagten ersichtlich auf
die unmittelbare Herausgabe von Geld an: Er vereinbarte mit dem
Geschädigten, daß der angeblich geschuldete Betrag
am 2. Dezember 1997 - vier Tage nach Ausstellung des Schuldscheins - zu
übergeben sei; auf einen Einwand des Tatopfers
erklärte er sodann sein Einverständnis mit einer
Herabsetzung der zu zahlenden Summe. Der Geschädigte erlitt
somit unter den hier gegebenen Umständen durch die erzwungene
bloße Ausstellung des Schuldscheins noch keinen
wirtschaftlichen Nachteil (vgl. BGH NStZ 1999, 618, 619; 2000, 197).
Ein solcher konnte auch nicht im weiteren Verlauf des Geschehens
entstehen, da der Angeklagte "bei der Übergabe" des Geldes
durch die vom Erpressungsopfer eingeschaltete Polizei festgenommen
wurde (vgl. zur polizeilichen Überwachung der
Geldübergabe BGH StV 1989, 149; 1998, 661; BGHR StGB
§ 255 Versuch 1). Feststellungen, die die Annahme einer
Tatbestandsvollendung rechtfertigen könnten, sind von einer
neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten. Der Senat hat daher den
Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht
nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß sich der
Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf anders als
geschehen verteidigt hätte.
b) Die Schuldspruchänderung nötigt zur Aufhebung des
Strafausspruchs. Der neu entscheidende Tatrichter wird auch zu
prüfen haben, ob die Dauer des Verfahrens Anlaß zu
einer Strafmilderung gibt (vgl. BGH NJW 1999, 1198).
3. Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des
angefochtenen Urteils ist durch dessen Teilaufhebung gegenstandslos.
Meyer-Goßner Richter am BGH Dr. Kuckein Athing
ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhindert.
Meyer-Goßner Solin-Stojanovic Ernemann |