BGH,
Beschl. v. 6.6.2003 - 3 StR 188/03
3 StR 188/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
6. Juni 2003
in der Strafsache gegen
wegen Betrugs u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 6. Juni 2003 gemäß
§ 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Kleve vom 12. Februar 2003 wird
a) das Verfahren im Fall II. 12 der Urteilsgründe eingestellt;
im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte des Betruges in zehn Fällen sowie der
veruntreuenden Unterschlagung schuldig ist,
bb) aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein Berufsverbot
verhängt worden ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Betruges in zwei
Fällen, gewerbsmäßigen Betruges in neun
Fällen und wegen veruntreuender Unterschlagung" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und
ihm für die Dauer von vier Jahren die Ausübung des
Berufs als Fahrschullehrer verboten. Hiergegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen
Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der
Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren
gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO
eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 12 der
Urteilsgründe wegen "gewerbsmäßigen"
Betrugs verurteilt worden ist; die bisherigen Feststellungen belegen
einen Irrtum des Geschädigten über die
Fähigkeit und Bereitschaft des Angeklagten zur
Rückzahlung nicht.
Die teilweise Einstellung hat die Änderung des Schuldspruchs
und den Wegfall der im Fall II. 12 verhängten Einzelstrafe von
einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe zur Folge. Bei der
Schuldspruchänderung hat der Senat hinsichtlich der
Fälle des Betrugs gemäß § 263 Abs.
3 Satz 2 Nr. 1 StGB die Bezeichnung als
"gewerbsmäßig" entfallen lassen, weil das Vorliegen
gesetzlicher Regelbeispiele nicht in die Urteilsformel aufgenommen wird
(vgl. BGH
wistra 2001, 303; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 260
Rdn. 25 m. w. N.).
Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt von der
teilweisen Einstellung des Verfahrens unberührt. Der Senat
schließt im Hinblick auf die Einsatzstrafe von einem Jahr und
neun Monaten Freiheitsstrafe sowie auf Zahl und Höhe der
verbleibenden weiteren Einzelstrafen (eine Freiheitsstrafe von einem
Jahr und sechs Monaten, sieben Freiheitsstrafen von einem Jahr, eine
Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine Freiheitsstrafe von neun
Monaten) aus, daß sich der Wegfall der Einzelstrafe von einem
Jahr und drei Monaten auf den Ausspruch über die
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ausgewirkt hat.
2. Die Anordnung des Berufsverbots hält der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen gelang es dem
als Fahrlehrer angestellten Angeklagten durch Vorspiegelung seiner
Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit, von
fünf Fahrschülern sowie einem ehemaligen
Fahrschüler Bargeldbeträge zwischen 2.500 DM und
4.000 DM zu erhalten, die er entgegen seiner jeweils schriftlichen
Zusage bis heute nicht zurückbezahlte.
Das Landgericht hat den Maßregelausspruch darauf
gestützt, daß der Angeklagte die Betrugstaten unter
"Mißbrauch seines Berufes als Fahrschullehrer begangen" sowie
dabei "seine Vertrauensstellung als Fahrschullehrer ausgenutzt und noch
jungen Menschen erheblichen finanziellen Schaden ... zugefügt"
habe.
Diese Begründung ist nicht geeignet, das verhängte
Berufsverbot zu tragen. Ein Mißbrauch von Beruf oder Gewerbe
im Sinne von § 70 StGB liegt nur dann vor, wenn der
Täter unter bewußter Mißachtung der ihm
gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine
Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden
Zweck zu verfolgen. Dazu genügt ein bloß
äußerer Zusammenhang in dem Sinne, daß der
Beruf des Täters lediglich die Möglichkeit gibt,
Straftaten zu begehen, nicht. Die strafbare Handlung muß
vielmehr Ausfluß der jeweiligen Berufs- oder
Gewerbetätigkeit sein und einen berufstypischen Zusammenhang
erkennen lassen (st. Rspr., z. B. BGHSt 22, 144; BGHR StGB §
70 Abs. 1 Pflichtverletzung 1, 2, 6, 7). Daran fehlt es hier. Aus den
der Verurteilung zugrundeliegenden Taten kann nicht auf den
erforderlichen "berufstypischen" Zusammenhang geschlossen werden. Wenn
auch der Angeklagte als Fahrschullehrer seiner Opfer tätig
war, haben die Betrugstaten doch nur einen äußeren
Bezug zu dieser Tätigkeit. Der Angeklagte hat weder seinen
Beruf als solchen mißbraucht noch spezielle Berufspflichten
verletzt, sondern Gelegenheiten, die ihm seine Tätigkeit bot,
zur Begehung von Betrugsstraftaten ausgenutzt. Die
Unzuverlässigkeit des Angeklagten gerade in seinem Beruf oder
ein Anlaß, die Allgemeinheit vor den mit der weiteren
Berufsausübung des Angeklagten drohenden Gefahren zu
schützen, werden durch die Taten nicht erkennbar. Die
Maßregel ist demgemäß aufzuheben. Sie
fällt weg; der Senat entscheidet insoweit selbst in der Sache,
da unter den gegebenen Umständen ausgeschlossen erscheint,
daß in neuer Verhandlung weitere Feststellungen, die das
Berufsverbot rechtfertigen würden, getroffen werden
könnten.
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund
der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben.
3. Der geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht,
den Angeklagten teilweise von den Kosten seines Rechtsmittels zu
entlasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tolksdorf Miebach Winkler Richter am Bundesgerichtshof Becker und
Richter am Bundesgerichtshof Hubert sind urlaubsbedingt an der
Unterzeichnung
gehindert.
Tolksdorf |