BGH,
Beschl. v. 6.3.2007 - 4 StR 577/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 577/06
vom
6.3.2007
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 6.3.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 1. September 2006 aufgehoben, soweit die Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist. Die
Maßregel entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Revisionsverfahrens
zu tragen; jedoch wird die Gebühr um 1/5
ermä-ßigt.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher
Körperverletzung und Körperverletzung in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs
Monaten verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass die erkannte
Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist.
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Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision
des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen
Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Die Urteilsfeststellungen belegen nicht die für die Anordnung
einer Unterbringung nach § 64 StGB erforderliche hinreichend
konkrete Erfolgsaussicht (vgl. BVerfGE 91, 1). Der nunmehr
53jährige Angeklagte leidet an chronischem Alkoholismus. Er
hat bisher noch keine Therapie abgeschlossen. Eine im Jahr 2001 nach
§ 64 StGB angeordnete Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt musste bereits nach einer Dauer von weniger als
sechs Monaten abgebrochen werden, da der Angeklagte
nachdrücklich jegliche weitere Mitarbeit im Rahmen einer
Therapie abgelehnt hatte. Er ist weiterhin therapieunwillig.
Gegenüber dem vom Landgericht bestellten
Sachverständigen hat er erklärt, dass er weder auf
freiwilliger Basis noch gemäß § 64 StGB
suchttherapeutisch behandelt werden wolle und nur eine Haftstrafe
akzeptiere. In Anbetracht dessen ist die Annahme des Landgerichts, es
bestehe eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs,
nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte dafür, dass - wie die
Strafkammer meint - durch den Vorwegvollzug der verhängten
Freiheitsstrafe bei dem sich seit dem 9. März 2006 in
Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten eine Bereitschaft zur
Therapie noch erweckt werden könnte, vermag der Senat nicht zu
erkennen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Trotz des
Teilerfolges ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit seinen
notwendigen Auslagen voll zu belasten.
4
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann |