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BGH, Beschluss vom 6. März 2007 - KRB 1/07


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 6.3.2007 - KRB 1/07
KRB 1/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 6. März 2007
in der Kartellbußgeldsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
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OWiG § 33 Abs. 1 Nr. 4
Ein Durchsuchungsbeschluss, der nur allgemein gegen "Verantwortliche im Verkauf, Kalkulation und Akquisition" ergangen ist, unterbricht die Verjährung gegen den Täter nur dann, wenn sich aus den Ermittlungsakten ergibt, dass der Täter zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt war und sich die Durchsuchung auch gegen ihn richten sollte.
BGH, Beschluss vom 6. März 2007 - KRB 1/07 - OLG Düsseldorf
wegen Kartellordnungswidrigkeiten
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2007 ohne mündliche Verhandlung durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Raum, Dr. Strohn und Dr. Kirchhoff beschlossen:
1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 1 wird das Urteil des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2006 gemäß § 79 Abs. 5 OWiG aufgehoben, soweit es diesen Betroffenen betrifft; aufrechterhalten bleiben die Feststellungen zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Tat.
2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 1 sowie die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 2 werden nach § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 349 Abs. 2 StPO verworfen; der Betroffene zu 2 hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Betroffenen zu 1, an einen anderen Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Oberlandesgericht hat die Betroffenen wegen vorsätzlichen „Sich-Hinwegsetzens“ über die Unwirksamkeit eines nach § 1 GWB 1990 unwirksamen Vertrages, den Betroffenen zu 2 darüber hinaus - tateinheitlich - we-
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gen vorsätzlichen Zuwiderhandelns gegen das Verbot des § 1 GWB 1999 verurteilt. Gegen den Betroffenen zu 1 hat es eine Geldbuße in Höhe von 25.000 Euro, gegen den Betroffenen zu 2 eine solche in Höhe von 150.000 Euro verhängt. Während die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 2 aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg hat, führt die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 1 zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
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Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts trafen sich die Vertreter der im Vertriebsgroßraum H. tätigen Papiergroßhändler zwischen 1996 und 2000, um Mindestverkaufspreise für holzfreies Bilderdruckpapier abzusprechen. Für die P. GmbH & Co. KG (künftig: P. ), als deren Prokurist der Betroffene zu 1 für den Vertrieb in H. verantwortlich war, nahm deren Niederlassungsleiter G. an drei bis fünf Treffen bis Ende 1996 teil. Im Rahmen dieser Treffen hatte G. zumindest vorgetäuscht, sich an die Preisabsprachen halten zu wollen. Von diesen Treffen berichtete G. jeweils seinem Vorgesetzten, dem Betroffenen zu 1, der dieses Verhalten G. billigte.
Das Oberlandesgericht sieht in dem Verhalten des Betroffenen zu 1 eine Förderung der verbotenen Absprachen, an denen sich G. beteiligt habe. Damit habe der Betroffene zu 1 gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG selbst ordnungswidrig gehandelt. Diese Tat, die bis zum Beginn des Jahres 1997 beendet gewesen sei, sei nicht verjährt, weil die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bonn vom 3. und 6. April 2000 die Verjährung rechtzeitig unterbrochen hätten.
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II.
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu 1 hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Die Annahme des Oberlandesgerichts, die Verjährung sei durch die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bonn unterbrochen worden, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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1. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, dass die Tat des Betroffenen zu 1 im Zeitpunkt des Erlasses der Durchsuchungsbeschlüsse noch nicht verjährt war. Zwar galt zum Zeitpunkt der Beendigung der Tat noch die dreijährige Verjährungsfrist, die jedoch durch das Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13. August 1997 (BGBl. I 2038), das am 20. August 1997 in Kraft trat, auf fünf Jahre verlängert wurde (Art. 8 Nr. 1). Die Verlängerung der Verjährungsfrist erfasste auch die hier zu beurteilende Tat, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht verjährt war (vgl. BGHSt 50, 30, 36 - Einspruchsrücknahme). Die insoweit maßgebende fünfjährige Verjährungsfrist endete deshalb nicht vor Ablauf des Jahres 2001.
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2. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bonn die Verjährung in Bezug auf den Betroffenen zu 1 unterbrochen haben.
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a) Das Oberlandesgericht hält die Durchsuchungsbeschlüsse gegenüber dem Betroffenen zu 1 nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG für verjährungsunterbrechend. Diese hätten sich gegen die P. gerichtet und seien auf eine umfassende Sachaufklärung angelegt gewesen. Ihre verjährungsunterbrechende Wirkung erstrecke sich deshalb auf sämtliche Vertriebsverantwortliche der P. . Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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b) Ein Durchsuchungsbeschluss unterbricht nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG nur dann die Verjährung gegen einen Tatverdächtigen, wenn er sich auf diesen Tatverdächtigen bezieht (BGH, Beschl. v. 1.8.1995 - 1 StR 275/95, StV 1995, 585). Die Unterbrechung der Verjährung wirkt immer nur gegenüber einer konkreten Person (§ 33 Abs. 4 Satz 1 OWiG). Dies setzt voraus, dass gegen diese Person ein entsprechendes Ermittlungsverfahren anhängig ist, hinsichtlich dessen die Verjährung unterbrochen werden kann. Deshalb ist es allgemein anerkannt, dass richterlichen Maßnahmen, die sich auf die Ermittlung eines noch unbekannten Täters richten, die Eignung fehlt, den Lauf der Verjährungsfrist zu unterbrechen (BGHSt 24, 321, 323; 2, 54, 55). Der Betroffene muss vielmehr im Zeitpunkt der Vornahme der Unterbrechungshandlung bereits „der Person nach“ bekannt sein (BGHSt 42, 283, 290). Deshalb kommt dem bisherigen Gang des Ermittlungsverfahrens und seiner Dokumentation in den Verfahrensakten eine entscheidende Bedeutung zu. Der hieraus erkennbare Verdachtsgrad und insbesondere auch die Fassung der Durchsuchungsanträge sind maßgeblich für die Beurteilung heranzuziehen, ob die Verfolgungsbehörde ihre Ermittlungen bereits auf den Betroffenen erstreckt hat.
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Durchsuchungsbeschlüsse können nur dann verjährungsunterbrechende Wirkung entfalten, wenn die Durchsuchung, mag sie sich auch gegen einen Dritten richten, innerhalb eines Verfahrens erfolgt, das gegen einen bereits bekannten Täter geführt wird. Zwar muss dessen Name nicht zutreffend bezeichnet sein (BGHSt 42, 283, 290). Es müssen jedoch Merkmale bekannt sein, die den Täter sicher individuell bestimmen. Dabei ist es wegen der Bedeutung der Verjährung und der Rechtssicherheit im Hinblick auf ihren Ablauf erforderlich, dass der Täter aufgrund bei den Akten befindlicher Unterlagen bestimmt werden kann (BGHSt 24, 321, 323). Er muss als Tatverdächtiger im Zeitpunkt des Antrags auf Erlass des Durchsuchungsbeschlusses in den Akten genannt sein (BGH, Urt. v. 7.3.1961 - 1 StR 22/61, GA 1961, 239, 240; BGH bei Holtz, MDR 1991, 701).
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c) Ob diese Anforderungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Die Durchsuchungsbeschlüsse weisen lediglich aus, dass gegen die P. allgemein der Verdacht bestand, Beschäftigte von ihr könnten sich an Preisabsprachen beteiligt haben. Konkrete Personen sind in den Durchsuchungsbeschlüssen nicht genannt. Vielmehr wurde die Durchsuchung von Räumen solcher Personen angeordnet, die abstrakt und nur ihrer Funktion nach bestimmt waren (Verantwortliche im Verkauf, Kalkulation und Akquisition sowie die Aufsichtspflichtigen). Dies legt den Schluss nahe, dass insoweit die Durchsuchung erst Erkenntnisse über mögliche Beteiligte erbringen sollte. Anhaltspunkte, die den allgemeinen Verdacht - auch im Hinblick auf den Vertriebsraum H. als hier maßgeblichem Tatort - näher eingrenzen könnten, werden aus den Durchsuchungsbeschlüssen nicht deutlich. Gegen welche Personen ein konkreter Verdacht gegeben war, lässt sich den Durchsuchungsbeschlüssen mithin ebenso wenig entnehmen wie den Ausführungen des Oberlandesgerichts hierzu. Das Oberlandesgericht sieht sämtliche Vertriebsverantwortliche als Tatverdächtige. Abgesehen davon, dass es weder näher ausführt, ob sich die Verdachtsmomente gerade auch auf den Vertriebsraum H. bezogen, noch, auf welchen Grundlagen diese gegebenenfalls beruhten, könnte hierdurch lediglich ein abstrakter Tatverdacht begründet werden. Der abstrakte Tatverdacht sollte mit Hilfe der Durchsuchungen erst auf bestimmte Personen eingegrenzt werden. Dies reicht für eine verjährungsunterbrechende Wirkung der Durchsuchungsbeschlüsse jedoch nicht aus.
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d) Es lässt sich nicht klären, ob eine wirksame Unterbrechungshandlung vorliegt. Der Senat kann aufgrund der Aktenlage gleichfalls nicht sicher ausschließen, dass eine rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung erfolgt ist. Deshalb kommt die Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung derzeit ebenfalls nicht in Betracht. Da das vorgelegte Aktenmaterial nicht die Ermittlungsvorgänge umfasst, die im Vorfeld der Durchsuchungsbeschlüsse erfolgt
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sind, vermag der Senat nicht zu überprüfen, ob sich aufgrund des Ermittlungsstands der Verfolgungswille des Bundeskartellamts schon so weitgehend konkretisiert hatte, dass der Betroffene zu 1 als Tatverdächtigter anzusehen war. Dann müssten freilich gegenüber der P. bereits konkrete Verdachtsmomente auch für den Vertriebsraum H. bestanden haben und der Betroffene zu 1, wenn auch nicht mit vollständigen Personalien, so doch jedenfalls aufgrund seiner konkreten Funktion als Person identifiziert in Verdacht geraten sein. Ließe sich das anhand des vorliegenden Aktenmaterials belegen, käme den Durchsuchungsbeschlüssen verjährungsunterbrechende Wirkung zu.
3. Das Verfahren ist an das Oberlandesgericht zur Prüfung dieser Fragen zurückzuverweisen. Der Senat sieht davon ab, das von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu prüfende Prozesshindernis der Verjährung selbst im Freibeweisverfahren zu klären (vgl. BGH, Beschl. v. 27.5.2003 - 4 StR 142/03, NStZ 2004, 275, 276). Ihm liegen weder die hierfür erforderlichen Akten vor, noch lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausschließen, dass zum Umfang des Verdachtsgrads gegebenenfalls sogar Ermittlungsbeamte zur Klärung von Zweifelsfragen als Zeugen vernommen werden müssten (BGH aaO). Ermittlungen mit erheblichem Aufwand könnten zudem für die Überprüfung notwendig werden, ob möglicherweise andere Unterbrechungstatbestände gegeben sind. Hierzu bedarf es gleichfalls der Sichtung des gesamten Aktenmaterials.
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III.
Der neue Tatrichter wird unter Berücksichtigung des Aktenmaterials zu prüfen haben, ob bereits ein entsprechender Tatverdacht gegen den Betroffenen zu 1 bestand und sich das Verfahren mithin zu diesem Zeitpunkt schon gegen ihn als Person richtete. Sollte dies nicht der Fall sein, wird weiter zu
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untersuchen sein, ob andere rechtzeitige verjährungsunterbrechende Maßnahmen in Betracht kommen können.
Die Feststellungen zur Tat bleiben sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht aufrechterhalten. Sie sind - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt - rechtsfehlerfrei getroffen und ersichtlich von dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler unbeeinflusst (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 353 Abs. 2 StPO).
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Hirsch Bornkamm Raum
Strohn Kirchhoff
Vorinstanz:
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.06.2006 - VI-Kart 4/06 (Owi) -



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