BGH,
Beschl. v. 6.3.2008 - 5 StR 622/07
5 StR 622/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
6.3.2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betrugs u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6.3.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts
Potsdam vom 13. Juli 2007, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass die Bezeichnung
„gewerbsmäßigen“
entfällt, und
b) im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das vorgenannte Urteil,
soweit es diesen Angeklagten betrifft, gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO
a) mit den jeweils zugehörigen Feststellungen in den
Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13, 14 und 23 der Urteilsgründe
aufgehoben und
b) im Schuldspruch im aufrechterhaltenen Umfang dahingehend berichtigt,
dass die Bezeichnung
„gewerbsmäßigen“
entfällt.
3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach §
349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der
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Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen
„gewerbsmäßigen“ Betrugs in neun
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten S. hat es wegen
„gewerbsmäßigen“ Betrugs in
zwölf Fällen und wegen Nötigung ebenfalls
eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
verhängt. Von weiteren Betrugsvorwürfen hat es die
Angeklagten freigesprochen. Die jeweils auf die Sachrüge
gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus dem Tenor
ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1
I.
Die Revision des Angeklagten L. hat teilweise Erfolg.
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1. Betreffend diesen Angeklagten hält der Schuldspruch der
Nachprüfung allerdings weitgehend stand.
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a) Die Verurteilung wegen (täterschaftlichen) Betrugs in neun
Fällen wird von den Feststellungen getragen.
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aa) Dies folgt für die Fälle 8, 10, 13, 14, 16 und 17
der Urteilsgründe bereits daraus, dass der Angeklagte jeweils
die tatbestandsmäßige Täuschungshandlung
selbst vorgenommen hat. Einer Zurechnung der durch einen seiner
Mittäter ausgeführten Betrugshandlungen nach
§ 25 Abs. 2 StGB bedarf es insoweit nicht.
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bb) In den Fällen 9, 11 und 12 der Urteilsgründe hat
der Angeklagte L. den Betrug als mittelbarer Täter (§
25 Abs. 1 zweite Variante StGB) begangen. Die Beauftragung der
geschädigten Handwerksfirmen erfolgte in diesen
Fällen durch den in einem gesonderten Verfahren
freigesprochenen Z. , der von dem Betrugstatplan nichts wusste. Zwar
ist den Urteilsfeststellungen nicht zu entnehmen, wer von den beiden
Angeklagten und dem Nichtrevidenten K. in den drei genannten
Fällen auf den Tatmittler Z. eingewirkt hat. Die Beauftragung
des ohne Vorsatz handelnden Z. entsprach jedoch dem gemeinsamen Tatplan
(§ 25 Abs. 2 StGB).
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Die Wertung des Landgerichts, den Angeklagten auch in diesen
Fällen als Mittäter anzusehen, ist vom
tatrichterlichen Beurteilungsspielraum (vgl. dazu BGH wistra 2007, 112,
113; 2005, 380, 381) gedeckt.
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Das Landgericht hat zutreffend auch insoweit Tatmehrheit (§ 53
StGB) angenommen. Denn der Angeklagte L. leistete mit dem
Zurverfügungstellen seiner Firma T. nicht nur einen
einheitlichen Tatbeitrag, sondern darüber hinaus in jedem der
drei Einzelfälle weitere Beiträge vor Tatbeendigung.
Er trat nämlich nach Beauftragung der Handwerker als
Generalunternehmer bzw. Bauleiter auf den Baustellen auf, nahm
teilweise die Bauarbeiten ab und ließ auf diese Weise die
Handwerksfirmen in dem Glauben, dass deren Werklöhne
erfüllt werden würden.
b) Regelbeispiele sind nicht in der Urteilsformel aufzunehmen. Die -
zudem auch in der Sache unrichtige (vgl. unten 2. a) - Kennzeichnung
als „gewerbsmäßig“ hat daher zu
entfallen.
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2. Der Strafausspruch kann keinen Bestand haben. Die Strafzumessung
weist mehrere Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten L. auf.
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a) Bereits die Annahme des Regelbeispiels der
Gewerbsmäßigkeit (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
StGB) wird von den Feststellungen nicht getragen. Es ist nicht belegt,
dass sich der Angeklagte L. durch seine Beteiligung an den Betrugstaten
eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem
Umfang und einiger Dauer verschaffen wollte. Wie der
Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, fehlen insoweit
aussagekräftige Feststellungen zu den vom Angeklagten L. mit
seiner Tatbeteiligung verfolgten Zwecken.
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b) Im Fall 16 der Urteilsgründe fehlen Feststellungen zur
Höhe des Vermögensschadens. Es wird nicht mitgeteilt,
wie hoch der Wiederbeschaffungswert der Baumaterialien im Zeitpunkt der
Übergabe durch die geschädigte Lieferfirma war (vgl.
dazu BGH wistra 2007, 457; 18, 21).
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c) Die Strafzumessungserwägungen lassen zudem besorgen, dass
das Landgericht dem Angeklagten L. den vom Haupttäter
verursachten Gesamtschaden zugerechnet und damit nicht ausreichend
bedacht hat, dass L. nur in neun von insgesamt 21
Betrugsfällen der Deliktsserie beteiligt war.
d) Schließlich wäre hier naheliegenderweise zu
erörtern gewesen, ob dem Angeklagten L. deswegen ein
Härteausgleich hätte gewährt werden
müssen, weil an sich gesamtstrafenfähige
Einzelstrafen aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung wegen
deren Erledigung nicht mehr nach § 55 StGB einbezogen werden
konnten (vgl. dazu BGHSt 31, 102, 103 m.w.N.; 33, 131, 132).
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II.
Die Revision des Angeklagten S. hat einen noch weitergehenden
Teilerfolg.
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1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung
teilweise nicht stand.
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a) In den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13, 14 und 23 der
Urteilsgründe hat der Angeklagte S. die
tatbestandsmäßige Handlung nicht selbst vorgenommen.
Die lückenhaften Feststellungen lassen aber auch eine
Zurechnung der von einem der Mittäter ausgeführten
Tathandlungen (§ 25 Abs. 2 StGB) nicht zu.
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aa) In den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der
Urteilsgründe belegen die Feststellungen keinen
eigenständigen, nur jeweils diese Einzelfälle
fördernden Tatbeitrag des Angeklagten S. . In den
Fällen 2, 3 und 13 genügt auch das in diesen
Fällen festgestellte „Vertrösten“
der Firmeninhaber bzw. des Geschäftsführers nicht zur
Annahme eines konkreten Tatbeitrags. Denn es ist nach den unklaren
Feststellungen nicht auszuschließen, dass dies jeweils erst
nach Tatbeendigung geschah.
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Eine Zurechnung der vom Nichtrevidenten K. oder dem Mitangeklagten L. -
gegebenenfalls über den Tatmittler Z. - begangenen
Täuschungshandlungen nach § 25 Abs. 2 StGB ist nicht
möglich. Zwar hat der Angeklagte S. vor Beginn der
Deliktsserie mit dem Bauherrn K. den Betrugsplan verabredet, die
Subunternehmer mit einzelnen Gewerken zu beauftragen, wobei diese
für die ausgeführten Bauleistungen nicht bezahlt
werden sollten. Er hat gemäß dem Tatplan auch den
Bauingenieur Z. angeworben und später den weiteren
Mittäter L. als neuen „Generalunternehmer“
mit eingewiesen. Gleichwohl ist der Tatvorsatz des Angeklagten S. in
diesen Einzelfällen nicht hinreichend nachgewiesen. Es ist
insbesondere vor dem Hintergrund des auch bei diesem Angeklagten nicht
belegten Eigeninteresses an der Schädigung der Handwerker
nicht erkennbar, dass er insoweit die Beauftragung der Subunternehmer
mit den Teilgewerken und damit die Verstrickung seiner Firma in weitere
Betrugstaten billigte. Es ist nicht auszuschließen, dass sich
der Angeklagte
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S. bei Tatabrede die Entscheidung vorbehielt, in welchen
Fällen die Beauftragung der Subunternehmer über seine
Firma erfolgen sollte und in welchen nicht.
Dass K. und L. in den Fällen 8 und 13 der
Urteilsgründe die Geschädigten an die Firma des
Angeklagten S. verwiesen, belegt für sich ebenfalls noch
nicht, dass dies dem Tatplan entsprach und diese Einzelfälle
vom Vorsatz des Angeklagten S. umfasst waren. Denn in diesen
Fällen aus dem Tatzeitraum vom November 2003 bis Februar 2004
sollte gemäß dem Tatplan nur die Firma des
Mitangeklagten L. als Generalunternehmerin auftreten, weil die
Handwerker darauf aufmerksam geworden waren, dass die bisher
eingesetzte Firma des Angeklagten S. ihren Zahlungsverpflichtungen
nicht nachkam. Hinzu kommt, dass die der Betrugsserie
zugehörigen Fälle 9 bis 12 der
Urteilsgründe, in denen der Angeklagte S. vom Betrugsvorwurf
freigesprochen worden ist, keinen wesentlichen Unterschied zu den in
Rede stehenden Verurteilungsfällen erkennen lassen.
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bb) Im Fall 23 der Urteilsgründe wird die Annahme einer -
gemeinschaftlich begangenen - Nötigung (§ 240 Abs. 1
StGB) ebenfalls nicht von den Feststellungen getragen. Eine eigene
Nötigungshandlung des Angeklagten ist nicht festgestellt. Der
Generalbundesanwalt hat im Übrigen zutreffend
ausgeführt: „Eine konkrete Einlassung der
Angeklagten K. und S. zu dieser Tat teilt das Landgericht nicht mit. Es
beschränkt sich darauf anzugeben, dass die Zeugin F. glaubhaft
bekundet habe, Angst vor beiden Angeklagten gehabt zu haben (UA S. 30).
Eine sichere Tatsachengrundlage für den vom Landgericht
angenommenen gemeinsamen Tatplan bildet diese Feststellung
nicht.“
b) In den Fällen 4, 6, 7, 16 und 18 der Urteilsgründe
sind hingegen den Feststellungen Einzeltatbeiträge des
Angeklagten S. zu entnehmen. Der Angeklagte S. hat insoweit unter der
Firma R. bzw. anderen Firmen die geschädigten Handwerkerfirmen
selbst beauftragt, wobei
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er wusste, dass weder er selbst noch der Bauherr K.
zahlungsfähig und -willig waren.
2. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen 1 bis 3, 5, 8,
13, 14 und 23 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des
Gesamtstrafausspruchs nach sich. Auch die übrigen
Einzelstrafen haben keinen Bestand. Denn die
Strafzumessungserwägungen weisen auch insoweit die gleichen
Rechtsfehler auf, die, wie ausgeführt, bezüglich des
Mitangeklagten L. zu beanstanden sind.
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III.
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Nach alledem bedürfen die Fälle 1 bis 3, 5, 8, 13, 14
und 23 der Urteilsgründe bezüglich des Angeklagten S.
umfassend neuer Aufklärung und Bewertung. Sollten hinsichtlich
der Betrugstaten Feststellungen zu Einzeltatbeiträgen nicht
möglich sein, wird zu erwägen sein, ob jene dem
Angeklagten S. aufgrund eines zu Beginn der Deliktsserie geleisteten
Beitrags als tateinheitlich begangen (§ 52 Abs. 1 StGB)
zugerechnet werden können (vgl. dazu BGHSt 49, 177, 182 f.;
26, 284, 285 f.; BGH wistra 2008, 57, 58; 2001, 336, 337; NStZ-RR 2003,
265, 267; NStZ 1996, 296, 297).
Bei beiden Angeklagten sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe
unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbots
(§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) neu festzusetzen. Sollte der
Tatrichter hinsichtlich der Fälle 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der
Urteilsgründe zu einer von dem angefochtenen Urteil
abweichenden Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses gelangen,
hat er insoweit Folgendes zu beachten: Die Höhe der
bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen darf im Rahmen
abweichender Beurteilung der Konkurrenzen überschritten
werden. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO)
steht dem nicht entgegen. Allerdings darf die Summe der bisherigen
Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3, 5, 8, 13 und 14 der
Urteilsgründe bei der Bemessung der neu festzusetzenden
Einzelstrafe nicht überschritten
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werden (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12; BGH,
Beschluss vom 4.3.2008 - 5 StR 594/07).
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