BGH,
Beschl. v. 6.5.2008 - 4 StR 20/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 20/08
vom
6. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Brandstiftung u. a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag bzw. nach
Anhörung des Generalbundesanwalts und nach Anhörung
des Beschwerdeführers am 6. Mai 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 10. September 2007
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
schweren Brandstiftung in zwei Fällen und der versuchten
schweren Brandstiftung in drei Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch in den Fällen II. 1 und 2, im
Gesamtstrafenausspruch und im Maßregelausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung in
vier Fällen und versuchter schwerer Brandstiftung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Außerdem hat es seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der
Angeklagte
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mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur in dem aus
der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen
ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 7. Februar
2008 unter anderem ausgeführt:
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"Die Annahme der Kammer, der Angeklagte habe die Wohnhäuser in
den Fällen II. 1, 2 und 4 des Urteils teilweise
zerstört, begegnet … durchgreifenden Bedenken.
'Teilweises Zerstören' setzt - ausgerichtet am Schutzzweck des
§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB - bei einer Brandlegung in einem
Mehrfamilienhaus voraus, dass (zumindest) ein zum
selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des
Wohngebäudes, d. h. eine zum Wohnen bestimmte, abgeschlossene
'Untereinheit', durch die Brandlegung für Wohnzwecke
unbrauchbar geworden ist. Hierfür genügt es nicht,
dass lediglich das Mobiliar zerstört wurde. Erforderlich ist
vielmehr, dass für den 'verständigen' Wohnungsinhaber
die Wohnung wegen der Brandlegungsfolgen für eine
beträchtliche Zeit - und nicht nur für Stunden oder
einen Tag - nicht mehr benutzbar ist (Senat, Urt. v. 12.09.2002 - 4 StR
165/02, BGHR StGB § 306 Zerstörung 2; Fischer, StGB,
55. Aufl. 2008, § 306a Rn. 3 sowie § 306 Rn. 16
jeweils m.w.N.), wobei dies auch Folge einer starken
Verrußung sein kann (BGH, Beschl. v. 05.12.2001 - 3 StR
422/01 = StV 2002, 145; s.a. Senat, a.a.O., m.w.N.).
Hieran gemessen tragen allein die Feststellungen zu II. 5 des Urteils
eine Strafbarkeit gemäß § 306a StGB wegen
teilweisen Zerstörens einer als Wohnung dienenden
Räumlichkeit. Denn insoweit ist dem Urteil zu entnehmen, dass
die oberen Wohnungen in den betroffenen Häusern infolge des
starken Rußabklatsches zeitweise unbewohnbar waren (UA S. 23,
erster Absatz a.E.).
Bezüglich II. 1 des Urteils dagegen hat die Kammer lediglich
festgestellt, dass der Angeklagte einen im Hausflur abgestellten
Knautschsessel in Brand setzte, weitere in der Nähe
abgestellte Möbelstücke Feuer fingen und starker
Rauch u.a. in zwei Wohnungen im vierten Obergeschoss eindrang (UA S.
18, zweiter Absatz). Ob es darin auch zu Verrußungen gekommen
ist, teilt das Urteil nicht mit. Die Feststellung, es habe sich an den
Wänden im zweiten, dritten und vierten Obergeschoss sowie an
der Decke des Treppenhauses deutlicher Rußabklatsch
niedergeschlagen (UA S. 18, zweiter Absatz), ist insoweit nicht
aussagekräftig, weil sie sich
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- wie auch die verursachten Ablösungen von Putz und
Beschädigungen von Kabelbefestigungen - offensichtlich allein
auf den Flur, nicht dagegen auf einen zu Wohnzwecken genutzten Bereich
des Hauses bezieht.
Auch die Ausführungen zu Fall II. 2 des Urteils -
Beschädigungen der Flurwand in unmittelbarer Nähe des
Brandherdes, Verrußung der Flurwand und der Flurdecke,
Einrußung eines auf dem Flur abgestellten Schreibtisches
sowie mit Löschwasser benetzter Fußboden im gesamten
Treppenhaus (UA S. 20, erster Absatz) - belegen nicht die teilweise
Zerstörung eines zu Wohnzwecken genutzten Teilbereichs des
Mehrfamilienhauses.
Das Gleiche gilt bezüglich II. 4 des Urteils: ausweislich der
Feststellungen wurde der Flur- und Treppenhausbereich an
Wänden, Decken und Boden des zweiten und dritten Stockwerks
sowie im Dachgeschoss stark mit Rußabklatsch belegt (UA S.
21, zweiter Absatz). Dies allein aber lässt - auch unter
Berücksichtigung des erheblichen Sachschadens - keinen
Rückschluss auf die Beeinträchtigung des Wohnzwecks
des Mehrfamilienhauses zu. Jedoch wird der Schuldspruch insoweit noch
im Hinblick auf die Tatbestandsalternative des Inbrandsetzens im Sinne
von § 306a Absatz 1 StGB getragen. …
Der Schuldspruch ist daher in den Fällen II. 1 und 2 des
Urteils dahingehend abzuändern, dass der Angeklagte lediglich
wie im Fall II. 3 wegen versuchter schwerer Brandstiftung schuldig ist.
Angesichts der umfassenden Ausführungen der Kammer zu den
verursachten Beschädigungen ist es auszuschließen,
dass weitergehende Feststellungen zu Brandschäden getroffen
werden können, die die Annahme einer vollendeten Tat zu tragen
vermögen.
Die Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 1
und 2 des Urteils hat die Aufhebung der jeweiligen Einzelstrafen und
der darauf beruhenden Gesamtstrafe zur Folge. Sie lässt jedoch
die weiteren Einzelstrafen unberührt. Soweit die Kammer im
Fall II. 4 des Urteils über das Inbrandsetzen hinaus
rechtsfehlerhaft auch ein teilweises Zerstören des
Wohnobjektes angenommen hat, hat sie dies nicht strafschärfend
gewertet. Mit der Erwägung, der Angeklagte habe
Schäden verursacht, ´die das für eine
teilweise Zerstörung des Brandobjektes erforderliche
Maß erheblich übersteigen´ (UA S. 36,
dritter Absatz), hat die Kammer offensichtlich den erheblichen
Sachschaden - zu Recht - strafschärfend
berücksichtigt."
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Dem schließt sich der Senat an. Obwohl die Einzelstrafen in
den Fällen II. 1 und 2 und die Gesamtstrafe nicht
überhöht erscheinen, hebt der Senat die Strafen
antragsgemäß auf, weil nicht
auszuschließen ist, dass sie bei rechtsfehlerfreier
Beurteilung der Schuldsprüche in den Fällen II. 1 und
2 niedriger festgesetzt worden wären.
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2. Auch der Maßregelausspruch kann nicht bestehen bleiben.
Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der
Angeklagte den Hang hat, alkoholische Getränke im
Übermaß zu sich zu nehmen, die abgeurteilten Taten
auf den Hang zurückzuführen sind und die Gefahr
besteht, dass der Angeklagte infolge des Hanges erhebliche
rechtswidrige Taten begehen wird. Zur Erfolgsaussicht einer
Unterbringung (§ 64 Satz 2 StGB) äußert
sich die Strafkammer jedoch nicht. Eine solche versteht sich hier nicht
von selbst, weil der Angeklagte wiederholt "vergebliche
Entgiftungsversuche" durchgeführt hat (UA 6, 8, 9 f., 11, 12,
38) und er schließlich keinen Arzt mehr fand, der ihn zur
"Entgiftung" einweisen wollte (UA 12). In der neuen Hauptverhandlung
werden daher durch die - sachverständig beratene - Strafkammer
auch Feststellungen zur
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Frage der hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der
Unterbringungsanordnung zu treffen sein (vgl. hierzu BGHR StGB
§ 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7, 8).
Frau VRi'inBGH Dr. Tepperwien Maatz Kuckein ist urlaubsbedingt
verhindert zu unterschreiben
Maatz
Athing Sost-Scheible |