BGH,
Beschl. v. 6.5.2008 - 5 StR 163/08
5 StR 163/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 6.5.2008
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6.5.2008 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 13. November 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Revision des
Angeklagten erzielt - in Übereinstimmung mit dem Antrag des
Generalbundesanwalts - den aus der Beschlussformel ersichtlichen
Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist unbegründet im
Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen
getroffen:
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Der Angeklagte und das spätere Opfer Ah. - ein trainierter
Ringer - waren afghanische Landsleute und eng befreundet. Zwei Jahre
vor der Tat ging die Freundschaft nach einem Streit in die
Brüche. Ah. schuldete dem Angeklagten eine
größere Geldsumme und versprach, diese am 22.
März 2007 während eines Treffens zu begleichen.
Dementgegen
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lehnte Ah. eine Zahlung aber erneut ab. Der Angeklagte wurde
wütend, weil er sich betrogen fühlte. Der Streit
eskalierte schnell. Die Kontrahenten schrien sich gegenseitig an und
beleidigten sich wechselseitig. Sie schubsten sich, schlugen und traten
gegeneinander und packten den jeweiligen Gegner am Kragen. Der
Angeklagte versetzte Ah. einen Kopfstoß. Er zog
während der Rangelei sein Messer und schlug Ah. mit dem
Messergriff gegen den Kopf. Hierdurch entstand eine stark blutende
Kopfplatzwunde. Darüber wurde Ah. wütend. Auch der
Angeklagte wurde immer wütender und stach seinem ehemaligen
Freund während der jetzt eskalierten Schlägerei
tödlich ins Herz.
2. Die Strafzumessung des Landgerichts, insbesondere die
Prüfung der Voraussetzungen eines minder schweren Falles des
Totschlags im Sinne des § 213 StGB, hält rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
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a) Dabei stellt es noch keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass
das Schwurgericht das Vorliegen einer Misshandlung oder schweren
Beleidigung im Sinne des § 213 Alt. 1 StGB nicht erwogen hat,
auch wenn eine seelische Misshandlung - hier eine Kränkung des
Angeklagten wegen wiederholter Nichterfüllung einer
berechtigten Forderung - den Tatbestand erfüllen kann und eine
solche Kränkung in ihrem Zusammentreffen mit gegen den
Angeklagten gerichteten Beleidigungen zu bewerten gewesen wäre
(vgl. BGHR StGB § 213 Alt. 1 Misshandlung 3 und 4). Denn nach
den fehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte durch
seinen Schlag mit dem Messer gegen den Kopf seines - nach dem Ziehen
des Messers durch den Angeklagten sich deutlich defensiv verhaltenden
(UA S. 18) - Kontrahenten eine Eskalation der körperlichen
Auseinandersetzung hervorgerufen. Damit hat der Angeklagte nicht
„ohne eigene Schuld“ im Sinne des § 213
StGB gehandelt, weil er als Täter der Jähtat in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Tat zur Zuspitzung des Streits
beigetragen hat (vgl. BGHR StGB § 213 Alt. 1 Verschulden 2).
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b) Indes erweisen sich strafschärfende Erwägungen des
Landgerichts als rechtsfehlerhaft. Damit begegnet auch die Verneinung
eines sonst minder schweren Falls des § 213 StGB
durchgreifenden Bedenken.
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aa) Das Schwurgericht hat zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er
auf das den Messerangriff abwehrende und ausweichende Opfer
eingestochen hat, was auf eine besondere kriminelle Energie zum
Tatzeitpunkt hinweise (UA S. 29). Damit ist indes - wie auch der
Generalbundesanwalt zutreffend beanstandet hat - keine über
die Tatausführung hinausreichende kriminelle Energie des
Angeklagten festgestellt (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 3
Tötungsversuch 1). Hätte sich der körperlich
kräftige Ah. aktiv gewehrt, hätte sich sogar die
Schuld des Angeklagten verringern können (vgl. BGH, Beschluss
vom 24. Mai 2006 - 5 StR 158/06).
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Daneben lässt das Landgericht - das strafschärfend
das krasse Missverhältnis zwischen Anlass und Tat
berücksichtigt hat, weil es bei dem eskalierenden Streit
lediglich um eine Geldforderung gegangen sei - die festgestellte
nachvollziehbare Enttäuschung des Angeklagten über
die erneute Nichtzahlung seiner berechtigten Forderung und die
erlittene Beleidigung außer Acht.
bb) Abgesehen von der möglichen Auswirkung auf die
Strafbemessung kann der Senat - auch eingedenk des
eingeschränkten revisionsgerichtlichen
Prüfungsmaßstabes (vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268) - im
Blick auf den einzigen rechtsfehlerfrei erwogenen
strafschärfenden Umstand, die Auswirkungen der Tat auf die
Familie des Opfers (vgl. Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3.
Aufl. Rdn. 318 und 325 m.w.N.), nicht ausschließen, dass bei
wertungsfehlerfreier Subsumtion ein sonst minder schwerer Fall des
§ 213 StGB angenommen worden wäre.
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3. Die Strafe muss demnach neu bestimmt werden. Dies hat auf der
Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu erfolgen, die
freilich um solche ergänzt werden können, die zu den
aufrechterhaltenen nicht in Widerspruch treten.
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Basdorf Brause Schaal
Schäfer Sander |